Kleinkastell Windlücke
Kleinkastell Windlücke | |
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Limes | ORL -- (RLK) |
Strecke (RLK) | ORL Strecke 10 Neckar-Odenwald-Limes Odenwaldlinie |
Datierung (Belegung) | trajanisch[1] bis max. 159 n. Chr. |
Typ | Kleinkastell |
Einheit | unbekannte Vexillatio |
Größe | 13,5 × 13,5 m = ca. 0,18 ha |
Bauweise | Steinkastell |
Erhaltungszustand | nicht sichtbares Bodendenkmal |
Ort | Breitenbrunn (Lützelbach), Haingrund |
Geographische Lage | 49° 45′ 42″ N, 9° 5′ 2″ O |
Höhe | 337 m ü. NHN |
Vorhergehend | ORL 46b Kastell Lützelbach (nordöstlich) |
Anschließend | ORL 47 Kastell Hainhaus (südlich) |
Das Kleinkastell Windlücke war ein römisches Grenzkastell an der älteren Odenwaldlinie des Neckar-Odenwald-Limes.
Lage
Das heutige Bodendenkmal befindet sich auf einem Gebirgssattel innerhalb eines ausgedehnten Waldstückes zwischen den Lützelbacher Ortsteilen Breitenbrunn und Haingrund. Es liegt dort unmittelbar nördlich der Landesstraße 3106, westlich des heutigen Sportplatzes. Der Sattel, der heute von der L 3106 als Pass genutzt wird, dürfte auch in antiker Zeit einen nicht unbedeutenden Gebirgsübergang dargestellt haben, zu dessen Überwachung das Kastell gedient haben wird.
Forschungsgeschichte
Schon Ende des 18./Anfang des 19. Jahrhunderts hatte Johann Friedrich Knapp im Auftrag des Grafen Franz I. zu Erbach-Erbach Ausgrabungen an dem Kastell durchgeführt. Weitere Untersuchungen folgten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch Gustav Dieffenbach und Robert Schäfer im Auftrag des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine sowie 1888 durch Friedrich Kofler im Auftrag des Historischen Vereins für das Großherzogtum Hessen. 1895 schließlich erfolgte die Ausgrabung durch die Reichs-Limeskommission (RLK).
Befunde
Die Ausgrabungen der RLK ergaben, dass es sich bei dem Kleinkastell Windlücke um ein annähernd quadratisches Steinkastell handelte, das mit einer Seitenlänge von etwa 13,5 Metern eine Fläche von rund 180 Quadratmetern bedeckte. Bei einer Mauerstärke von einem Meter sprang das 70 Zentimeter tief in den Boden reichende Fundament beidseitig um 25 bis 44 Zentimeter vor. Das einzige Tor – mit einer Durchgangsbreite von 2,32 Meter – war nach Osten, zur nur 27 Meter entfernten Grenzpalisade hin ausgerichtet. Ein Befestigungsgraben war nicht vorhanden. Das Kleinkastell Windlücke dürfte einer Besatzung von maximal 20 Mann Platz geboten haben. Heute ist im Gelände nichts mehr zu erkennen, jedoch wurde der ehemalige Kastellplatz mit Infotafeln ausgewiesen.[2]
- ORL A 05 tab 04 pic 01 KK Windlücke Tor.jpg
Detailaufnahme des Kastelltores durch die RLK (1895)
- ORL A 05 tab 04 pic 01 KK Windlücke Mauer.jpg
Aufsicht und Profil der Umfassungsmauer (1895)
- ORL A 05 tab 04 pic 01 KK Windlücke Palisadengraben.jpg
Palisadengraben des Limes beim Kleinkastell Windlücke (Grabung 1895)
Limesverlauf zwischen dem Kleinkastell Windlücke und dem Kastell Hainhaus
Vom Kleinkastell Windlücke aus zum südlich folgenden Kastell Hainhaus hin verläuft der Limes ausschließlich durch bewaldetes Gelände und steigt dabei kontinuierlich um insgesamt 120 Höhenmeter an.
ORL[A 1] | Name/Ort | Beschreibung/Zustand |
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KK[3] | Kleinkastell Windlücke | siehe oben |
Wp 10/10[A 2] | „In der Klinge“ | Gut sichtbare und teilrekonstruierte Turmstelle aus einem Stein- und zwei Holzturmhügeln.[A 3] Der quadratische Steinturm besaß eine Seitenlänge von 5,25 Meter, die Mauerstärke betrug 80 cm. Der nördliche Holzturm befand sich auf einem Trockenmauerfundament, das bei einer Stärke von 75 Zentimeter ebenfalls über eine Seitenlänge von 5,25 Meter verfügte. Er war von einem Ringgraben umgeben, der bereits zur Zeit der Reichs-Limeskommission schon stark eingeebnet war. Die Konstruktionsmerkmale des südlichen Holzturms entsprachen denen des nördlichen. Umgeben war er von einem zum Teil über zwei Meter tiefen Ringgraben, dessen Durchmesser (Außenrand) 26 Meter betrug (Sohle-Sohle: 16,90 Meter).[4][A 4]
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Wp 10/11 | „Auf der Sellenplatte“ | Konserviertes Steinturmfundament und gut erhaltene Holzturmstelle.[A 5] Der heute konservierte, quadratische Steinturm verfügte über eine Seitenlänge von 5,10 Meter, die Fundamente sprangen 30 cm weit vor. Der unmittelbar südlich des Steinturms befindliche, nicht ausgegrabene Holzturmhügel besitzt einen Durchmesser von 18 Meter.[5][A 6] Der Steinturm wurde 1986 erneut ausgegraben, seine Grundmauern wurden konserviert und rekonstruiert.
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Wp 10/12 | „In den Dickhecken“ | Eine Holzturmstelle mit einem Ringgraben (Außendurchmesser 22 Meter, Sohle-Sohle 16 Meter) und eine stark zerstörte Steinturmstelle.[A 7]
Beide wurden nicht archäologisch untersucht, sondern nur aufgrund der Erdoberflächenbeschaffenheit festgestellt.[6] |
Wp 10/13 | „In den Erlen“ | Flacher Holzturmhügel mit einem Graben von 18 Meter Durchmesser.[A 8] Der heute noch sichtbare Hügel wurde nicht ausgegraben, ein Steinturm konnte nicht festgestellt werden.[7][A 9]
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ORL 47[A 10] | Kastell Hainhaus | siehe Hauptartikel Kastell Hainhaus |
Denkmalschutz
Das Kleinkastell Windlücke und die anschließenden Limesbauwerke sind Bodendenkmale nach dem Hessischen Denkmalschutzgesetz. Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind genehmigungspflichtig, Zufallsfunde an die Denkmalbehörden zu melden.
Siehe auch
- Liste der Kastelle am Obergermanisch-Raetischen Limes
Literatur
- Dietwulf Baatz: Odenwaldstrecke (Odenwaldkreis). In: Die Römer in Hessen. Lizenzausgabe, Nikol, Hamburg 2002, ISBN 3-933203-58-9, S. 417f.
- Dietwulf Baatz: Der Römische Limes. Archäologische Ausflüge zwischen Rhein und Donau. Gebr. Mann, Berlin 2000, ISBN 3-7861-2347-0, S. 183f.
- Ernst Fabricius, Felix Hettner, Oscar von Sarwey (Hrsg.): Der obergermanisch-raetische Limes des Roemerreiches, Abteilung A, Band 5: Strecke 10 (Der Odenwaldlimes von Wörth am Main bis Wimpfen am Neckar), 1926, 1935.
- Christian Fleer: Typisierung und Funktion der Kleinbauten am Limes. In: Egon Schallmayer (Hrsg.): Limes Imperii Romani. Beiträge zum Fachkolloquium „Weltkulturerbe Limes“ November 2001 in Lich-Arnsburg. Bad Homburg v. d. H. 2004, ISBN 3-931267-05-9, S. 75–92, (Saalburg-Schriften 6)
- Margot Klee: Der römische Limes in Hessen. Geschichte und Schauplätze des UNESCO-Welterbes. Pustet, Regensburg 2009, ISBN 978-3-7917-2232-0, S. 186f.
- Egon Schallmayer: Der Odenwaldlimes. Entlang der römischen Grenze zwischen Main und Neckar. Theiss, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-8062-2309-5, S. 82–85.
- Egon Schallmayer: Der Odenwaldlimes. Neueste Forschungsergebnisse. Beiträge zum wissenschaftlichen Kolloquium am 19. März 2010 in Michelstadt. Saalburgmuseum, Bad Homburg 2012, ISBN 978-3-931267-07-0 (Saalburg-Schriften, 8)
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Die konventionelle Anfangsdatierung auf das Jahr 100 (±5) stützt sich auf die Ergebnisse der Ausgrabungen, die Dietwulf Baatz in den Jahren 1964 bis 1966 im Kastell Hesselbach vornahm. Sie basiert im Wesentlichen auf der Auswertung der dabei gefundenen Sigillaten (vgl. den entsprechenden Abschnitt im Hesselbach-Artikel und Dietwulf Baatz: Kastell Hesselbach und andere Forschungen am Odenwaldlimes. Gebr. Mann, Berlin 1973, ISBN 3-7861-1059-X, (Limesforschungen, Band 12), S. 85–96). In der jüngeren Literatur wird einer Anfangsdatierung des Kastells Hesselbach wie des gesamten Odenwaldlimes auf den Zeitraum 107/110 der Vorzug gegeben. Dieser Datierungsansatz stützt sich nicht auf neue Ausgrabungsbefunde, sondern auf eine statistische Neubewertung der Münzfunde aus allen Kastellen des Obergermanisch-raetischen Limes, die der Archäologe Klaus Kortüm 1998 erstmals vorgelegt hat und auf die sich inzwischen einige Autoren der jüngeren Literatur stützen. (vgl. Klaus Kortüm: Zur Datierung der römischen Militäranlagen im obergermanisch-raetischen Limesgebiet. In: Saalburg-Jahrbuch 49, 1998. Zabern, Mainz 1998, S. 5–65 und Egon Schallmayer: Der Limes. Geschichte einer Grenze. Beck, München 2006, ISBN 3-406-48018-7, S. 49–52 sowie S. 54f.)
- ↑ Egon Schallmayer: Der Odenwaldlimes. Entlang der römischen Grenze zwischen Main und Neckar. Theiss, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-8062-2309-5, S. 82.
- ↑ KK = nicht nummeriertes Klein-Kastell
- ↑ Egon Schallmayer: Der Odenwaldlimes. Entlang der römischen Grenze zwischen Main und Neckar. Theiss, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-8062-2309-5, S. 83f.
- ↑ Egon Schallmayer: Der Odenwaldlimes. Entlang der römischen Grenze zwischen Main und Neckar. Theiss, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-8062-2309-5, S. 84f.
- ↑ Egon Schallmayer: Der Odenwaldlimes. Entlang der römischen Grenze zwischen Main und Neckar. Theiss, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-8062-2309-5, S. 85.
- ↑ Die RLK ging davon aus, dass aufgrund der guten Sichtverbindung zwischen Wp 1/12 und dem Kastell Hainhaus beim Ausbau des Limes auf einen Steinturm verzichtet worden sei. So im ORL und bei Schallmayer.
Dietwulf Baatz: Der Römische Limes. Archäologische Ausflüge zwischen Rhein und Donau. Gebr. Mann, Berlin 2000, ISBN 3-7861-2347-0, S. 184 lässt offen, ob es sich um einen Holz- oder einen Steinturmhügel handelt.
Anmerkungen
- ↑ ORL = Nummerierung der Limesbauwerke gemäß der Publikation der Reichs-Limeskommission zum Obergermanisch-Rätischen-Limes
- ↑ Wp = Wachposten, Wachturm. Die Ziffer vor dem Schrägstrich bezeichnet den Limesabschnitt, die Ziffer hinter dem Schrägstrich in fortlaufender Nummerierung den jeweiligen Wachturm.
- ↑ Etwa bei 49° 45′ N, 9° 5′ O
- ↑ Wp 10/10 auf der privaten Limesprojektseite von Claus te Vehne.
- ↑ Etwa bei 49° 45′ N, 9° 5′ O
- ↑ Wp 10/11 auf der privaten Limesprojektseite von Claus te Vehne.
- ↑ Etwa bei 49° 44′ N, 9° 5′ O
- ↑ Etwa bei 49° 44′ N, 9° 5′ O
- ↑ Wp 10/13 auf der privaten Limesprojektseite von Claus te Vehne.
- ↑ ORL XY = fortlaufende Nummerierung der Kastelle des ORL