FUNDFUNDORTALTERENTDECKERDATUM
adultes CraniumCeprano, Italien800.000-900.000 JahreItalo Bidutto1994
VERÖFFENTLICHUNG
Manzi, G.; Mallegni, F.; Ascenzi, A. A cranium for the earliest Europeans: Phylogenetic position of the hominid from Ceprano, Italy. Proc Natl Acad Sci U S A. 2001 August 14; 98(17): 10011-10016. DOI: 10.1073/pnas.151259998

Die ältesten Anzeichen für die Anwesenheit früher Menschen in Mitteleuropa werden derzeit durch die zahlreichen Funde aus Atapuerca, Spanien, und den teilweise erhaltenen Schädel eines erwachsenen Individuums aus Ceprano, Italien, repräsentiert. Das Alter des Ceprano-Fundes wird aufgrund absoluter (Kalium-Argon) und biostratigraphischer Datierungen auf 800.000 bis 900.000 Jahre geschätzt.

Am 13. März 1994 wurde bei Aushubarbeiten für eine Landstraße nahe Ceprano, einer Stadt in der mittelitalienischen Region Latium (it: Lazio), ungefähr 100 km südöstlich von Rom, ein zersplittertes, unvollständiges und in hohem Maß fossilisiertes menschliches Schädeldach (Calvarium) in situ entdeckt. Die Überreste stammen aus einer Lehmschicht unterhalb einer sandigen Schicht aus Vulkankies. Die Form sowie die Kapazität des Calvariums (ca. 1185 Kubikzentimeter) deuten auf eine Zugehörigkeit zur Art Homo erectus hin, obwohl nicht die gesamte Palette der Eigenschaften eines Homo erectus für Ceprano zutreffend ist. Der Schädel ist auf den ersten Blick wenig spektakulär, er ist nicht einmal vollständig (es handelt sich nur um ein einzelnes Schädeldach), aber vom wissenschaftlichen Gesichtspunkt aus ist er zweifellos von enormer Wichtigkeit.

Der Mensch von „Campogrande di Ceprano“ oder einfach „Mensch von Ceprano“ wurde von seinem Entdecker, dem Archäologen Italo Bidutto auf den Namen „Argil“ getauft, was soviel wie Töpfererde bedeutet, da das Fossil in einer Lehmschicht gefunden wurde. Der Mensch von Ceprano ist der älteste Europäer, den man bis heute kennt, älter noch als die berühmten Fossilien aus Atapuerca, Spanien, sieht man einmal von den Funden aus dem Kaukasus (Dmanisi) ab. Die Rekonstruktion wurde in mühevoller Kleinarbeit von dem italienischen Anatomen Antonio Ascenzi durchgeführt.

Der Fund von Ceprano wird in der Presse nur spärlich erwähnt, außerhalb der wissenschaftlichen Fachliteratur bekommt man kaum etwas über ihn zu hören, obwohl „Argil“ etwas mehr Aufmerksamkeit verdient hätte. Denn: Nach der abgeschlossenen Rekonstruktion des Calvariums sind die Wissenschaftler zu dem Schluss gekommen, dass Ceprano eine einzigartige morphologische Brücke zwischen den älteren Arten Homo ergaster/erectus und der jüngeren, aus dem mittleren Pleistozän bekannten Art Homo heidelbergensis darstellt. Somit würde Ceprano in einem direkten Verwandtschaftsverhältnis mit dem modernen Menschen, mit Homo sapiens, stehen. Betrachtet man die geographischen, chronologischen und phylogenetischen Aspekte von Ceprano, so kann man den Wissenschaftlern zufolge eine direkte Beziehung zu Homo antecessor aus Atapuerca, Spanien, in Erwägung ziehen, obwohl der Fund Atapuerca-TD6 nicht direkt mit Ceprano vergleichbar ist.

Die Anwesenheit von Menschen in Europa jenseits der 500.000-Jahre-Marke ist aus verschiedenen Ecken des europäischen Kontinents eindrucksvoll nachgewiesen worden. Beispiele hierfür sind Fundorte wie Le Vallonet in Frankreich, Monte Poggiolo in Italien und das Guadix-Baza Becken in Spanien. Auch die weit über Europa verstreuten Fundorte der Acheuléen Werkzeugkultur mit einem Alter von mindestens 600.000 Jahren sprechen eine eindeutige Sprache. Menschliche Überreste aus dieser Zeitspanne sind ebenfalls gut erforscht, Beispiele hierfür sind Mauer, Arago, Bilzingsleben, Vértesszöllos und Visogliano'>Visogliano für Europa und Exemplare wie Bodo und Kabwe für Afrika. Die europäischen und afrikanischen Funde werden im Allgemeinen der Art Homo heidelbergensis zugeordnet. Die Funde aus Asien der gleichen Zeitspanne werden mehrheitlich als Repräsentanten der der Art Homo erectus angesehen.

Aber zu welcher Art aber gehört nun der Schädel aus Ceprano?

Die Wissenschaftler gehen derzeit aufgrund der geographischen und chronologischen Gegebenheiten davon aus, dass der Fund aus der Gran Dolina (Niveau TD6) aus Atapuerca, Spanien, die beste Vergleichsmöglichkeit bietet. Ceprano ist demnach als eine frühe Form des Homo heidelbergensis anzusehen.

Literatur

Manzi, G.; Mallegni, F.; Ascenzi, A. "A cranium for the earliest Europeans: Phylogenetic position of the hominid from Ceprano, Italy". Proc Natl Acad Sci U S A. 2001 August 14; 98(17): 10011-10016. DOI: 10.1073/pnas.151259998

F. Mallegni, E. Carnieri, M. Bisconti, G. Tartarelli, S. Ricci, I. Biddittu, A. Segre: Homo cepranensis sp. nov. and the evolution of African-European Middle Pleistocene hominids. In: Comptes Rendus Palevol, Band 2 (2), März 2003, S. 153–159, DOI:10.1016/S1631-0683(03)00015-0


Fossil | Datierung
Aminosäure Racemisierung
Diese Datierungsmethode beruht auf der langsamen chemischen Umwandlung von linksdrehenden Aminosäuren in lebenden Organismen in ihre rechtsdrehenden Gegenstücke.
Anatomie | Fossil | Homo heidelbergensis
Arago XXI - Homo heidelbergensis
Die eindrucksvolle Kalksteinhöhle Arago liegt hoch über dem Fluss Verdouble in den Pyrenäen.
Fossil | Homo heidelbergensis
Atapuerca 4, 5 - Homo heidelbergensis
Ein Glücksfall der besonderen Art trug sich im Norden Spaniens zu.
Paläoökologie | Fossil | Homo erectus
Bilzingsleben - Homo erectus bilzingslebensis
Am Rande des Thüringer Beckens, nahe der kleinen Ortschaft Bilzingsleben im Kreis Sömmerda, befindet sich eine einzigartige archäologische Grabungsstelle.
Fossil | Homo | Homo sapiens
Combe Capelle - Homo sapiens
Combe Capelle (deutsch: Bergkapelle) ist ein Abri mit mehreren paläolithischen Kulturschichten im Tal der Couze, 38 km südöstlich von Bergerac im französischen Département Dordogne.
Anatomie | Fossil | Homo | Australopithecus
Die Fossilien
Als Darwin 1859 seine gewagten Überlegungen zum Ursprung des Menschen veröffentlichte, kannte man noch keine Fossilien, die für einen allmählichen Übergang von einem schimpansenähnlichen Vorfahren zum heutigen Menschen gesprochen hätten.
Anatomie | Paläoökologie | Fossil | Australopithecus
DIK1-1 »Dikika Baby« - Australopithecus afarensis
Das drei Millionen Jahre alte Skelett eines dreijährigen Kindes (ein Mädchen) liefert ein hervorragendes Hilfsmittel, um die körperliche Entwicklung eines menschlichen Vorfahren zu verstehen, der, wie es scheint, zwar aufrecht ging aber noch die Fähigkeit besaß, auf Bäume zu klettern.
Taxonomie | Fossil | Hominine | Homo | Australopithecus
Kenyanthropus platyops - KNM-WT 40000
Justus Erus und Meave Leakey fanden 1999 in Lomekwi an der Westseite des Turkanasees in Kenia diese außergewöhnlichen Fossilien.
Taxonomie | Fossil | Homo
KNM-ER 1813 - Homo habilis
Von einem früheren Fund (KNM-ER 1470) bei Koobi Fora wusste man, dass dort vor zwei Millionen Jahren eine Art von Homo mit relativ großem Gehirn, großem Gesicht und großen Zähnen gelebt hatte.
Fossil | Aufrechter Gang | Australopithecus
KP 29281 - Australopithecus anamensis
Bis 1994 war Australopithecus afarensis die älteste bis dahin entdeckte hominine Spezies.
Fossil | Homo
LB1 - »Hobbit« - Homo floresiensis
Die Gattung Mensch hat Zuwachs bekommen: Homo floresiensis war nur gut einen Meter groß und lebte vor 18.
Fossil | Australopithecus
LH 4 - Typusexemplar - Australopithecus afarensis
Vielleicht war Louis Leakeys vorgefasste Ansicht über das Wesen des "wahren Menschen" der Grund, warum er den linken unteren Eckzahn eines Homininen nicht erkannte, der 1935 in Laetoli zusammen mit zahlreichen anderen Wirbeltierfossilien aus dem Pliozän gefunden wurde.
Taxonomie | Fossil | Aufrechter Gang | Australopithecus
Lucy - AL 288-1 - Australopithecus afarensis
Lucy war ein kleiner weiblicher Australopithecus afarensis, der vor mehr als drei Millionen Jahren an einem prähistorischen See bei Hadar im heutigen Äthiopien lebte.
Anatomie | Taxonomie | Fossil | Australopithecus
OH5 »Zinjanthropus«, »Nussknacker Mensch« - Australopithecus boisei
OH 5 ist das Typusexemplar der Spezies Australopithecus boisei und wurde 1959 von Mary Leakey entdeckt - genau hundert Jahre nach Darwins „Entstehung der Arten“.
Taxonomie | Fossil | Hominine
Sahelanthropus tchadensis - TM 266-01-060-1 »Toumaï«
Das bislang älteste bekannte Mitglied der Menschenfamilie entdeckte ein Forscherteam aus Frankreich und dem Tschad im Juli 2001 in der Sahelzone in Zentralafrika.
Fossil | Neandertaler
Shanidar 1 - Homo neanderthalensis
Die Shanidar Höhle ist die älteste prähistorische Stätte im Irak, einem Land, das archäologisch berühmt ist für die kulturellen Errungenschaften, die man in Mesopotamien entdeckte.
Taxonomie | Fossil | Australopithecus
SK 6 - Typusexemplar Australopithecus robustus (Paranthropus crassidens)
Eine wichtige Entdeckung von Robert Broom war SK 6, ein Teil eines Unterkiefers sowie einige Zähne, die er bei Swartkrans, Südafrika, entdeckte.
Anatomie | Taxonomie | Fossil | Homo erectus
Skelett KNM-WT 15000 - »Turkana Boy« - Homo ergaster
Am 22.
Anatomie | Taxonomie | Fossil | Homo erectus
Trinil 2 - »Javamensch« - Homo erectus
Der sogenannte Pekingmensch ist 750.
Taxonomie | Fossil | Homo erectus
Zhoukoudian - »Der Pekingmensch« - Homo erectus
Der sogenannte Pekingmensch ist 750.
Anatomie | Fossil | Homo heidelbergensis
Arago XXI - Homo heidelbergensis
Die eindrucksvolle Kalksteinhöhle Arago liegt hoch über dem Fluss Verdouble in den Pyrenäen.
Fossil | Homo heidelbergensis
Atapuerca 4, 5 - Homo heidelbergensis
Ein Glücksfall der besonderen Art trug sich im Norden Spaniens zu.
Taxonomie | Hominine | Homo | Australopithecus | Neandertaler | Homo sapiens | Homo erectus | Homo heidelbergensis
hominid oder hominin
Diese Frage sorgt sowohl in der Öffentlichkeit als auch in der Fachwelt oft für Verwirrung.
Taxonomie | Feuer | Homo heidelbergensis
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Der allmähliche Übergang vom Homo erectus über Homo heidelbergensis zum Neandertaler ist durch ungewöhnlich zahlreiche Fossilien sehr gut belegt.

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