Clovis ist eine Stadt im Osten des US-Bundesstaates New Mexico. Nach ihr wurde die erste verbreitete prähistorische Kultur auf dem amerikanischen Kontinent benannt. Im Jahr 1937 wurden die ersten Speerspitzen südwestlich von Clovis im Blackwater Draw, einem trockengefallenen Flußbett, ausgegraben.
Clovis wurde mit Hilfe der Radiokohlenstoff-Datierung auf etwa 11.000 bis 10.800 vor heute datiert. Somit stammen die Funde vom Ende der letzten Kaltzeit (in Nordamerika als Wisconsin glaciation bezeichnet) und damit vom Übergang des Pleistozäns zum Holozän.
Die Clovis-Kultur wurde im Laufe der Zeit schließlich von mehreren regionalen Kulturen verdrängt, die in der Jüngeren Dryas, einer kalten Klimaperiode, in Nordamerika auftauchten. Zu ihnen gehören die Folsom Tradition sowie die Kulturen Gainey, Suwannee-Simpson, Plainview-Goshen, Cumberland und Redstone. Von jeder dieser Kulturen nimmt man an, dass sie unmittelbar aus der Clovis-Kultur hervorgingen - in einigen Fällen unterscheiden sich die Speerspitzen nur in der Länge der Rillen.
Obwohl man heute in der Regel davon ausgeht, dass diese Unterschiede das Ergebnis eines normalen kulturellen Wandels sind, wurden zahlreiche andere Gründe angeführt, um die beobachteten Veränderungen in den archäologischen Aufzeichnungen zu erklären, etwa der Einschlag eines Himmelsobjektes in der Jüngeren Dryas oder eine nacheiszeitliche Klimaveränderung, bei der zahlreiche Faunen ausstarben.
Nach der Entdeckung mehrerer Artefakte im westlichen Nordamerika in den 1930er Jahren, die den Clovis-Funden sehr ähnlich waren, machte man die Menschen von Clovis kurzerhand zu den ersten Menschen in Amerika. Lange Zeit galten die Clovis-Menschen als die Vorfahren aller indigenen Völker Nord- und Südamerikas. Diese Theorie wurde jedoch bald durch viele weitere archäologische Entdeckungen widerlegt, dazu gehören Fundorte wie Cactus Hill in Virginia, die Paisley-Höhlen im Summer Lake Basin in Oregon, die Topper-Fundstelle im Allendale County in South Carolina, Meadowcroft Rockshelter in Pennsylvania, die Friedkin-Fundstelle in Texas, Cueva Fell in Chile und vor allem Monte Verde, ebenfalls in Chile.
Woher kamen die Clovis-Menschen? Ihre Speerspitzen wurden weder in Sibiren noch in Asien oder Alaska gefunden. Ihre Werkzeuge lassen sich höchstens mit der Solutréen-Kultur vergleichen, doch die stammt aus Frankreich und Spanien. Gibt es also eine Verbindung zum eiszeitlichen Europa? Sind europäische Eiszeitmenschen entland des atlantischen Packeises nach Amerika gelangt? Eine gewagte Hypothese, die immer mehr Anhänger findet.
Den Anspruch auf die älteste archäologische Stätte in den beiden Amerikas erhebt der Fundort Pedra Furada in Brasilien, wo man menschliche Überreste und Feuerstellen fand, die 19.000 bis 30.000 Jahre älter sein könnten, als die anderen erwähnten Fundstellen. Diese Entdeckung ist derzeit Gegenstand eines Streits zwischen nordamerikanischen Archäologen und ihren südamerikanischen und europäischen Kollegen. Das Alter der meisten archäologischen Funde in den beiden Amerikas, die älter als 10.000 Jahre sind, werden in der Forschung heftig diskutiert.
Literatur
- M. Thomas P. Gilbert, Dennis L. Jenkins et al. 2008. DNA from Pre-Clovis Human Coprolites in Oregon, North America. Science 320(5877), pp. 786–789. DOI 10.1126/science.1154116
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