Nach der ersten Fossiliensuche bei Kanam in den frühen 1900er Jahren begann Louis Leakey in den frühen 1930er Jahren mit weiteren Ausgrabungen. Insbesondere ein Fossil - der Unterkiefer von Kanam, den Leakeys Team im Jahr 1932 entdeckte - erwies sich als Zankapfel und brachte Leakey und sein akademisches Ansehen schwer in Bedrängnis, vor allem durch die Bemerkungen des Geologen PGH Boswell, die selbiger in einem Artikel der Zeitschrift Nature im Jahr 1935 machte.
Boswell behauptete, dass die Aufzeichnungen über den Unterkiefer und anderer wichtiger Fossilien aus Kanam und Kanjera'>Kanjera unpräzise wären, und damit das Alter des Unterkiefers und der anderen fossilen Tiere nicht verifiziert werden könnten. Der Grund, warum diese Behauptung sehr wichtig war, ist, dass der Kiefer Ähnlichkeiten mit der Gattung Homo, möglicherweise sogar mit H. sapiens zeigte, obwohl er unregelmäßig geformt war. Leakey hatte nämlich behauptet, dass die Gattung Mensch - und vielleicht sogar unsere Art H. sapiens - eine sehr lange Geschichte habe, die bis in eine Zeit zurückreichte, in der Tierarten existierten, die heute schon lange ausgestorben sind. Boswells Behauptung erschütterte eine der Grundfesten von Leakeys Ansichten über die menschliche Evolution.
Boswell behauptete nämlich auch, dass die Sedimente von Kanjera'>Kanjera aufgrund der Schwerkraft eingebrochen waren, da nass, und somit keine zuverlässige Stratigraphie zur Verfügung stehe und die Fossilien daher entweder älter oder jünger sein könnten. Ein Team der Smithsonian Institution, das im Jahr 1987 Ausgrabungen in Kanjera durchführte, verzeichnete rund 44 übereinander liegende Sedimentschichten ohne Absackung, was darauf hinweist, dass zumindest diese Behauptung Boswells falsch war.
Studien am Unterkiefer von Kanam unter Leitung von J. Phelan von der Smithsonian Institution bestätigten eine frühere Arbeit von Phillip Tobias (University of the Witwatersrand, Südafrika), wonach die Schwellung an der Unterseite des Kiefers in der Nähe der Mittellinie die Folge eines pathologischen Wachstums nach einer Fraktur war, während andere Bruchstellen erst nach dem Tod des Individuums erfolgten. Das Smithsonian-Team schloß seine Arbeit wie folgt: Der Kanam Unterkiefer, nachdem er Zehntausende von Jahren in kalkreichen Sedimenten eingebettet war, behielt seine Zusammensetzung aus Calciumphosphat. Darüber hinaus ist das Exemplar in Folge von geologischen Prozessen zerbrochen. Sowohl die Makro- als auch die Mikroanatomie des Unterkiefers stehen im Einklang mit der Pathologie des Knochens.
Literatur
- Weiner, M.J., Ricci, J.L., Phelan, J., Plummer, T., Gauld, S., Potts, R., Bromage, T.G. Pathology of an archaic Homo mandible from Kanam, Kenya. International Association for Dental Research.
- Phillip V. Tobias. 1960. The Kanam Jaw. Nature 185, 946 - 947. DOI: 10.1038/185946a0
Koordinaten von fossilized.org