Hammaburg

Hammaburg

Hammaburg, Neue Burg und Heidenwall,
projiziert auf den heutigen Stadtplan

Staat Deutschland (DE)
Ort Hamburg
Entstehungszeit um 800
Burgentyp Niederungsburg
Erhaltungszustand Erdwerk
Geographische Lage 53° 33′ N, 10° 0′ OKoordinaten: 53° 32′ 57,2″ N, 9° 59′ 51,2″ O
Hammaburg (Hamburg)

Domplatz mit archäologischen Ausgrabungen (2006)

Die Hammaburg ist eine in der frühen Karolingerzeit errichtete Niederungsburg, von der sich der Name Hamburgs ableitet. Traditionell wird die Errichtung in den Kontext der karolingischen Politik im nordöstlichen Grenzraum eingeordnet und auf das frühe 9. Jahrhundert datiert. Nach archäologischen Grabungen wurde im Januar 2014 bekanntgegeben, dass als Standort der Burg der heutige Domplatz am Speersort nachgewiesen werden konnte.[1] Außerdem wurde festgestellt, dass die Burg früher als bislang angenommen, nämlich schon im 8. Jahrhundert entstand.[2]

Namensursprung

Der Ursprung des Namens könnte in dem Wort hamme (= in die Marsch vorspringende bewaldete Erhöhung, Gehölz, Wald; vergl. Stadtteil Hamm) liegen. Andererseits – und dies ist der wahrscheinlichere, weil den Geländegegebenheiten entsprechende Ansatz – lassen sich germanisch *ham- „Winkel, winkelförmiges Terrain an Flüssen, Bucht“ (so auch in Hameln), althochdeutsch hamm „Biegung, toter Flussarm, Landstück zwischen Gräben, Kniekehle, Hinterbug“; altsächsisch hamm(a), altfriesisch hamme, mittelniederdeutsch ham, nordfriesisch Hamm, Haam „Land in einer Flussbiegung; Landzunge; etwas Gekrümmtes“ hier ansetzen. Hamburg wäre also „die an einer Flussbiegung, auf einer Landzunge gelegene Befestigungsanlage“.

Lage und Aufbau

Die Burg erhob sich vermutlich auf einem flach auslaufenden Geestrücken inmitten der weiten ebenen Marschen zwischen Alster und Elbe, südlich der heutigen Petrikirche. Der Wall hatte die Form eines Vierecks mit abgerundeten Ecken und bestand aus Plankenwerk, das man mit Erdreich angefüllt hatte, und wurde vermutlich auf noch älteren Anlagen errichtet. Die Größe lag bei etwa 130 mal 130 Meter, die Wälle waren fünf bis sechs Meter hoch und 15 Meter breit, bestanden aus rund 10.000 Bäumen und 20.000 m³ Erdreich. Innerhalb der Wallumzäunung, die durch Palisaden noch erhöht war, standen auf einem Areal von etwa einem Hektar die schlichte hölzerne Taufkirche (Marienkirche) des Bistums Hammaburg mit den zugehörigen Klostergebäuden der in der Stadt ansässigen Benediktiner sowie eine Reihe von Häusern, deren stattlichstes, den Königshof, der Burgvogt (Graf) bewohnte. Im Vordergelände des Erdwalles lag die Vorstadt mit den Unterkünften der Kaufleute und Handwerker. Sie grenzte an einen Hafen, der an einem der Nebenarme der Alster lag, dem 1877 zugeschütteten Reichenstraßenfleet, einem ehemaligen Flussarm von der Bille zur Alster.

Geschichte

Nach neuesten Erkenntnissen war die Hammaburg wohl ursprünglich ein Handelsplatz, wie die bei Grabungen gefundene lokale sächsische Gefäßkeramik aus der Zeit zwischen 700 und 800 vermuten lässt.[3] Bekannt wurde die Hammaburg früh als Station für die Aktivitäten des Bischof Ansgar, einem von der fränkischen Kirche mit der Bekehrung germanischer Stämme beauftragten Missionar. Die von dessen Nachfolger, dem Bremer Erzbischof Rimbert, verfasste Vita Sancti Ansgarii bestimmte lange Zeit die Vorstellung von der Frühgeschichte Hamburgs, ist aber hinsichtlich ihres Wahrheitsgehalts umstritten.[4]

Die auf den 15. Mai 834 datierte, angeblich durch Kaiser Ludwig den Frommen ausgestellte „Gründungsurkunde“ Hamburgs ist eine spätere Fälschung.[5] Im Jahr 845 drangen Wikinger über die Elbmündung stromaufwärts vor und wurden von den Sachsen zurückgeschlagen. Auf ihrer Rückfahrt zerstörten sie den zeitgenössischen Annales Bertiniani zufolge eine slawische Burg, während sie nach dem Bericht Rimberts die Hammaburg einkreisten, belagerten und restlos zerstörten. Bischof Ansgar sei nur mit knapper Not entkommen. Flüchtlinge ließen sich zeitweise im Dorf Schmeessen im Solling nieder, wie anhand von Keramikscherben ermittelt wurde.[6] Die Belagerer zogen nach der Verwüstung wieder ab. Die Hammaburg konnte sich aber von dieser Katastrophe nicht erholen und führte lange Zeit nur noch ein Schattendasein. Hammaburg wurde mit dem Erzbistum Bremen vereinigt.

Erst mit der Verlagerung des Handels von der Ost- zur Nordsee, im 12. Jahrhundert, blühte sie als Namensgeber der Stadt Hamburg wieder auf.

Ein Bericht über einen Wikinger-Angriff auf die Hammaburg ist aus der Feder des Erzbischofs Rimbert von Bremen überliefert. In seinem Werk Vita Sancti Ansgarii schildert er das Leben und Wirken seines Amtsvorgängers, des später heiliggesprochenen Missionars und Bischofs Ansgar. Die Vita ist die einzige Quellenangabe über die alte Hammaburg, aus wissenschaftlicher Sicht aber durchaus glaubwürdig. Rimbert lebte kurz nach Ansgar. Zudem ist wahrscheinlich, dass sich der alte Holzdom am selben Platz wie der spätere Mariendom befand.

Nach heutigen Erkenntnissen erstreckte sich der Wall der hölzernen Burg unter dem später errichteten Heidenwall. Rund um den Domplatz und die Domstraße befand sich stattdessen die Domburg. Durch die mehrfache Aufschüttung und Bebauung liegt der heutige Domplatz mindestens vier Meter oberhalb der Burg. Unter anderem standen an derselben Stelle sowohl der Mariendom als auch das Johanneum.

Ausgrabungen

Domplatz mit Blick auf St. Petri. Der 2009 eingerichtete Park mit nachgebildeten Wällen der Domburg und Pfeilern des Domes.
Scherbe vom Scheingrab (Kenotaph) Papst Benedikt V. in Hamburg, Terracotta, vermutlich Frankreich, 13. Jahrhundert

Um die Hammaburg zu finden, wurden mehrere langjährige Ausgrabungen unternommen. Die Bombenangriffe des Zweiten Weltkrieges hatten große Teile der Bauten auf dem Gelände zerstört. Dem U-Bahnbau und Straßenverbreiterungen fielen weitere Bauten, darunter auch der bis 1955 noch erhaltene Westflügel und Arkadengang des Johanneums, zum Opfer, die nicht wieder bebaut wurden.

Die ersten Ausgrabungen erfolgten von 1947 bis 1957. Im Jahr 1948 fand ein Ausgrabungsteam unter Reinhard Schindler unterhalb der Domstraße einen Wall mit Erdverfärbungen, die auf Palisaden hindeuteten. Schindler glaubte, die Hammaburg gefunden zu haben. Spätere wissenschaftliche Erkenntnisse ergaben jedoch, dass die bei den Grabungen gefundene Keramik aus der Wehranlage nicht der früh-, sondern der mittelslawischen Zeit entstammte. Daraus lässt sich schließen, dass die Anlage frühestens am Ende des 9. Jahrhunderts gebaut wurde – mindestens 50 Jahre nach dem Untergang der Hammaburg.

Bei Grabungen unter der Leitung von Gwendolin Gregor von 1980 bis 1987 fand man unterhalb der ersten eine zweite Wallanlage. Diese stammt aber aus dem 8. Jahrhundert und ist damit zu alt, um die Hammaburg zu sein, die laut der Vita Sancti Ansgarii um 817 errichtet wurde.

Das Areal wurde von Archäologen des Archäologischen Museums Hamburg unter der Leitung von Karsten Kablitz erneut untersucht. Die Arbeiten auf dem Hamburger Domplatz begannen am 4. Juli 2005 und waren auf 18 Monate angelegt. Hierbei wollte Kablitz’ Team auch beweisen, dass der Platz der Hammaburg bereits weit vorher besiedelt wurde. Einen ersten Hinweis lieferte eine Steinklinge, die ein Schüler bei einem Ausflug zum Ausgrabungsgelände gefunden hat. An der Grabungsstelle wurden Spuren vor und nach der Zeit der Hammaburg gefunden, unter anderem ein Bruchstück des Kenotaphs von Papst Benedikt V.

Nach dem Ende der Grabungen auf dem Domplatz ist man sich nun in der Forschung einig, dort die Überreste der Hammaburg gefunden zu haben. Am 13./14. Dezember 2013 fand diesbezüglich ein wissenschaftliches, interdisziplinäres Kolloquium statt. Die Funde wurden im Rahmen einer Ausstellung vom 31. Oktober 2014 bis zum 26. April 2015 präsentiert.[7]

Literatur

  • Ralf Busch, Ralf Wiechmann: Hammaburg. In: Heinrich Beck, Dieter Geuenich, Heiko Steuer (Hrsg.): Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Bd. 13. de Gruyter, Berlin/New York 1999, ISBN 978-3-11-016315-5, S. 480–483 (kostenpflichtig Germanische Altertumskunde Online bei de Gruyter).
  • Rainer-Maria Weiss, Anne Klammt (Hrsg.): Mythos Hammaburg – Archäologische Entdeckungen zu den Anfängen Hamburgs (= Veröffentlichungen des Helms-Museums, Archäologisches Museum Hamburg, Stadtmuseum Harburg. Nr. 107). Archäologisches Museum Hamburg, Hamburg 2014, ISBN 978-3-931429-27-0.
  • Hamburgs Wiege. Der Domplatz. Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, Hamburg 2011, DNB 1010099671, PDF-Datei; 3,3 MB.

Weblinks

Anmerkungen

  1. Hamburg war vom ersten Tag an Stadt der Händler. In: Hamburger Abendblatt. 25. Januar 2014. Bericht und Interview mit Rainer-Maria Weiss, Direktor des Archäologischen Museums Hamburg.
  2. Sensation: Wissenschaftler finden Hamburgs Keimzelle. In: Die Welt. 25. Januar 2014, abgerufen am 26. Januar 2014.
  3. Karsten Kablitz: Die Ergebnisse der Ausgrabungen 2005–2006. In: Rainer-Maria Weiss, Anne Klammt (Hrsg.): Mythos Hammaburg. Archäologische Entdeckungen zu den Anfängen Hamburgs. Hamburg 2014, S. 74.
  4. Anne Klammt, Rainer Maria Weiss: Der alte Streit um Angars Bistum – neu entfacht. Eine Vorbemerkung. In: Rainer-Maria Weiss, Anne Klammt (Hrsg.): Mythos Hammaburg. Archäologische Entdeckungen zu den Anfängen Hamburgs. Hamburg 2014, S. 255 f.
  5. Theo Kölzer: Die gefälschte „Gründungsurkunde“ Kaiser Ludwigs des Frommen für Hamburg. In: Rainer-Maria Weiss, Anne Klammt (Hrsg.): Mythos Hammaburg. Archäologische Entdeckungen zu den Anfängen Hamburgs. Hamburg 2014, S. 257–261.
  6. Ausgrabungen in Schmeessen lösen das Rätsel der ersten Hamburger. (Memento vom 24. September 2015 im Internet Archive) In: Täglicher Anzeiger. 10. Dezember 2011.
  7. Meldung des Archäologischen Museums Hamburg.

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