Phönizisch-punische Sprache

Phönizisch
Zeitraum ca. 2. Jahrtausend v. Chr. bis 500 n. Chr.

Ehemals gesprochen in

Levante, Mittelmeerküste
Linguistische
Klassifikation
  • Afroasiatische Sprachen
    Semitische Sprachen
    Westsemitische Sprachen
    Nordwestsemitische Sprachen
    Kanaanäische Sprachen
    Phönizisch
Sprachcodes
ISO 639-1

ISO 639-2

phn

ISO 639-3

phn

Die Sprachbezeichnung Phönizisch (bzw. phönizisch-punische Sprache) steht für die mittelkanaanäischen und damit semitischen Dialekte, die im Gebiet des nördlichen Ostmittelmeerraums, vor allem im Gebiet des heutigen Libanon (u. a. Sidon, Tyros, Byblos) und Syrien und in den phönizischen Kolonien des Mittelmeerraumes bis hin nach Spanien und an die nordafrikanische Küste gesprochen und im frühen 1. Jahrtausend v. Chr. auch in Anatolien als Verkehrssprache benutzt wurden. Phönizisch ist eine Trümmersprache, die vom 11. Jahrhundert v. Chr. bis in die Spätantike belegt ist. Grammatisch steht das Phönizische dem Althebräischen am nächsten.

Sprachformen

Verbreitung der phönizischen Sprache, als gelbe Kontur dargestellt.
Die wichtigsten phönizischen Handelswege und Metropolen entlang des mediterranen Raums.

Die phönizisch-punische Sprache ist eng mit dem Hebräischen sowie den anderen semitischen Varietäten der vorderasiatischen Mittelmeerküste verwandt. Die meisten Linguisten betrachten das Kanaanäische, das Hebräische und das Phönizische als ein und dieselbe Sprache mit mehreren Mundarten. Phönizisch stand nach dieser Sichtweise in einem Dialektkontinuum mit den kanaanäischen Sprachen Hebräisch, Moabitisch, Ammonitisch, Edomitisch und wahrscheinlich auch dem Ugaritisch, das eine ältere Sprachstufe zeigt. Das Phönizische besteht seinerseits aus einer Reihe sehr ähnlicher, aber doch unterscheidbarer Sprachformen.

Byblisch

Altbyblisch, benannt nach der Stadt Byblos, trägt deutlich archaische Züge, auch die jüngeren Texte weichen teilweise vom Standardphönizischen ab.

Standardphönizisch

Texte in Standardphönizisch wurden im gesamten Mittelmeerraum gefunden. Wenn von phönizischen Texten die Rede ist, ist zumeist Standardphönizisch gemeint.

Punisch

Als „punisch“ werden Texte aus dem westlichen Mittelmeerraum (Karthago) seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. bezeichnet. Charakteristisch ist das Schwinden der im Semitischen wichtigen Pharyngale (Laute, die in der Rachenhöhle gebildet werden). Dies ist wohl auf Substrateinfluss zurückzuführen.

Neupunisch

Als Neupunisch (Neopunisch) bezeichnet man die Texte aus der Zeit nach den Punischen Kriegen und der Zerstörung Karthagos 146 v. Chr. Sie unterscheiden sich in Sprache und Schrift vom Punischen und stammen vorwiegend aus Africa, vereinzelt aus Ägypten und dem Libanon. Es gibt Einflüsse des Lateinischen und des Berberischen auf das Neupunische.

(Neu-)Punisch war bis in die Spätantike von Bedeutung und erlosch wahrscheinlich erst mit dem Aufkommen des Arabischen. Während Phönizisch im östlichen Mittelmeerraum schon im 1. Jahrhundert v. Chr. ausgestorben sein dürfte, überlebte die punische Sprache bis zum 5. Jahrhundert.[1] Eine Spätform des Punischen dürfte noch um 1000 gesprochen worden sein.

Schrift

Phönizisch wurde in phönizischer Schrift geschrieben, einer Alphabetschrift, von der viele heute verwendete Alphabete abstammen. Zuerst war sie eine reine Konsonantenschrift, im späteren Phönizisch und älteren Punisch wurden bestimmte Konsonanten auch als Mater lectionis zur Schreibung von Vokalen benutzt.

Im Neupunischen, das die alten Pharyngale weitgehend verloren hat, werden diese und die Halbvokale für die Bezeichnung der Vokale verwendet, es gibt allerdings kein einheitliches System. Die neupunische Schrift wurde bis ins 1. Jahrhundert verwendet, danach wurde die lateinische Schrift mit Zusatzzeichen (latino-punisch) verwendet.

Überlieferung

Phönizisch-punisch ist fast nur in Inschriften überliefert, ein Sonderfall sind Textstellen im Poenulus des römischen Schriftstellers Plautus. Allerdings berichtet der römische Autor Plinius der Ältere, dass es in Karthago vor der Zerstörung der Stadt im Jahre 146 v. Chr. umfangreiche Bibliotheken gegeben habe. Ein Werk des Puniers Mago über die Landwirtschaft, das 28 Buchrollen umfasst habe, sei sogar ins Lateinische übersetzt worden.

Literatur

Grammatiken

  • Paul Schoeder: Die phönizische Sprache. Entwurf einer Grammatik, nebst Sprach- und Schriftproben. Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses, Halle 1869. (Reprint: Sändig Reprint 1979, ISBN 3-253-03071-7.) Volltext
  • Charles R. Krahmalkov: A Phoenician-Punic Grammar. HdO I/54. Brill, Leiden 2001, ISBN 90-04-11771-7
  • Johannes Friedrich, Wolfgang Röllig: Phönizisch-punische Grammatik. 3. Auflage, neu bearbeitet von Maria Giulia Amadasi Guzzo unter Mitarbeit von Werner R. Mayer, Rom 1999 (= Analecta Orientalia. Band 55), ISBN 88-7653-259-5
  • Stanislav Segert: A Grammar of Phoenician and Punic. Beck, München 1976, ISBN 3-406-00724-4

Wörterbücher

  • Jacob Hoftijzer/Karel Jongeling: Dictionary of North-West-Semitic Inscriptions. Leiden 1995.
  • Charles R. Krahmalkov: Phoenician-Punic Dictionary (OLA 90). Leuven 2000, ISBN 978-90-429-0770-6.

Inschriftensammlungen

  • Herbert Donner, Wolfgang Röllig: Kanaanäische und aramäische Inschriften. 2. Auflage. Harrassowitz, Wiesbaden 1966 ff.
  • Karl Jaroš: Inschriften des Heiligen Landes aus vier Jahrtausenden. CD mit Textsammlung zu Lernzwecken. von Zabern, Mainz 2001, ISBN 3-8053-2863-X.
  • Karel Jongeling, Robert M. Kerr (Hrsg.): Late Punic Epigraphy. An Introduction to the Study of Neo-Punic and Latino-Punic Inscriptions. Mohr Siebeck, Tübingen 2005, ISBN 978-3-16-148728-6.
  • Karel Jongeling: Handbook of Neo-Punic Inscriptions. Mohr Siebeck, Tübingen 2008, ISBN 978-3-16-149303-4.

Einzelstudien

  • Werner Vychicl: Punischer Spracheinfluß im Berberischen. In: Journal of Near Eastern Studies 11 (1952), S. 198–204, Volltext in JSTOR.

Weblinks

Einzelnachweise

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