Stein von Rosette

Der Stein von Rosette im British Museum. Entlang des oberen linken Randes zieht sich ein heller Streifen, der von einer Erzader verursacht wird.

Der Stein von Rosette (französisch la pierre de Rosette) oder der Stein von Rosetta, auch kurz Rosettastein (englisch Rosetta Stone), arabisch حجر رشيد, DMG {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value), ist das Fragment einer steinernen Stele (Tafel) mit einem Priesterdekret, das in drei untereinander stehenden Schriftblöcken (Hieroglyphen, Demotisch, Altgriechisch) sinngemäß gleichlautend eingemeißelt ist. Die dreisprachige Inschrift aus dem Jahr 196 v. Chr. ehrt den ägyptischen König Ptolemaios V. und rühmt ihn als Wohltäter. Die nach dem Fundort nahe dem Mittelmeerufer benannte Steintafel bzw. das Textkorpus, latinisierend Inscriptio Rosettana genannt, trug maßgeblich zur Entschlüsselung der ägyptischen Hieroglyphen, einer Bilderschrift, bei. Der Stein befindet sich seit 1802 im British Museum in London[1] und ist dort nach wie vor eine Hauptattraktion der Sammlungen aus dem gesamten Britischen Weltreich.[2]

Zustand des Steins und der Inschrift

Mögliches Aussehen der kompletten Stele

Der Stein ist ein Bruchstück von einer ursprünglich höheren Stele aus dunkelgrauem Granodiorit. Das erhaltene Teil ist 112,3 cm hoch, 75,7 cm breit und 28,4 cm tief und wiegt 762 kg.[3] Bei späteren Nachforschungen am Fundort Fort St. Julien (dem heutigen Fort Rosette), einer Befestigung in der Nähe der ägyptischen Stadt Rosette im Nildelta am nach dem Ort benannten Nilast östlich von Alexandria, wurden keine weiteren Fragmente dieser Steintafel gefunden. Ursprünglicher Standort und Größe der gesamten Stele blieben unbekannt.[4]

Aufgrund der Beschädigungen ist keiner der drei Texte vollständig erhalten:

  • Vom oberen Text (Hieroglyphen) fehlen rund zwei Drittel, nur die letzten 14 Zeilen sind unvollständig erhalten. Alle 14 Zeilen sind am rechten Rand beschädigt und 12 Zeilen zusätzlich auf der linken Seite.
  • Der mittlere Bereich (demotische Schrift) ist am besten erhalten. Von den 32 Zeilen sind die oberen 14 am rechten Rand leicht beschädigt.
  • Vom unteren Text (Altgriechisch) fehlt rechts ein Eckstück. Daher sind von den 54 Zeilen nur 27 vollständig lesbar.

Unmittelbar nach der Entdeckung im Jahr 1799 fertigten die französischen Forscher in Ägypten zahlreiche Kopien der Inschriften an. Sie färbten den dunkelgrauen Stein unter anderem mit Druckerschwärze ein und erhielten so spiegelverkehrte Abzüge auf Papier. Dadurch wurde die steinerne Oberfläche mit immer neuen dunklen Farbschichten überdeckt. Als der nun schwarze Stein Anfang des 19. Jahrhunderts im Britischen Museum der Öffentlichkeit zugänglich war, wurde die Oberfläche mit Carnaubawachs versiegelt, um sie vor den Händen der neugierigen Besucher zu schützen. Durch unzählige Berührungen kamen weitere Ablagerungen hinzu. 1981 wurde schließlich weiße Farbe auf die Schriftzeichen aufgetragen, um sie besser lesbar zu machen.[5]

Bei der Vorbereitung einer großen Ausstellung im Jahr 1999 wurde entschieden, den Stein zu restaurieren und alle Schutz- und Farbschichten abzutragen. Bis zur Restaurierung im Jahr 1999 wurde der Stein liegend präsentiert.

Seither ist wieder die originale dunkelgraue Farbe zu sehen. Vorübergehend ließ man einen kleinen quadratischen Bereich in der unteren linken Ecke mit dem verdunkelten Wachs und der weißen Füllung unrestauriert.[5] Bei der Ausstellung im Jahr 1999 stand der Stein erstmals seit der Antike wieder aufrecht, zuvor war er liegend präsentiert worden. Im Jahr 2004 wurde auch die untere linke Ecke in den originalen Zustand versetzt. Anschließend wurde der Stein an seinem heutigen Standort im Museum hinter Glas aufgestellt.[6] Um eine "glasfreie" Betrachtung zu ermöglichen – und dem Bedürfnis der Besucher, die Inschriften zu befühlen, entgegenzukommen – wurde in unmittelbarer Nähe eine Replik des Steins offen aufgestellt.

Entdeckung

Denkmal für den Stein von Rosette nahe dem Fundort, Rashid

Während der ägyptischen Expedition Napoleons wurde der Stein am 15. Juli 1799 von einem französischen Offizier namens Pierre François Xavier Bouchard bei Rašīd (Rosette) im Nildelta gefunden. Über die Umstände, unter denen Bouchard den Stein fand, existieren zwei Versionen: Eine besagt, dass sein Pferd über den Stein von Rosette gestolpert sei, weil er halb aus dem Boden ragte. Laut der zweiten Version habe Bouchard den Stein beim Abbruch eines alten Walls der dortigen Festung vorgefunden.[7]

Der General Jacques-François Menou nahm ihn zunächst in sein Haus nach Alexandria. Von Wissenschaftlern, die Napoleon auf seinem Feldzug begleiteten, wurde der Stein eingehend untersucht. Nach der Kapitulation von Alexandria am 30. August 1801 wurde der Stein vom britischen Militär beschlagnahmt. Im folgenden Jahr wurde er erstmals im British Museum in London ausgestellt, wo er sich noch heute befindet. Auf den Schmalseiten der Stele informierten zwei weiße, mittlerweile verblasste Inschriften über den Beutecharakter des Objektes: »Captured in Egypt by the British Army in 1801« und »Presented by King George III«.[8]

Übersetzung der ägyptischen Schrift

Der Stein enthält dreimal den gleichen, relativ langen Text, und die griechische Version ist gut lesbar. Deswegen bot der Stein – ähnlich wie später auch andere Bilinguen – einen Schlüssel zur Entzifferung der ägyptischen Schriften.

Jean-François Champollion

Place des Écritures in Figeac

Jean-François Champollion gelang 1822 anhand des Steines und anderer Quellen die Entzifferung der demotischen Schrift sowie die Entschlüsselung der hieratischen Schrift und der Hieroglyphen. Er konnte jedoch nicht am Original, sondern nur an einer Abschrift des Steines arbeiten. In Erinnerung daran wurde vom Bildhauer Joseph Kosuth in Champollions französischer Geburtsstadt Figeac auf der Place des Écritures („Platz der Schriften“) eine stark vergrößerte Nachbildung des Steins von Rosette geschaffen.

Nach der Veröffentlichung seiner Entdeckung gelang die Entzifferung weiterer Hieroglyphen relativ schnell. Dadurch wurde es Archäologen möglich, viele weitere ägyptische Hieroglyphen-Inschriften zu entziffern. Der Stein von Rosette war einer der Auslöser der modernen Ägyptologie.

Andere Forscher

Experten betrachten den Stein von Rosette

Champollion war nicht der Einzige, der sich mit dem Stein von Rosette beschäftigte. Einige Forscher hatten zuvor gewissermaßen die Grundlagen für Champollions Arbeit gelegt:

  • Silvestre de Sacy versuchte anhand des Steins von Rosette, den demotischen Text durch einen graphischen Vergleich mit dem griechischen Teil zu deuten.
  • Dem Schweden Johan David Åkerblad gelang es 1802, die demotischen Namen zu lesen, womit er die Arbeit Sacys fortsetzte.
  • Thomas Young beschäftigte sich ein Jahr lang mit dem Stein von Rosette. Bis zu seinem Lebensende behauptete er, die Hieroglyphen entziffert zu haben, und lehnte gleichzeitig die Forschungsergebnisse von Champollion ab. Er entzifferte im demotischen und hieroglyphischen Teil Königsnamen und Begriffe, die mehrfach im Text vorkamen. Dabei gelang es ihm jedoch nicht, die komplexe Grammatik der altägyptischen Schrift zu verstehen.

Inhalt

Der Stein von Rosette:
oben Hieroglyphen (14 Zeilen),
in der Mitte Demotisch (32 Zeilen),
unten Altgriechisch (54 Zeilen). Schwarz-weiß wie vor der Restaurierung 1999, zusätzlich Darstellung mit stärkerem Kontrast.
Kopie des Steins von Rosette in der King’s Library im British Museum mit der Farbe vor der Restaurierung in 1999.

Der Text wurde so verfasst, dass ihn drei Bevölkerungsgruppen lesen konnten: für die Priester auf Ägyptisch als Gottesworte in Hieroglyphen (14 erhaltene Zeilen), für die Beamten auf Ägyptisch in demotischer Briefschrift (32 Zeilen) und für die griechischen Herrscher über Ägypten auf Altgriechisch in griechischen Großbuchstaben (54 Zeilen).

Die Übersetzung des Inhalts hält sich, wenn möglich, immer an die Hieroglyphenvorlage. Es ergeben sich teilweise leichte Abweichungen gegenüber der griechischen Inschrift, da bestimmte Formulierungen im Hieroglyphentext vermieden wurden. Beispielsweise kennt der Hieroglyphentext keinen Titel „Pharao“, sondern nur die übliche Titulierung „König von Ober- und Unterägypten“. Fehlende Textpassagen in der Hieroglyphenversion wurden mit den Übersetzungen der erhaltenen anderen Versionen ergänzt.

Datierung und Einleitung

1Im Jahr 9 am 4. Xanthikos, das ist als Monat der Ägypter der 18. Peret II (23. März 196 v. Chr.), des Jünglings, der als König von Ober- und Unterägypten auf dem Sitze seines Vaters erschienen ist. Er ist das lebendige Abbild des Amun und der Sohn des Re; von Ptah auserwählt. 2Als Aetos, Sohn des Aetos, Priester von Alexander, Ptolemaios I. und Berenike I., Ptolemaios II. und Arsinoë II., Ptolemaios III. und Berenike II. sowie des glänzenden gütigen Gottes Ptolemaios V. war; als 3Pyrra, Tochter des Philinios, die die Siegesgabe von Berenike I. trug sowie Areia, Tochter des Diogenes, 4der Trägerin des Korbes von Arsinoë I. und Irene, Tochter des Ptolemaios, Priesterin der Arsinoë I, die Vaterliebende, an diesem Tag wurde der Erlass gegeben, zu welchem die Lesonispriester und die anderen Priester, die aus den Tempeln Ägyptens zum Fest 5nach Memphis gekommen sind. Es ist das Fest vom Tag, als Ptolemaios V. das Fürstenamt aus der Hand seines Vaters empfangen hatte. Alle diese Priester verkündeten den Erlass.“

Auszüge aus dem Priesterdekret zu Ehren Ptolemaios V.[9]
Der König als Wohltäter und Steuererleichterungen

5Da Ptolemaios V., der glänzende gütige Gott, Sohn des Königs Ptolemaios IV.6und der Königin Arsinoë III., immer viel Gutes für die Tempel Ägyptens getan hat und sein Herz zu den Göttern freundlich war, hat er viel Silber und Getreide für die Tempel gegeben. Er ist ein Gott, der Sohn eines Gottes und einer Göttin. Er gleicht dem Horus, dem Sohn von Isis und Osiris. 7Er hat viel getan, um in Ägypten wieder Ruhe zu schaffen und die Tempel zu festigen. Er machte dem ganzen Heer Geschenke. Die Steuern und Abgaben, die noch anstanden, hat er vermindert oder erlassen. 8Die dem König zustehenden Restbeträge vom ägyptischen Volk hat er ebenfalls aufgehoben. Die eingesperrten Leute und die, auf denen schon lange Zeit eine Klage lastete, hat er freigesprochen.“

Auszüge aus dem Priesterdekret zu Ehren Ptolemaios V.[10]
Vergünstigungen an Priesterschaft und Krieger

8Was das Silber und das Getreide betrifft, was als Priestergehalt 9jährlich an ihre Tempel gegeben wird, bleiben diese Einkünfte auf Befehl des Ptolemaios V. erhalten. Er hat auch befohlen, dass die Reinigungspriester nicht höhere Priesterabgaben zu leisten hätten, als sie zu Zeiten seines Vaters geleistet haben. Er hat die Leute 10in den Tempelämtern von der jährlichen Fahrt zum Haus des Alexander befreit. Auch sollen keine Schiffer ausgehoben werden. Zwei Drittel der Lieferung an Königsleinen zum Haus des Pharaos wurden erlassen. 11Er hat sich darum gesorgt, dass man das für die Götter Übliche in richtiger Weise besorgte. Er hat für die Krieger, die heimkommen wollten, und die, die zwischenzeitlich andere Wege gingen, den Befehl gegeben, dass sie an ihre 12Orte zurückkehren sollen; ihre Habe bleibt ihnen erhalten. 17Außerdem erließ er bis zum neunten Regierungsjahr den Tempeln die Restschulden, die eine ansehnliche Summe aus Silber und Getreide ausmachten; gleiches Verfahren wurde für Differenzbeträge und Lieferleistungen veranlasst, die von den Tempeln noch nicht erbracht waren. Zusätzlich hat er die Weizenabgabe der Priester erlassen; 18ebenso die Weinabgabe aus dem Besitz der Weingärten.“

Auszüge aus dem Priesterdekret zu Ehren Ptolemaios V.[11]
Schutz des Landes und Bezwingung der Rebellen von Lykopolis (Schekan)

12Er hat dafür gesorgt, dass die Fußsoldaten, Reiterei und Schiffe gegen die Feinde Ägyptens loszogen, als sie gegen Ägypten Krieg führen wollten. Viel Silber und Getreide hat er deswegen ausgegeben. Er zog gegen die Stadt Schekan, 13die von Rebellen mit Anlagen befestigt war und große Mengen an Ausrüstungen sowie Waffen besaß. Er schloss diese Stadt und die Rebellen ein, die den Weg 14der göttlichen Gebote verlassen hatten, und dämmte die Flüsse für diesen Ort. Scharen von Fußsoldaten und der Reiterei belagerten Schekan. Im achten Jahr seiner Regierung war die Nilschwemme viel höher 15 und überschwemmte das sehr viel tiefer gelegene Land. Er nahm die Ortschaft mit Gewalt ein und besiegte die Feinde. Er gewann wie Re und Harsiese, die vor langen Zeiten auch an diesen Orten gesiegt hatten. 16Die Überwältigung der Rebellen konnte mit Hilfe der Götter von Memphis am Tag der Krönung vollzogen werden; sie (die Rebellen) wurden auf dem Holz hingerichtet.“

Auszüge aus dem Priesterdekret zu Ehren Ptolemaios V.[11]
Fürsorge für heilige Tiere und Götterkult

18Er hat mehr für den Apis- und Mnevis-Stier sowie für die anderen heiligen Tiere getan als seine Vorgänger. Er hat an den 19Ereignissen in ihren Tempeln und Festen sowie an den Brandopfern vor den Göttern teilgenommen. Die Riten hat er per Gesetz gefestigt. Viel Gold, Silber, Getreide und andere Dinge hat er gegeben. 20Tempel, Schreine, Altäre und andere Dinge hat er neu wiederherstellen lassen, denn er hat ein wohltätiges Götterherz. Er fragte nach den rechten Riten, um sie in gebührender Form zu erneuern. Als Gegengabe erhielt er von den Göttern Sieg, Kraft, Stärke, Heil 21und Gesundheit. Sein Amt als Pharao für ihn und seine Kinder sollen auf ewig bestehen bleiben.“

Auszüge aus dem Priesterdekret zu Ehren Ptolemaios V.[12]
Priesterbeschluss zu Ehren des Königs und seiner Ahnen

21Zum guten Ereignis: Es kam den Priestern in den Sinn, Ptolemaios V., den glänzenden, gütigen Gott, 22zusammen mit den Göttern, die in väterlicher Liebe veranlassten, dass er entstand, zu ehren. Gleiches soll auch den wohltätigen Göttern, die seine Eltern haben entstehen lassen, zusammen mit den Götter-Brüdern, die sie entstehen lassen haben, zuteil werden. Man soll in jedem Tempel ein tragbares Abbild von Ptolemaios V. erstellen und das Bildnis 23Ptolemaios-Retter-Ägyptens nennen. Er soll mit dem jeweiligen Ortsgott zu sehen sein, wie er Ptolemaios V. das Siegesschwert überreicht. Es soll nach ägyptischer Art geschehen und in jedem Tempel gut sichtbar sein. Und die Priester sollen dreimal täglich Dienst an den Bildnissen verrichten. 24Sie sollen das tun, was man rechtmäßig bei Festen und Prozessionen den anderen Göttern an den genannten Tagen zukommen lässt. In jedem Tempel soll zusätzlich das heilige Gottesauge von Ptolemaios V. zusammen mit dem goldenen Schrein aufgestellt werden, 25um ihn im Allerheiligsten bei den anderen Göttern wohnen zu lassen.“

Auszüge aus dem Priesterdekret zu Ehren Ptolemaios V.[13]
Beschreibung des zu fertigenden Schreins für Ptolemaios V.

25Um den Schrein für heute und immer kenntlich zu machen, soll man auf den Schrein zehn goldene Königskronen setzen, jede mit einer Uräusschlange, wie es für goldene Kronen 26rechtmäßig ist. In der Mitte der Kronen soll eine Doppelkrone sein, da mit ihr der König von Ober- und Unterägypten zu den Zeremonien in Memphis erschienen ist, als er rechtmäßig das Amt des Königs von Ober- und Unterägypten übernahm. Auch soll man auf die obere Seite (als Wappenpflanzen) einen 27Papyrus und eine Binse setzen. Darunter auf die östliche Seite eine Uräusschlange mit einem Korb auf einem Papyrus; das bedeutet: Der König von Ober- und Unterägypten hat beide Länder hell werden lassen.“

Auszüge aus dem Priesterdekret zu Ehren Ptolemaios V.[14]
Feste zu Ehren des Königs

27Früher wurde der 30. Schemu IV, 28der Geburtstag des Königs von Ober- und Unterägypten, als Erscheinungsfest in den Tempeln festgelegt. Die Geburt vom König ist der Anfang von allem Guten. Zu den guten Dingen zählt auch der Tag, an dem man ihm die Zeremonien der Übernahme des höchsten Amtes gemacht hat, dem 17. Achet II (22. November 197 v. Chr.). Darum sollen der 17. und 30. Tag in jedem Monat in allen Tempeln Festtage sein. Man soll an diesen zwei monatlichen Festen 29Brand- und Trankopfer darbringen. In den ersten fünf Tagen des ersten Achet-Monats soll in allen Tempeln ein Fest und eine Prozession für Ptolemaios V. stattfinden, bei denen Kränze getragen und 30Brand- und Trankopfer verrichtet werden. Die Priester in den einzelnen Tempeln Ägyptens soll man von nun an Priester des glänzenden gütigen Gottes nennen und man soll diesen Namen in alle Urkunden schreiben sowie auf ihre Ringe eingravieren lassen.“

Auszüge aus dem Priesterdekret zu Ehren Ptolemaios V.[15]
Vervielfältigung des goldenen Schreins und Schlusserklärung

31Wenn das Volk Ägyptens den goldenen Schrein von Ptolemaios V. alljährlich in den beschriebenen Prozessionen an ihren Wohnplätzen erscheinen lassen möchte, erhält es die Möglichkeit, eine Kopie des Goldschreins von Ptolemaios V. herzustellen. Denn es soll bekannt werden: Das Volk Ägyptens ehrt den glänzenden, gütigen Gott (Ptolemaios V.), 32so wie es rechtmäßig ist. Man soll den Erlass und die Befehle auf eine Stele von hartem Stein in der Schrift der Gottesworte, in Briefschrift und in griechischer Schrift schreiben. Die Stele soll man in den ersten, zweiten und dritten Tempeln neben dem Bild von Ptolemaios V. aufstellen.“

Auszüge aus dem Priesterdekret zu Ehren Ptolemaios V.[16]

Motive für das Dekret

Ptolemaios V. (210–180 v. Chr., Pharao 205–180 v. Chr.) erreichte die Unterstützung durch die Priesterschaft nur durch Zugeständnisse und erweiterte Privilegien an die Lesonis-Kaste. Dazu griff Ptolemaios V. in seinem neunten Regierungsjahr entscheidend in die Steuer- und Finanzwirtschaft ein und verzichtete auf die bis dahin ausstehenden Zahlungen der Tempel. Gleichzeitig reduzierte er die Abgaben an das Königshaus. Zusätzlich wurde den Priestern ihr alter Besitzstand gesichert und die alljährliche Reise zum Haus Alexandria nicht mehr als Pflicht auferlegt.[17]

Die Priesterschaft war sich ihrer Bevorzugung bewusst, die zugleich eine deutliche Schwächung der ägyptischen Staatsmacht darstellte. Aufgrund dieser Situation dominieren als Ausgleich für die Zugeständnisse Lobesreden auf Ptolemaios V. die Ausführungen im Dekret. Die hervorgehobenen Leistungen des Pharaos symbolisierten jedoch die obligatorischen Pflichten eines Königs, die sowieso erbracht werden mussten.[17]

Der Text der Inschrift stellt nicht eine Abschrift der Originalurkunde dar, da detaillierte Listen und Nennungen der betroffenen Tempel fehlen. Es handelt sich daher nur um einen knappen Ausschnitt, der klischeeartig Ehrungen aufzählt, die dem Pharao erwiesen werden sollen. Einmalig und einzigartig in der ägyptischen Geschichte ist die Deutlichkeit, mit der die aufgezwungenen Rechtsgeschäfte der Priesterschaft aufgeführt werden. Deutlich ist der Niedergang der ptolemäischen Wirtschaft zu beobachten.[17]

Verwandte Themen

  • Im Rosetta-Projekt sollen aktuelle Sprachen langzeitarchiviert werden.
  • Die Raumsonde Rosetta wurde nach dem Stein von Rosetta benannt.
  • Das Apple-Framework Rosetta zur Übersetzung von PowerPC zu x86 sowie x64 zu ARM wurde nach dem Stein von Rosetta benannt.

Literatur

  • Leo Depuydt: Rosetta Stone. In: Kathryn A. Bard (Hrsg.): Encyclopedia of the Archaeology of Ancient Egypt. Routledge, London 1999, ISBN 0-415-18589-0, S. 686–87.
  • Otto Kaiser u. a.: Texte aus der Umwelt des Alten Testaments. (TUAT) Band 1, Alte Folge. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1985, ISBN 3-579-00060-8, S. 236–246.
  • Richard B. Parkinson: The Rosetta Stone. British Museum Press, London 2005, ISBN 0-7141-5021-5.
  • Stephen Quirke: The Rosetta Stone. Facsimile drawing. British Museum Press, London 1988, ISBN 0-7141-0948-7.
  • John Ray: The Rosetta Stone and the rebirth of ancient Egypt. Profile Books, London 2007, ISBN 978-1-86197-334-4.
  • Robert Solé: La pierre de Rosette. Édition du Seuil, Paris 1999, ISBN 2-02-037130-8.

Belletristik

  • Michael Klonovsky: Der Ramses-Code. Aufbau-Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-352-00575-3 (Roman über Champollion und die Hieroglyphenentzifferung).

Weblinks

Commons: Stein von Rosette – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Stein von Rosette – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. The British Museum: Der Stein von Rosette. (englisch); Auf: blog.britishmuseum.org; abgerufen am 26. April 2020.
  2. Er wurde beispielsweise als Objekt 33 in der Sendereihe „Geschichte der Welt in 100 Objekten“ der BBC vom Museumsdirektor Neil MacGregor im Mai 2010 vorgestellt. Rosetta Stone, Seite zur Sendung, BBC – Radio 4, abgerufen am 28. Februar 2019.
  3. The British Museum: The Rosetta Stone – Object details (englisch) Auf: britishmuseum.org; abgerufen am 15. Mai 2014 . als Name wird gemäß der Inschrift Ptolemy V Epiphanes angegeben und die Schenkung durch König George III. als Erwerb. Ausgräber sei Pierre Francois Xavier Bouchard gewesen; es folgt eine ausführliche Literaturliste nach damaligem Stand.
  4. Richard B. Parkinson, Whitfield Diffie, M. Fischer, R. S. Simpson: Cracking codes. The Rosetta Stone and Decipherment. University of California Press, Berkeley 1999, ISBN 978-0-520-22306-6 (Google Books: Kurzbeschreibung und Inhaltsverzeichnis, abgerufen am 16. Mai 2014).
  5. 5,0 5,1 History uncovered in conserving the Rosetta Stone. Auf: khanacademy.org (Quelle des Textes: Trustees of the British Museum).
  6. British Museum shines new light on the Rosetta Stone of pharaohs and gods. Auf: independent.co.uk, 4. Juli 2004.
  7. Michael Schaper: Das Reich der Pharaonen (= Geo Epoche. Heft Nr. 3). Gruner & Jahr, Hamburg 2000, S. 90 f.
  8. Luca Frepoli: Transnationale Forschung und nationales Prestigedenken. In: Isabelle Dolezalek, Bénédicte Savoy, Robert Skwirblies (Hrsg.): Beute. Eine Anthologie zu Kunstraub und Kulturerbe. Matthes & Seitz, Berlin 2021, ISBN 978-3-7518-0312-0, S. 148–154.
  9. Otto Kaiser u. a.: TUAT. Band 1, Alte Folge, Gütersloh 1985, S. 238 f.
  10. Otto Kaiser u. a.: TUAT. Band 1, Alte Folge, Gütersloh 1985, S. 240.
  11. 11,0 11,1 Otto Kaiser u. a.: TUAT. Band 1, Alte Folge, Gütersloh 1985, S. 241 f.
  12. Otto Kaiser u. a.: TUAT. Band 1, Alte Folge, Gütersloh 1985, S. 243.
  13. Otto Kaiser u. a.: TUAT. Band 1, Alte Folge, Gütersloh 1985, S. 243 f.
  14. Otto Kaiser u. a.: TUAT. Band 1, Alte Folge, Gütersloh 1985, S. 244 f.
  15. Otto Kaiser u. a.: TUAT. Band 1, Alte Folge, Gütersloh 1985, S. 245 f.
  16. Otto Kaiser u. a.: TUAT. Band 1, Alte Folge, Gütersloh 1985, S. 246.
  17. 17,0 17,1 17,2 Otto Kaiser u. a.: TUAT. Band 1, Alte Folge, Gütersloh 1985, S. 236–238.

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