Vormenschen-Nahrung: Baumrinde als Beilage
Die erst 2010 beschriebene Art "Australopithecus sediba" deckte ihren Energiebedarf unter anderem mit Baumrinde, Blättern, Früchten und Sauergrasgewächsen.
Erste stichhaltige Beweise dafür, was unsere frühen Vorfahren aßen, konnten nun Dank eines zwei Millionen Jahre alten Unfalls zweier früher Vertreter des menschlichen Stammbaums gefunden werden. Vor etwa zwei Millionen Jahren gerieten ein älteres Weibchen und ein junges Männchen der Art Australopithecus sediba in einen Erdrutsch, ihre Überreste wurden augenblicklich unter den Sedimenten begraben.
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Jetzt untersuchte ein aus neun Experten bestehendes internationales Forscherteam die Zähne der beiden Austrolpithecinen, die aufgrund der ungewöhnlichen Todesumstände ihrer Besitzer einmalige Eigenschaften aufweisen. Initiiert wurde die aktuelle Studie durch den Paläoanthropologen Lee Berger von der University of the Witwatersrand in Johannesburg, Südafrika, der im Jahre 2010 die Überreste dieses neu entdeckten Homininen beschrieb und Flecken auf den Zähnen bemerkte, bei denen es sich vermutlich um Zahnbelag beziehungsweise Zahnstein handelte.
Da die zwei Australopithecinen durch den Erdrutsch begraben und sofort von Sedimenten umhüllt wurden, waren ihre Zähne teilweise sogar von einem schützenden Luftkissen umgeben. So konnte man erstmals drei verschiedene Analysemethoden auf die Fossilien anwenden: Die Oberflächen der Zähne wurden auf mikroskopische Abnutzungsspuren untersucht und der Zahnschmelz einer Isotopenanalyse unterzogen.
Da die Zähne seit dem Tod ihrer Eigentümer keinen Witterungseinflüssen ausgesetzt waren, war sogar der Zahnstein noch gut erhalten. Darin fanden die Forscher Phytolithen, die versteinerten Überreste von Pflanzen, die diese frühen Homininen vor zwei Millionen Jahren gegessen hatten. "Ich fand es überraschend, dass unsere frühen Vorfahren auch Baumrinde aßen", sagte der Leiter des Forschungsprojekts Lee Berger.
Obwohl seit Jahren bekannt sei, dass Primaten, einschließlich der Menschenaffen, Baumrinde als eiserne Reserve in Notzeiten essen, hätte er sie nicht auf dem Speiseplan eines frühen menschlichen Vorfahren vermutet. Unter den fossilen Funden früher menschlicher Überreste sei diese Entdeckung einmalig. "Es handelt sich um den ersten direkten Beweis dafür, was unsere frühen Vorfahren in den Mund nahmen, kauten und aßen", sagte Berger.
Insgesamt deuteten die Ergebnisse darauf hin, dass A. sediba seine Nahrung vor allem in Wäldern und kleinen Gehölzen fand - und nicht in den damals weitverbreiteten grasbewachsenen Savannen, schlussfolgern die Forscher. Dazu passt, dass der Vormensch zwar vermutlich bereits aufrecht gehen konnte, aber noch affenähnlich lange Arme und gekrümmte, kräftige Finger besaß, mit denen er sich beim Klettern festhielt.
Einige Wissenschaftler vermuten, es handele sich bei Australopithecus sediba um eine Übergangsform zwischen den noch affenartigen Australopithecinen und den frühen Homo-Vertretern, da die Skelette einige urtümliche und einige moderne Merkmale aufweisen. Andere Forscher widersprechen dieser Annahme jedoch. Sie halten A. sediba eher für eine ausgestorbene Seitenlinie der Australopithecinen. Die neuen Ergebnisse sollen nun helfen, die bisher unklare Stellung von Australopithecus sediba im Stammbaum des Menschen und seiner Vorfahren genauer zu bestimmen.
Diese Newsmeldung wurde mit Material Nature erstellt