KSD-VP-1/1 »Kadanuumuu« - Australopithecus afarensis
FUND | FUNDORT | ALTER | ENTDECKER | DATUM |
---|---|---|---|---|
Teilskelett eines männlichen Erwachsenen | Woranso-MilleGebiet, Afar-Dreieck, Äthiopien | 3,6 Millionen Jahre | Yohannes Haile-Selassie, Alemayehu Asfaw | 10. Februar 2005 |
VERÖFFENTLICHUNG | ||||
Haile-Selassie, Y. et al., 2010.An early Australopithecus afarensis postcranium from Woranso-Mille, Ethiopia. Proceedings of the National Academy of Sciences 107:(27), pp. 12121-12126. DOI: 10.1073/pnas.1004527107 |
Ein internationales Team von Wissenschaftlern hat im Juni 2010 die Entdeckung eines 3,6 Millionen Jahre alten Teilskeletts bekanntgegeben, das bei Feldforschungen im Woranso-Mille Gebiet in der Afar-Region bereits 2005 entdeckt wurde und zu "Lucys" Spezies Australopithecus afarensis gehört. Diese Entdeckung und die Ergebnisse der ersten Analyse wurden in der Online-Ausgabe der US-amerikanischen Zeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlicht.
Autor und Teamleiter Dr. Yohannes Haile-Selassie, Kurator und Leiter der Physical Anthropology am Cleveland Museum of Natural History sagte: "Als Ergebnis dieser Entdeckung können wir jetzt mit Sicherheit sagen, dass "Lucy" und ihre Verwandten fast genauso kompetent auf zwei Beinen waren, wie wir es sind, und dass die Verlängerung der Beinknochen viel früher in unserer Evolution stattfand als man zuvor dachte. Der aufrechte Gang hat also tiefe Wurzeln."
Das neue Teilskelett mit der Katalognummer KSD-VP-1/1 bekam den Spitznamen "Kadanuumuu" und liefert neue Informationen über die Fortbewegung, die Morphologie des Schultergürtels und die Form des Brustkorbs bei unseren frühen Vorfahren, vor allem bei der Spezies Australopithecus afarensis. Der Spitzname "Kadanuumuu" bedeutet "großer Mann" in der Afar-Sprache und soll auf die Körpergröße des männlichen Individuums hinweisen. Dr. C. Owen Lovejoy, Professor für Anthropologie an der Kent State University und einer der Mitautoren, beschrieb das neue Teilskelett als "ein ganz besonderer Fund für das Verständnis der frühen Evolution des Menschen."
Die am besten erforschten direkten frühen menschlichen Vorfahren gehören zur Spezies Australopithecus afarensis. Das einzige Teilskelett, das man bislang dieser Art zuweisen konnte, ist die berühmte Lucy, deren Überreste man 1974 in Hadar fand, ebenfalls im Afar-Dreieck in Äthiopien. Das Alter dieses weiblichen Individuums wird auf 3,2 Millionen Jahre datiert. "Lucy" war ein außergewöhnlich kleines Weibchen (nur ca. einen Meter groß), aber es war das einzige Teilskelett dieses hohen Alters, das jemals gefunden wurde. Viele interpretierten ihre kleine Körpergröße als unvollständige Anpassung an den aufrechten Gang.
Das neue Teilskelett Nr. KSD-VP-1/1 ist erst das zweite seiner Art und gehörte zu einem großen Männchen mit etwa 1,52 - 1,68 m Körperhöhe. Darüber hinaus ist es der bislang älteste Fund eines Australopithecus afarensis. Er besteht nicht nur aus den meisten Skelettteilen, die man bereits von Lucy kennt, sondern auch aus einem fast vollständigen Schulterblatt und einem erheblichen Teil des Brustkorbs, also aus Teilen, die bis heute unbekannt waren. Letztere haben viele Überraschungen mit sich gebracht und werfen neues Licht auf bisher unbekannte Funktionen im Skelett des Australopithecus afarensis und erweitern damit die Kenntnisse über die Paläobiologie dieser Spezies und ihrer Nachkommen.
Das Woranso-Mille-Projekt führt bereits seit 2004 Feldforschungen in der zentralen Afar-Region in Äthiopien durch. Das Projekt hat mehr als 4.500 Fossilien verschiedener Säugetierarten zutage gefördert. Dazu gehören etwa 95 fossile Hominiden mit einem Alter von bis zu 3,8 Millionen Jahre.