Pisiri

Pisiri war ein neo-hethitischer König von Karkemiš, der in assyrischen Quellen für die Jahre 738 bis 717 v. Chr. belegt ist.[1]

Pisiri in der Königsabfolge von Karkemiš

Die Identität des nur in assyrischen Keilschrifttexten belegten König Pisiri in der Königsabfolge der luwischen Hieroglypheninschriften, der einheimischen Quellen, zu identifizieren, gestaltet sich schwierig. Keiner der hieroglyphen-luwischen Königsnamen deckt sich mit dem keilschriftlichen Namen Pisiri.[2] Eine Möglichkeit wäre die Identifizierung mit einem König, der als Sohn des Sastura bekannt ist, weil sein eigener Name nicht überliefert ist. Sastura war ein Wesir des Königs Kamani. Es ist nicht bekannt, ob er selbst König wurde, bevor sein Sohn den Thron bestieg. Da der Name des Sohnes von Sastura teilweise aber auch als Astiru II. rekonstruiert wird, ist es möglich, dass Pisiri nicht identisch mit dem Sohn des Sastura war, sondern einer seiner Nachfolger, vielleicht der unmittelbare.[3] Einige Skulpturen mit verunstalteten hieroglyphen-luwischen Inschriften werden jedenfalls Pisiri zugeordnet.[4]

Pisiri als tributpflichtiger Vasall der Assyrer

Im Jahr 738 v. Chr. führte der assyrische König Tiglat-pileser III. Pisiri von Karkemiš als einen der westlichen Könige auf, die ihm tributpflichtig waren. Es scheint, dass Karkemiš unter Pisiris Vorgängern unabhängig von Assyrien gewesen ist und erst unter Pisiris Regierung durch Tiglat-pileser III. in den Machtbereich des assyrischen Reiches geriet.[5]

Pisiri und der Untergang von Karkemiš

Im Jahr 717 v. Chr. nahm Pisiri, der bis dahin loyaler Vasall des assyrischen Reiches gewesen war[1], heimlich Kontakt zu Mita, dem König der Muški, (vermutlich Midas, König der Phryger) auf. Die genaue Botschaft der Nachricht ist nicht bekannt[6], geschweige denn, ob die konspirativen Tätigkeiten wirklich der Bildung einer antiassyrischen Allianz dienten, wie in assyrischen Quellen behauptet.[1] Als der assyrische König Sargon II. davon erfuhr, fürchtete er, dass Karkemiš und in dessen Gefolge auch andere assyrische Vasallenstaaten westlich des Euphrats der assyrischen Kontrolle entgleiten und unter phrygische Oberherrschaft geraten könnten. Außerdem bahnte sich eine Allianz zwischen Mita von Muški und Rusa I. von Urartu, einem anderen gefährlichen Gegner der Assyrer, an, was nicht nur einen Kontrollverlust für die südmittelanatolischen Gebiete unter assyrischer Herrschaft zur Folge gehabt hätte, sondern gar den Kontrollverlust im gesamten östlichen Anatolien und nördlichen Mesopotamien bedeuten konnte. Um das zu verhindern und ein Exempel zu statuieren, zog Sargon II. gegen Karkemiš. Er belagerte die gleichnamige Hauptstadt, eroberte und plünderte sie. König Pisiri, seine Familie und die führenden Höflinge wurden nach Assyrien deportiert. Über Pisiris weiteres Schicksal ist nichts bekannt, aber es kann als wahrscheinlich angesehen werden, dass er hingerichtet wurde. Karkemiš wurde in eine Provinz umgewandelt und kam so unter direkte assyrische Herrschaft. Die Einwohner des neo-hethitischen Staates wurden nach Assyrien deportiert, seine Kavallerie, Streitwagentruppe und Infanterie der assyrischen Armee einverleibt und Karkemiš selbst von assyrischen Siedlern neu besiedelt.[6]

Stammbaum Haus von Astiruwa[7][8][9][10][11]

Die Aufeinanderfolge der Herrscher ist mit fett geschriebenen Zahlen gekennzeichnet. Die entsprechenden Ränge und Titel werden kursiv angegeben. Unklare Verwandtschaftsverhältnisse werden mit unterbrochenen Linien wiedergegeben. Nähere Informationen zu solchen unklaren Verwandtschaftsverhältnissen werden unter "Anmerkungen" erläutert. Personen mit unklarer oder kontroverser Einordnung im Stammbaum können mehrfach auftreten, werden dann aber durch ein fettes und kursives Fragezeichen (?) direkt hinter dem Namen gekennzeichnet. Die in diesem Artikel behandelte Person ist in FETTEN GROSSBUCHSTABEN hervorgehoben.

 
 
 
 
Astiruwa
König
1.
 
 
 
 
 
 
Yariri
Wesir
Regent
2.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Kamani
König
3.
 
weitere Söhne:
Malitispa, Astitarhunza,
Tarnitispa, Isikaritispa,
Sikara, Halpawari,
Yahilatispa
 
Tuwarsai?1
 
 
Tuwarsai?1
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Tuwarsai?1
 
Sastura2
Wesir
König?
4.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Sohn von Sastura3
König
= Astiru II.?
= Pisiri?
5.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Pisiri3
König
6.
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Anmerkungen:

1: Bei Tuwarsai ist die genaue Position im Stammbaum etwas unklar. Er könnte sowohl der Sohn des Astiruwa als auch der Sohn des Kamani sein, was ihn im letzteren Falle zu einem Enkel des Astiruwa machen würde. Es besteht allerdings auch die Möglichkeit, dass Tuwarsai keineswegs dem Haus von Astiruwa angehört, sondern der Sohn des Regenten Yariri ist.

2: Der Fakt, dass der Sohn von Sastura der nächste zweifelsfrei belegte König von Karkemiš nach Kamani ist, macht es wahrscheinlich, dass auch Sastura selbst dem Haus von Astiruwa angehört. Die wahrscheinlichsten Erklärungen sind, dass Sastura ein Adoptivsohn, Schwiegersohn oder Neffe von Kamani ist. Alle drei Möglichkeiten würden ihn in die dynastische Linie bringen.

3: Der Name des Sohnes von Sastura ist nicht überliefert. Daher werden mehrere Möglichkeiten seiner Identität in Betracht gezogen. Eine Möglichkeit ist, dass der Sohn von Sastura mit dem Pisiri der assyrischen Quellen identisch ist. Die andere Möglichkeit ist, dass der Sohn des Sastura einem aus einer fragmentarischen Inschrift hypothetisch rekonstruierten Astiru II. entspricht, welcher dann wahrscheinlich nicht mit Pisiri identisch ist. Das würde dann bedeuten, dass Pisiri ein Nachfolger von Astiru II. ist, vielleicht der unmittelbare Nachfolger.

Literatur

  • Trevor Bryce: The World of the Neo-Hittite Kingdoms: A Political and Military History. Oxford University Press: Oxford, New York 2012. ISBN 978-0-19-921872-1
  • Annick Payne: Iron Age Hieroglyphic Luwian Inscriptions. Society of Biblical Literature, Atlanta 2012, ISBN 978-1-58983-269-5
  • Gwendolyn Leick: Who’s Who in the Ancient Near East. Routledge, London 1999, 2002, ISBN 978-0-415-13231-2

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Trevor Bryce: The World of the Neo-Hittite Kingdoms: A Political and Military History. Oxford, New York 2012, S. 98
  2. Annick Payne: Iron Age Hieroglyphic Luwian Inscriptions. Atlanta 2012, S. 80.
  3. Trevor Bryce: The World of the Neo-Hittite Kingdoms: A Political and Military History. Oxford, New York 2012, S. 97 f.
  4. Gwendolyn Leick: Who’s Who in the Ancient Near East. London 1999, 2002, S. 129.
  5. Trevor Bryce: The World of the Neo-Hittite Kingdoms: A Political and Military History. Oxford, New York 2012, S. 265 f.
  6. 6,0 6,1 Trevor Bryce: The World of the Neo-Hittite Kingdoms: A Political and Military History. Oxford, New York 2012, S. 280 f.
  7. Trevor Bryce: The World of the Neo-Hittite Kingdoms: A Political and Military History. Oxford, New York 2012, S. 94–98, 302.
  8. John David Hawkins (1979): Some Historical Problems of the Hieroglyphic Luwian Inscriptions. In: Anatolian Studies 29, S. 159, 162.
  9. John David Hawkins (1982): Kubaba at Karkamiš and Elsewhere. In: Anatolian Studies 31, S. 159.
  10. John David Hawkins: Corpus of Hieroglyphic Luwian Inscriptions: Inscriptions of the Iron Age, Volume 1. Berlin 2000, S. 129.
  11. Elisabeth Rieken (2003): Hieroglyphen-luwisch zí+ra/i-la-mi-i („SCALPRUM.ARGENTUM“)su-ha-pa-na-ti: ein Kompositum und eine neue luwisch-lateinische Isoglosse. In: Historische Sprachforschung / Historical Linguistics 116(1), S. 48 f.

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