Requalivahanus

Requalivahanus ist der Name oder Beiname einer männlichen, germanischen, vielleicht auch keltischen Gottheit, über die außer diesem Namen nichts bekannt ist. Die spärlichen Informationen gehen auf einen 1883 nahe Blatzheim und somit in der römische Provinz Germania inferior entdeckten Stein zurück, der eine lateinische Inschrift trägt.

Funddaten

Geographische Lage

Der Fundort war eine ehemalige römische Siedlung bei Blatzheim, die vermutlich an der einstigen Verbindungsstraße zwischen Köln und Maastricht lag. In einem ausgegrabenen Landsitz, der offensichtlich einem vermögenden Mann gehört hatte, fand sich ein steinerner Altar mit der erwähnten Inschrift. Das Fundstück befindet sich heute im Rheinischen Landesmuseum in Bonn.

Beschreibung

Der rechteckige Altar aus Kalkstein ist 31 cm hoch, 28 cm breit und 12 cm tief. Er weist Sockel und Gesims auf, besitzt Reste eines Giebelchens sowie Voluten und Patera.[1] Die Errichtung des Altars lässt sich auf das 2. Jahrhundert datieren.

Inschrift

Die lateinische, teilweise abgekürzte Inschrift lautet:

“Deo Requalivahano Q. Aprianus Fructus ex imp(erio) pro se et suis v(otum) s(olvit) l(ibens) m(erito)”

„Dem Gott Requalivahanus hat Quintus Aprianus Fructus auf Anordnung für sich und die Seinen (diesen Altar geweiht und) gern und geziemendermaßen sein Gelübde erfüllt.“[2]

Der Eigenname deutet auf einen römischen Bürger hin, wohl einen Magistraten, also einen höheren Verwaltungsbeamten. Ansonsten ist über Quintus Aprianus Fructus nichts überliefert.

Der hier im Dativ auftretende Gottesname Requalivahanus ist aus germanischen, möglicherweise auch keltischen Wortteilen zusammengesetzt. Eine exakte Übersetzung ist nicht möglich, zumal sich die latinisierte Form vahanus nicht eindeutig zuordnen lässt. Sollte der erste Namensteil germanisch zu deuten sein, so bezeichnet er die Dunkelheit oder Finsternis (vgl. germanisch *rekvaz und gotisch riqis, altnordisch røkkr, urverwandt mit altgriechisch erebos). In dem Fall würde der Namensanfang auf Nacht oder Unterwelt verweisen.[3]

Eine Zuordnung des Namens zu einer der bekannten germanischen Gottheiten ist unter anderem auch deshalb nicht möglich, weil die germanische Religion neben der Göttin Hel keinen männlichen Gott der Unterwelt kannte. Verbindungen mit Vidar, dem Waldgott der Germanen, oder Wotan als Hüter der Walstatt bleiben spekulativ. Ebenso gut könnte es sich bei Requalivahanus um eine im Übrigen gänzlich vergessene eigenständige Gottheit handeln.[4]

Bedeutung

Auch wenn keine Klarheit über die Gottheit des Requalivahanus zu gewinnen ist, zeigt der Fund die Anpassungsfähigkeit der römischen Religiosität, die es dem Quintus Aprianus gestattete, einen aus seiner Sicht als Lokalgottheit zu bewertenden Gott ohne weiteres in die Verehrung seiner Hausgötter einzubeziehen und ihm – nach dem Muster des „do ut des“ offensichtlich in Erwartung göttlicher Gegenleistungen für das Gelübde – einen Altar in seinem Anwesen zu errichten.

Literatur

  • Patrizia de Bernado Stempel: ‚Mercurius Valdivahanus‘ aus dem Kölner Waidmarkt und ‚Deus Requalivahanus‘ aus Blatzheim an der Neffel. In: Beiträge zur Namenforschung. N.F. Band 49, Nummer 1, 2014, S. 89–108.
  • Siegfried Gutenbrunner: Germanische Götternamen der antiken Inschriften. Niemeyer, Halle/S. 1936, S. 69–71.
  • Paul Herrmann: Deutsche Mythologie in gemeinverständlicher Darstellung. W. Engelmann, Leipzig 1906, S. 275 (Digitalisat).
  • Ferdinand Holthausen: Requalivahanus. In: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur. Band 16, 1892, S. 342–345 (Digitalisat).
  • Friedrich Kauffmann: Deus Requalivahanus. In: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur. Band 18, 1894, S. 157–194, bes. S. 190–194 (Digitalisat).
  • Rudolf Much: Requalivahanus. In: Zeitschrift für deutsches Alterthum und deutsche Litteratur. Band 35 = Neue Folge Band 23, 1891, S. 374–376 (PDF).
  • Jan de Vries: Altgermanische Religionsgeschichte. 3. unveränderte Auflage. Band 2. De Gruyter, Berlin/New York 1970, ISBN 978-3-11-002807-2, S. 286 f. § 520.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Hans Lehner: Die antiken Steindenkmäler des Provinzialmuseums in Bonn. Cohen, Bonn 1918, S. 117 Nr. 243 (Digitalisat).
  2. CIL 13, 08512.
  3. Paul Herrmann: Deutsche Mythologie in gemeinverständlicher Darstellung. W. Engelmann, Leipzig 1906, S. 275 (Digitalisat).
  4. Siehe auch Jan de Vries: Altgermanische Religionsgeschichte. 3. unveränderte Auflage. Band 2. De Gruyter, Berlin/New York 1970, ISBN 978-3-11-002807-2, S. 286 f. § 520 (abgerufen über Verlag de Gruyter Online).

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