Edekon

Edekon (auch Edika; † 469 in Pannonien an der mittleren Donau[1]) war ein Fürst der Skiren im 5. Jahrhundert.

Leben

Edekon war ein Vertrauter des Hunnenkönigs Attila. Er übernahm für diesen auch diplomatische Aufgaben und reiste etwa in den Jahren 448/449 zusammen mit Attilas Sekretär Flavius Orestes nach Konstantinopel. In diesem Zusammenhang ließ er sich bestechen, Attila zu ermorden, verriet dem Hunnenkönig jedoch den Plan. Der oströmische Diplomat Priskos berichtet, dass Edekon bei den Hunnen ein angesehener Krieger war und zum engsten Kreis Attilas gehörte.[2]

Nach dem Tod Attilas im Jahr 453 fiel Edekon die Führung der Skiren im Karpatenraum zu. Er selbst war anscheinend kein Skire, aber wohl mit einer skirischen Adeligen verheiratet.[3] Edekon verbündete sich mit dem Gepiden Ardarich gegen die Söhne Attilas. Die gepidischen Truppen und ihre Verbündeten siegten in der Schlacht am Nedao (im Jahr 454 oder 455). Im Alföld, der großen ungarischen Tiefebene, errichtete Edekon ein nur kurze Zeit bestehendes Skirenreich.[4] Im Jahr 468 kam es zu Kämpfen mit den Ostgoten, die in Pannonien siedelten und ein skirisches Aufgebot vernichtend schlugen. Edekon schloss sich einer Allianz von Gepiden, Sueben und anderen Stämmen an, die wohl auch vom oströmischen Kaiser Leo I. begünstigt wurde, doch unterlag die anti-gotische Koalition 469 in der Schlacht an der Bolia, in der Edekon fiel.[5]

Das Skirenreich brach zusammen, viele Skiren traten in den römischen Militärdienst. Ein Sohn Edekons, Onoulf, stieg im Ostreich zum magister militum auf,[6] während ein anderer Sohn, Odoaker, in das Westreich ging und im dortigen Militär rasch aufstieg. Odoaker traf dort auf den General Flavius Orestes, dessen Sohn Romulus Augustulus im Jahr 475 als Schattenkaiser eingesetzt wurde. Odoaker tötete Orestes im August 476, setzte Romulus Augustulus ab und erhob sich zum rex Italiae („König Italiens“).

Die ethnische Herkunft Edekons (und Odoakers) ist in der Forschung umstritten, da die Quellen keine genauen Aussagen machen bzw. sich teils widersprechen. Priskos bezeichnet ihn anachronistisch als „Skythen“, was aber den klassischen ethnographischen Vorstellungen spätrömischer griechischer Geschichtsschreiber geschuldet ist, die den Begriff sehr oft topisch für Reitervölker benutzten;[7] andere Quellen bezeichnen ihn als Thüringer (Malchus von Philadelphia) oder als Goten (Theophanes). Wolfram Brandes hat 2009 aufgrund der Berücksichtigung oströmischer/byzantinischer Quellen (wie dem Lexikon Suda) dafür plädiert, Edekon und Odoaker als Angehörige der thüringischen Königsfamilie zu betrachten.[8] Es könnte sich aber auch um ein Missverständnis wegen Edekons angeblicher Zugehörigkeit zum skirischen „Königsgeschlecht“ der Turkilingen (die vielleicht selbst nicht existiert haben) handeln.[9] Allerdings fiel der ethnischen Zugehörigkeit in der Spätantike ohnehin kein allzu großer Stellenwert zu, und eine Person konnte durchaus mal als Germane, mal als Hunne bezeichnet werden. Erschwert wird eine genauere Einordnung durch den Umstand, dass nicht zweifelsfrei geklärt werden kann, ob sich die verschiedenen Nennungen des Namens auf dieselbe Person beziehen.

Literatur

Anmerkungen

  1. Die Lage des Flusses Bolia konnte noch nicht genauer bestimmt werden, siehe dazu Schlacht an der Bolia.
  2. Priskos, Fragmente 7 und 8.
  3. Vgl. Peter J. Heather: Invasion der Barbaren. Die Entstehung Europas im ersten Jahrtausend nach Christus. Stuttgart 2011, S. 213.
  4. Vgl. Jordanes, Getica 277.
  5. Vgl. auch Walter Pohl: Die Gepiden und die gentes an der mittleren Donau nach dem Zerfall des Attilareiches. In: Herwig Wolfram, Falko Daim (Hrsg.): Die Völker an der mittleren und unteren Donau im fünften und sechsten Jahrhundert. Wien 1980, S. 239–305.
  6. Malchus von Philadelphia, Fragmente 8.
  7. Vgl. Walter Pohl: Die Awaren. München 2002, S. 21ff.
  8. Wolfram Brandes: Thüringer/Thüringerinnen in byzantinischen Quellen. In: Helmut Castritius u. a. (Hrsg.): Die Frühzeit der Thüringer. Berlin 2009, S. 291 ff. (Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Band 63).
  9. Herwig Wolfram: Das Reich und die Germanen. Zwischen Antike und Mittelalter. Verlag Siedler, Berlin 1998, ISBN 3-442-75518-2, S. 264. Dass die Turkilingen ein historisches Phantom sind, vermutete etwa Helmut Castritius: Skiren. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. Band 28, 2005, S. 643.

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