Pedra Furada (portugiesisch für durchbohrter Stein) ist ein wichtiger Fundkomplex in Brasilien mit über 800 archäologischen Fundstellen, die mit ihren Artefakten und Felsmalereien den Schluß zulassen, dass Menschen in Nordamerika lange vor den Clovis-Menschen anwesend gewesen sein müssen.
Entdeckt wurde Pedra Furada von einem brasilianisch-französischen Forscherteam, das 1973 im Südosten des Bundesstaates Piauí, im Nationalpark Serra da Capivara Ausgrabungen durchführte. Über die Entdeckung berichtet die brasilianische Archäologin Niède Guidon, die ihre Forschungsergebnisse im Jahr 1986 veröffentlichte.
Pedra Furada ist eine Ansammlung von Abris (Felsdächern), in denen seit Jahrtausenden menschliche Gemeinschaften Unterschlupf suchten. Bei den ersten Ausgrabungen kamen Artefakte ans Licht, die mit der Radiokohlenstoff-Methode (C14) auf 48.000 bis 32.000 Jahre vor heute datiert werden konnten. Durch wiederholte Analysen konnte diese Datierung nicht nur bestätigt werden, sondern auch der Zeitraum auf bis zu 60.000 Jahre vor heute ausgedehnt werden. Gut untersuchte archäologische Schichten werden auf ein Alter zwischen 32.160 ± 1.000 Jahre und 17.000 ± 400 Jahre geschätzt. Zur Sammlung der steinzeitlichen Artefakte gehören Darts (Wurfpfeile) und Speerschleudern (Atlatl), aber keine Pfeile und Bögen.
Guidon hat 15 verschiedene Schichten in drei kulturelle Phasen eingeteilt und folgendermaßen benannt:
- Pedra Furada (mit den ältesten Artefakten)
- Serra Talhada (der Zeitraum zwischen 12.000 und 7.000 Jahren vor heute mit Messern, Schabern und Abschlägen, alle aus Quarz oder Quarzit, mit nur wenig Retuschierung sowie Steinkerne)
- Agreste (die Spätphase)
Neben den Steinartefakten entdeckte man auch Hunderte von Felsmalereien, die aus einer Zeit vor 11.000 bis 5.000 Jahren vor heute stammen.
Die Bedeutung von Pedra Furada
Die Entdeckungen von Pedra Furada sind Gegenstand vieler Debatten, da sie ganz offensichtlich im Widerspruch zur Clovis-first-Theorie stehen, wonach Menschen über Alaska frühestens vor 15.000 - 17.000 Jahren in die Neue Welt einwanderten (Theorie der kurzen Chronologie), gefolgt von mehreren Einwanderungswellen. Pedra Furada liefert Argumente für die Befürworter der Theorie der langen Chronologie, wonach die erste Gruppe von Menschen den neuen Kontinent zu einem viel früheren Zeitpunkt, möglicherweise schon irgendwann vor 21.000 bis 40.000 Jahren besiedelten, gefolgt von einer zweiten, viel späteren Welle der Masseneinwanderung.
Viele Entdeckungen auf dem amerikanischen Doppelkontinent, beispielsweise in Monte Verde in Chile, datiert auf 14.800 Jahre vor unserer Zeit, wurden zunächst genauso kontrovers diskutiert. Dazu gehören auch andere Fundstellen wie Piedra Museo in der argentinischen Provinz Santa Cruz, datiert auf 11.000 Jahre vor heute, Topper im Bundesstaat South Carolina, datiert auf 50.000 Jahre vor heute und der Meadowcroft Rockshelter in der Nähe von Avella in Washington County im Südwesten von Pennsylvania, datiert auf 16.000 Jahre vor unserer Zeit. Alle diese Entdeckungen haben Zweifel an der "Clovis First"-Theorie aufkommen lassen und führten zu alternativen Vorschlägen für die Routen der Kolonisierung und die Ausbreitung der Kulturen über den Kontinent. Diese Debatte wird bis heute mitunter recht hitzig fortgeführt.
Literatur
- Guidon, Niède y G. Delibrias. 1986. Carbon-14 dates point to man in the Americas 32 000 years ago. Nature 321: 769-771. DOI: 10.1038/321769a0
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