Der Mensch und die Anfänge der Medizin


Krankheiten auf natürliche Weise behandeln: Wie Menschen früher und heute ihre Schmerzen stillen

Schmerzen gibt es seit Anbeginn der Menschheit. Wie Forschungen belegen, wussten schon frühe Menschen, sich im Umgang mit Schmerzen zu behelfen. Wie unsere Urahnen folgerichtig erkannten, brachten gewisse Pflanzen anstelle einer todbringenden eine heilende Wirkung mit. So lernten sie allmählich, Kranke mit wässrigen oder öligen Kräuter-Auszügen zu versorgen. Nachfolgend soll der Versuch einer Bilanz zur Behandlung von Schmerzen mit natürlichen Heilmitteln in der Menschheitsgeschichte erfolgen.

Wie die Menschen der Steinzeit die heilende Wirkung der Kräuter entdeckten

Nachweislich begannen die Menschen bereits um 4000 v. Chr. damit, Heilkräuter zu verwenden. Wie Aufzeichnungen belegen, nutzten die alten Ägypter diese, um Abszesse und Wunden zu heilen. Fundierte medizinische Erkenntnisse zum Nutzen der Heilkräuter kannten die frühen Menschen allerdings nicht. Vielmehr waren sie darauf angewiesen, die für sie unbekannten Kräuter- und Pflanzensammlungen einfach auszuprobieren. Anschließend vermochten sie einzuschätzen, welche Pflanzen giftig waren und welche eine heilende Wirkung besaßen.


Urzeitliche Frauen gaben untereinander das Wissen zu den natürlichen Schmerz- und Heilmitteln von einer Generation zur Nächsten weiter.

Entsprechende Funde konnten Forscher im heutigen Irak machen: Dort entdeckten sie ein 50.000 bis 70.000 Jahre altes Grab der Neandertaler mitsamt sieben unterschiedlicher Heilkräuter. Auch weitere urzeitliche Funde deuten darauf hin, dass der frühe Mensch lange von der Wissenschaft unterschätzt wurde. Wie eindeutige Funde winziger Nahrungsreste in den Zähnen der Neandertaler verdeutlichen, haben sie die Gewächse nicht zum Spaß gegessen. Vielmehr schlussfolgern die Wissenschaftler anhand der Einlagerungen im Zahnstein auf einen gezielten Einsatz der Kräuter als Arzneimittel. Offensichtlich, so mutmaßen die Wissenschaftler, kannten die Neandertaler also die heilende Kraft der Pflanzen aus ihrer Umgebung. Folglich wählten sie die Pflanzen anhand ihres Nährstoffgehalts oder nach medizinischem Nutzen aus.

Bei einem der gefundenen Neandertaler konnten die Forscher mehrere Azulene sowie die Verbindung 4-Methylherniarin nachweisen. Hierbei handelt es sich um Wirkstoffe, welche unter anderem in Gewächsen wie Kamille oder Schafgarbe vorkommen. Auch diese Entdeckung deute darauf hin, dass sich die Neandertaler der entzündungshemmenden Wirkung mancher Heilpflanzen bewusst waren.


Blick in das Innenleben einer Mohnpflanze. Deren ölige Samen setzte die traditionelle chinesische Medizin als Schmerzmittel ein.

Unterstützten sich Neandertaler untereinander bei der Genesung?

Heutzutage ist das Versorgen kranker und verwundeter Menschen fest in der modernen Medizin verankert. Wenngleich seit dem beginnenden 20. Jahrhundert medikamentöse Behandlungen von Krankheiten mit Arzneimitteln im Vordergrund stehen: Der Trend, zu natürlichen Heilprodukten wie CBD Öl zur Linderung von Schmerzen zurückzukehren, ist länderübergreifend zu beobachten. In der frühen Menschheitsgeschichte gehörte die Pflege kranker oder verwundeter Angehöriger jedoch keineswegs zum Selbstverständnis. Häufig ließen Gesunde die Kranken zurück oder sperrten Behinderte weg.

Eine andere Vorgehensweise bestätigt ein Knochenfund aus der europäischen Geschichte der Neandertaler. Wie Analysen der im spanischen Atapuerca-Gebirge aufgefundenen Knochen stützen, nahmen sich einige Neandertaler durchaus Kranken und Missgebildeten an. Anhand der Analysen fanden die Forscher Hinweise auf eine Verknöcherung der Schädelnähte, der sogenannten Kraniosynostose. Indem die Nähte zwischen den Schädelplatten zu schnell verknöchern, bekommt das Gehirn keinen ausreichenden Platz mehr. Dennoch wachse der Knochen weiter, was die Missbildungen am Schädel bedingt. Anhand der Knochenreste schlossen die Wissenschaftler auf ein fünf bis neun Jahre altes Kind mit motorischen, mutmaßlich ebenfalls geistigen Einschränkungen. Im Gegensatz zur heutigen modernen Medizin sei es den Neandertalern nicht möglich gewesen, die Krankheit operativ zu behandeln. Dennoch sprechen die Knochenfunde dafür, dass das missgebildete Kind ein für seine Verhältnisse beträchtliches Alter erreichte. Ohne die Fürsorge anderer Neandertaler wäre solch eine Lebenserwartung nicht möglich gewesen. Dieses Ergebnis legt die Vermutung nahe, dass sich die frühen Menschen durchaus sozial und fürsorglich gegenüber Kranken und Benachteiligten verhielten.

Altertümliche Heiltinkturen haben mit modernen natürlichen Heilmitteln viel gemeinsam

Nach den Neandertalern waren es die alten Sumerer, welche ihre Medikamente aus mineralischen und pflanzlichen Verbindungen gewannen. Sie begannen diese mit Flüssigkeiten wie Honig, Bier, Wein oder ätherischen Ölen anzureichern. Ergänzend dazu importierten die Sumerer bereits um 3000 v. Chr. Heilkräuter aus fernen Ländern. Auf ihren Tafeln schrieben sie eine Art standardisiertes „Diagnose-Handbuch“ nieder, das wegweisend zum Behandeln unterschiedlicher Erkrankungen war. Im gleichen Zeitraum entstanden auch im altchinesischen Kulturraum die ersten schriftlichen Aufzeichnungen über traditionelle Heilverfahren. Im Fokus der ganzheitlichen chinesischen Heilkunde stand die ayurvedische Kräutermedizin: Eine Heilmethode, die es ermöglichte, die energetischen Reserven des Körpers neu zu justieren.

Viele dieser damals angewandten natürlichen Heilmittel sind den schmerzstillenden Arzneimitteln der Moderne nicht unähnlich. Ein gutes Beispiel hierfür liefert die traditionelle Hanfpflanze. Mit der Menschheitsgeschichte ist die wertvolle Kulturpflanze untrennbar verbunden. Schon in den Hochkulturen galt sie Forschern zufolge als Rohstoffpflanze höchster Güte. Vor rund 12.000 Jahren bauten die Perser, als auch die Chinesen die uralte Pflanze an. Sie wurde genutzt und verarbeitet, um Papier, Kleidung, Segeltücher sowie Hanföl zu gewinnen.

Zusammenhängend mit der Gewinnung des Hanföls stehen erste medizinische Anwendungen. Einem archäologischen Fund zufolge reichen die ersten Spuren medizinischen Cannabis 12.000 Jahre zurück. Wie Wissenschaftler mutmaßen, hätten sich feine und reiche Chinesen zusammen mit Hanföl bestatten lassen. Solche Ausgrabungen lassen auf einen frühen medizinischen Gebrauch naturbelassener Hanföle schließen. Diese Überlegungen werden von alten chinesischen Aufzeichnungen gestützt. Sie besagen, dass die chinesischen Heiler Cannabis als Betäubungsmittel zur Linderung von Schmerzen einsetzten. Entgegen vieler populärer Meinungen handelt es sich bei dem heutzutage eingesetzten CBD Öl also keineswegs um eine Erfindung der modernen Medizin. Vielmehr bedienen sich die Menschen an altertümlichen Wissensbeständen, die sie mit neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen aufwerten.

19. Jahrhundert als vorübergehender Umbruch in der Heilkunde

Während die Menschen lange Zeit auf ihr heilkundliches Wissen vertrauten, leitete das 19. Jahrhundert einen vorübergehenden medizinischen Umbruch ein. Ab diesem Zeitpunkt gingen die Mediziner dazu über, Pflanzen aus naturwissenschaftlichen Gesichtspunkten heraus zu analysieren. Aus dem Wissen um die chemischen Zusammensetzungen einzelner Wirksubstanzen entwickelten sich die modernen, synthetisch hergestellten Arzneimittel. Über eine längere Zeit geriet die Therapie mit natürlichen Heil- und Schmerzmitteln zur Nebensache.

Natürliche Heilmittel haben heute einen festen Platz in der modernen Medizin

Anlässlich eines allgemeinen gesellschaftlichen Umdenkens erfahren die natürlichen Schmerz- und Heilmittel heute erneut verstärkte Aufmerksamkeit. Insbesondere die Lehre der berühmten Heilkundlerin Hildegard von Bingen ziehen viele Heilpraktiker zur Schmerzlinderung ihrer Patienten heran. Hierbei kommen ebenfalls die den Neandertalern als entzündungshemmende Heilmittel bekannten Wildkräuter zum Einsatz. Einst wurden diese von den frühen Menschen verzehrt, um Magen- und Verdauungsbeschwerden oder Entzündungen zu lindern. Auch heute vertrauen die Mediziner weiterhin der krampf- und wundheilfördernden Wirkungsweise der natürlichen Schmerzmittel. Sie finden heute überwiegend bei Infektionen, Schleimhautreizungen, Verdauungsbeschwerden, Magen-Darm-Krankheiten sowie zur Wundheilung Anwendung.


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