Megalithen und Metalle


Zu allen Zeiten versuchten Menschen, aus ihrem Leben das Beste zu machen: Sie nutzten das Angebot der Natur nach bestem Wissen aus, und manchmal erweiterten sie dieses Wissen durch zufällige oder scharfsinnige Beobachtungen. Neue Einsichten können sich jedoch nur durchsetzen, wenn die Zeit für sie »reif« ist. Der Schritt - oder vielmehr die vielen Schritte - von der Steinzeit ins Zeitalter der Metalle ist ein gutes Beispiel dafür, wie langwierig und vielschichtig eine solche grundlegende kulturelle Umwälzung .ist (in einigen abgelegenen Regionen der Erde geht die Steinzeit erst jetzt mit dem Vordringen der westlichen Zivilisation zu Ende).

Ähnlich wie die Entdeckung der Landwirtschaft und die Entstehung der ersten Dörfer und Städte keine kontinuierliche Folge von Ereignissen war, so kam auch der Wechsel von Stein und Bein, Horn und Holz zu Kupfer und Bronze, Eisen und Stahl in verschiedenen Regionen zu verschiedenen Zeiten und mit unterschiedlichem Tempo. Metallhaltige Mineralien verwendeten Menschen schon bei den ersten Höhlen- (und Körper- ) Bemalungen als Farbstoff, und auch der Gebrauch von gediegenen Kupfer-, Gold- und Eisenstücken geht weit in die Steinzeit zurück: Die schweren, beim Aufschlagen glänzenden »Steine« hatten zunächst nur eine Funktion als Schmuckstück oder Kultgegenstand.

Für die alltäglichen Aufgaben gab es ja hervorragende Werkzeuge wie etwa Messer aus Obsidian, die einer modernen Stahlklinge kaum an Schärfe nachstehen. Steinzeitliche Technik genügte schließlich auch, um einige der staunenswertesten Baudenkmäler zu errichten. So entstanden die ersten steinernen Tempel auf der Mittelmeerinsel Malta ebenso wie die eindrucksvollen Alleen aus riesigen, tonnenschweren Steinpfählen (»Megalithen«) im französischen Carnac lange vor dem Gebrauch von Metallwerkzeugen in diesen Gegenden -und zum Teil noch vor der Gründung der ältesten sumerischen Stadtstaaten.

Das bekannteste Monument der westeuropäischen Megalith- Kulturen steht auf einer windigen Ebene in der südenglischen Grafschaft Wiltshire: Stonehenge (die »hängenden Steine«). Mindestens 1200 Jahre lang, seit dem Jahr 2750 v. Chr. und in vier verschiedenen Phasen, arbeiteten die prähistorischen Engländer an dem ausgedehnten Heiligtum (der schwerste Megalith wiegt 45 Tonnen und ragt 6,70 Meter empor). Die kolossale Anlage ist präzise auf den Punkt ausgerichtet, an dem am längsten Tag des Jahres die Sonne aufgeht. Mehr noch: Berechnungen zufolge war Stonehenge ein prähistorisches Observatorium oder eine Heilstätte, dessen Steinpfeiler und Lochkreise Informationen über den Lauf von Sonne und Mond »speicherten«.

Gemessen an den eindrucksvollen Zeugnissen jungsteinzeitlicher Baukunst verlief die Morgendämmerung der Metallverarbeitung eher im verborgenen. Das älteste bekannte von Menschen bearbeitete Metallstück ist ein knapp zweieinhalb Zentimeter langer Kupferanhänger, der etwa 9500 v. Chr. in der - vor allem durch die Funde von Neandertaler-Überresten berühmt gewordenen - Höhle von Shanidar'>Shanidar im Norden des Irak verschüttet wurde. Dieses Metallplättchen war aus einem natürlich vorkommenden Stück gediegenem Kupfer kalt gehämmert worden.

Auf ganz ähnliche Weise entstanden vermutlich auch die ältesten Schmuckstücke aus Gold, das in der Natur ebenfalls rein vorkommt. Da Gold sich beliebig umschmelzen läßt, blieben die ersten bearbeiteten Stücke wohl kaum erhalten. Seltener - und deshalb wertvoller als Gold - war gegen Ende der Steinzeit ein Metall, das uns heute sehr gewöhnlich erscheint: Eisen, gewonnen aus eisenhaitigen Meteoriten.

Die Metalle blieben eine rare Kostbarkeit, solange sie nicht aus Erz geschmolzen werden konnten. Es waren wahrscheinlich die Töpfer, die den Weg zur Verhüttung von metallhaltigem Erz aufzeigten. Sie hatten erkannt, dass ihr Werkstoff Ton durch die Hitze im Brennofen dauerhaft verändert - und damit brauchbarer - wird (Töpfer waren es auch, die mit der Töpferscheibe den Vorläufer des Rads erfanden, das erstmals 3500 v.Chr. bei den Sumerern auftaucht).

In den Brennöfen herrschten, anders als in gewöhnlichen Herdfeuern, die richtigen Temperaturen zum Schmelzen von Kupfer, nämlich mehr als 1000 Grad Celsius. Vielleicht fiel einem Töpfer beim Glasieren seiner Ware mit kupferhaltigen Mineralien (sie färben Keramik blau) auf, dass aus dem Farbstoff Kupfer schmolz.

Auf jeden Fall beherrschten die Bewohner eines Tals im iranischen Kerman-Gebirge schon vor 6000 Jahren das Verhütten von Kupfererz in Öfen, die mit Holzkohle befeuert wurden. Wenig später entdeckten frühe Hüttenwerker das Gießen von Kupfergegenständen in vorgefertigten Formen, wodurch ein nahezu industrieähnliches möglich wurde.

Noch waren Kupferäxte und -kessel freilich Luxusgüter für die Reichen und Mächtigen - und außerdem hatten diese ältesten Metallwerkzeuge neben dem Vorteil, nicht zu splittern, auch die Nachteile, sich leicht zu verbiegen und schnell stumpf zu werden.



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