Dido (Mythologie)

Tod der Dido (Vergilius Vaticanus, ca. 400)

Dido (auch Elissa oder Elyssa) war der Gründungslegende Karthagos nach eine phönizische Prinzessin.

Landkauf der Dido (Matthäus Merian, Historische Chronik, 1630)

Mythos

Der Historiker Junianus Justinus nennt die Gründung Karthagos in Verbindung mit „Elissa“ (Dido bei den Römern, punisch „'Išt“). Elissa soll die tyrische Tochter des Königs Mutto gewesen sein. Aufgrund ihrer Verfolgung durch ihren Bruder Pygmalion gelangte sie über Zypern an den Golf von Tunis. Der Numidierkönig Iarbas versprach ihr so viel Land, wie sie mit einer Kuhhaut umspannen könne. Dido schnitt daraufhin die Kuhhaut in dünne Streifen, legte sie aneinander und konnte somit ein großes Stück Land markieren (siehe auch: Isoperimetrisches Problem). Dieser Küstenstreifen bildete die Byrsa, die Burg des späteren Karthago, die Keimzelle Karthagos. Nach der Gründung Karthagos habe sich Elissa selbst auf einem Scheiterhaufen geopfert, um der Stadt Wohlstand zu garantieren.[1] Nach einer anderen Version wollte Iarbas sie zur Ehe zwingen, daher verbrannte sie sich selbst.[2]

Der Name „'Išt“ (Elissa) ist in der punischen Onomastik mehrfach bezeugt, wobei dessen Bedeutung „die Aktive“ nicht sicher geklärt ist. In der tyrischen Onomastik ist hingegen der Name „Pygmalion“ unbekannt. Dass eine Frau eine so weitreichende Expedition leitete, entspricht nicht den damaligen Gegebenheiten und ist daher wenig glaubhaft. Ebenfalls umstritten ist das Bestehen eines „Elissa-Kultes“. Die vorherige Flucht hat außerdem legendenhafte Züge. Weitere Einzelheiten der Geschichte sind aufgrund der griechischen Volksetymologie entstanden. Insgesamt ist daher die „Quelle Justinus“ als wenig zuverlässig zu werten. Sichere Belege für die Gründung Karthagos fehlen damit vollständig.[1]

Aeneas und Dido (Kupferstich von Jacques Joseph Coiny nach Agostino Carracci, 1798)
Tod der Dido (Guercino, 1631)

Außerdem ist der Name der Dido mit Aeneas verknüpft. Allerdings erscheint diese Version erst etwa 800 Jahre nach Gründung Karthagos in Vergils Aeneis, dem Gründungsmythos des Römischen Reichs. Dort verläuft die Beziehung folgendermaßen: Auf der Flucht aus Troja werden Aeneas und seine Gefährten von einem Sturm an die Küste des neu gegründeten Karthago getrieben, wo Königin Dido ihn gastlich aufnimmt. Auf Betreiben von Venus, der Mutter von Aeneas, die ihren Sohn auf diese Weise schützen will, und Juno, die ihn so vom verheißenen Land Italien fernhalten will, verliebt sich Dido unsterblich in Aeneas. Trotz eines Eides, den sie einst abgelegt hatte, sich nie mehr mit einem Mann einzulassen, vereinigt sie sich mit Aeneas während eines Unwetters in einer Höhle. Doch Jupiter schickt den Götterboten Mercurius, um Aeneas an seine Pflichten zu erinnern – so verlässt er Karthago, was Dido in den Suizid treibt: Sie ersticht sich mit dem Schwert des Aeneas. Doch zuvor schwört sie Rache und schafft so die Grundlage für den späteren Konflikt zwischen Rom und Karthago.

Älteren Überlieferungen zufolge hatte Dido allerdings andere Gründe, Suizid zu begehen: Iarbas, der sah, dass Dido eine erfolgreiche Stadt aufbaute, wollte diese nun dazu zwingen, ihn zu heiraten. Von ihrem eigenen Volk dazu gedrängt, sah sie sich gezwungen, Suizid zu begehen, um ihrem verstorbenen Ehemann treu bleiben zu können.

Bronzeskulptur Dido (Christine Jongen, 2008/9)

Rezeption

Christopher Marlowe verarbeitete den Sagenstoff zu seinem Drama Dido, Queen of Carthage.

Es gibt ungefähr 90 Opern-Vertonungen des Stoffes von der unglücklichen Liebe der Dido zu Aeneas, davon etwa 40 auf das Libretto Didone abbandonata von Pietro Metastasio.[3] Zu erwähnen sind beispielsweise die Metastasio-Vertonung des deutschen Komponisten Johann Adolph Hasse sowie Dido and Aeneas des englischen Komponisten Henry Purcell sowie Les Troyens von Hector Berlioz. Im fünften Teil der Computerspiel-Reihe Sid Meier’s Civilization ist Karthago unter Dido eine der spielbaren Zivilisationen.

Der Mount Dido in der Antarktis ist nach ihr benannt.

Die britische Sängerin Florian Cloud de Bounevialle O’Malley Armstrong trägt den Kosenamen Dido, angelehnt an die legendäre Königin.

Literatur

  • Fritz Graf: Dido. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 3, Metzler, Stuttgart 1997, ISBN 3-476-01473-8, Sp. 543.
  • Joachim Hamm: Infelix Dido. Metamorphosen einer Liebestragödie. In: Dorothea Klein, Lutz Käppel (Hrsg.): Das diskursive Erbe Europas. Antike und Antikerezeption (= Kulturgeschichtliche Beiträge zum Mittelalter und der frühen Neuzeit. Band 2). Lang, Frankfurt am Main 2008, S. 1–24.
  • Thomas Kailuweit: Dido – Didon – Didone. Eine kommentierte Bibliographie zum Dido-Mythos in Literatur und Musik. Lang, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-631-52030-1.
  • Otto Meltzer: Dido. In: Wilhelm Heinrich Roscher (Hrsg.): Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Band 1,1, Leipzig 1886, Sp. 1012–1018 (Digitalisat).
  • F. Nolfo: Epigr. Bob. 45 Sp. (= Ps. Auson. 2 pp. 420 s. Peip.): la palinodia di Didone negli Epigrammata Bobiensia e la sua rappresentazione iconica. In: Sileno. 41/1-2, S. 277-304.
  • F. Nolfo: Su alcuni aspetti del ‘movimento elegiaco’ di un epigramma tardoantico: la Dido Bobiensis. In: Vichiana. 55/2, 2018, S. 71-90.
  • Erika SimonDido. In: Lexicon Iconographicum Mythologiae Classicae (LIMC). Band VIII, Zürich/München 1997, S. 559–562.
  • Philipp Theisohn: Dido und Aineias. In: Maria Moog-Grünewald (Hrsg.): Mythenrezeption. Die antike Mythologie in Literatur, Musik und Kunst von den Anfängen bis zur Gegenwart (= Der Neue Pauly. Supplemente. Band 5). Metzler, Stuttgart/Weimar 2008, ISBN 978-3-476-02032-1, S. 216–229.
  • A. Ziosi: Didone regina di Cartagine di Christopher Marlowe. Metamorfosi virgiliane nel Cinquecento. 2015.
  • A. Ziosi: Didone. La tragedia dell’abbandono. Variazioni sul mito (Virgilio, Ovidio, Boccaccio, Marlowe, Metastasio, Ungaretti, Brodskij). 2017.

Weblinks

Commons: Dido – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Werner Huss: Geschichte der Karthager (Abteilung 3, Teil 8). Beck, München 1985, ISBN 3-406-30654-3, S. 41–42.
  2. Gerhard Fink: Who’s who in der antiken Mythologie. dtv Sachbuch, München 1993, ISBN 3-423-30362-X, S. 91.
  3. Dido, Königin von Carthago. In: Reclams Opernlexikon. Philipp Reclam jun., 2001, S. 590 (Digitale Bibliothek, Band 52).

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