Kleinkastell Seitzenbuche
Kleinkastell Seitzenbuche | |
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Limes | ORL – (RLK) |
Strecke (RLK) | ORL Strecke 10 Neckar-Odenwald-Limes Odenwaldlinie |
Typ | Kleinkastell |
Einheit | unbekannte Vexillatio |
Größe | 20 × 20 m |
Bauweise | Steinkastell |
Erhaltungszustand | markiertes Bodendenkmal |
Ort | Mudau-Schloßau |
Geographische Lage | 49° 33′ 2,2″ N, 9° 7′ 20,7″ O |
Höhe | 460,7 m ü. NHN |
Vorhergehend | Kleinkastell Zwing (nordwestlich) |
Anschließend | ORL 51 Kastell Schloßau (südöstlich) |
Das Kleinkastell Seitzenbuche war ein römisches Grenzkastell an der älteren Odenwaldlinie des Neckar-Odenwald-Limes. Es wurde zur Überwachung eines Passweges errichtet und ist heute ein Bodendenkmal in Baden-Württemberg.
Lage
Das Kleinkastell lag im spitzen Winkel zwischen den Straßen nach Schloßau und Kailbach. Es wurde wie das Kleinkastell Zwing zur Überwachung des Passweges erbaut, der an der kürzesten Verbindung zwischen Main und Neckar lag.[1]
Das heutige Bodendenkmal befindet sich auf dem Heidenberg (460,7 m ü. NN) an der Kreuzung der Kreisstraße 3919 von Hesselbach (seit 2018 ein Ortsteil der Stadt Oberzent im Odenwaldkreis) nach Schloßau (ein Ortsteil der Gemeinde Mudau im Neckar-Odenwald-Kreis) sowie der sogenannten Siegfriedstraße (Landesstraße 2311), die Ernsttal (zu Mudau gehörig) mit Kailbach (zu Oberzent) verbindet.
- ORL A 05.10 tab 09 pic 01b W 36-37 + KK Seitzenbuche Lage.jpg
Topografische Situation des Kleinkastells nach ORL
- ORL A 05.10 tab 11 pic 01 Wp 37 Lage.jpg
Situation am Wp 10/37 (um 1895), einem der ungewöhnlichsten und fundintensivsten Wachtpostenpunkte am Odenwaldlimes
Kleinkastell
Frühe Forschungen an dem Kastell fanden bereits im 19. Jahrhundert unter Johann Friedrich Knapp statt. Grabungen der Reichs-Limeskommission erbrachten ein Kastell von 20 × 20 m, das dem Befund vom benachbarten Kleinkastell Zwing ähnelte. Nachgewiesen wurde auch ein 2,30 m breites Tor mit rechteckig nach innen umbiegenden Torwangen und einer Schwelle. Ein von Knapp erwähnter Graben konnte nicht mehr nachgewiesen werden. Über die stationierte Einheit ist nichts bekannt.
Das Kastell war bereits früh stark zerstört, heute sind nur noch wenige Untiefen im Wald sowie Gesimssteine der Kastellmauer zu sehen. Am gegenüberliegenden Parkplatz befindet sich eine Erläuterungstafel.
Limesverlauf vom Kleinkastell Seitzenbuche bis zum Kastell Schloßau
Der Limes verläuft im Bereich der Passhöhe und des Kastells von WNW nach OSO und ändert erst beim Kastell Schloßau wieder seine Richtung. Östlich des Kastells verläuft er leicht hangaufwärts und erreicht seinen höchsten Punkt oberhalb von Schloßau im Bereich des Wp 10/38.
ORL[A 1] | Name/Ort | Beschreibung/Zustand | ||||||
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KK[A 2] | Kleinkastell Seitzenbuche | siehe oben | ||||||
Wp 10/37[A 3] | „In der Schneidershecke“ |
Wp 10/37 ist unter allen Limestürmen einer der ungewöhnlichsten Befunde und gibt der Wissenschaft bis heute Rätsel auf. Das erstmals von dem Landgerichts-Assessor und Ortshistoriker Andreas Debon erwähnte Areal, wurde im Mai 1884 durch den Limespionier Wilhelm Conrady (1829–1903) und den Leiter der Großherzoglichen Altertümersammlung, Ernst Wagner (1832–1920), ergraben. Ihre Untersuchungen setzte der Oberförster Langer aus Schloßau fort. Gefunden wurde eine Holzturmstelle mit einem Gesamtdurchmesser von 20 m sowie zwei Steinturmstellen. Beide Steinturmfundamente sind rekonstruiert. Der westlich gelegene hat mit 6 × 6 m gewöhnliche Ausmaße. Ungewöhnlich am östlich gelegenen, 6,60 × 6,60 m großen Turm ist eine an die Nordseite später angefügte Treppe. Eine Weihinschrift[2] an Jupiter befand sich in die Freitreppe eingemauert. Sie wurde gesetzt für die Einlösung eines Gelübdes für die Fertigstellung des burgus und bezieht sich wahrscheinlich auf den westlichen Turm.
Vor dem westlichen Turm befindet sich heute eine Nachbildung der Inschrift. Wandverputz und Reste einer kräftigen Bemalungen mit roter, gelber und grüner Farbe fanden sich im Schutt des östlichen Turmes und dürften aus dem Inneren stammen. Besonders bedeutsam ist aber der von Langer gemachte Fund von drei nicht ganz lebensgroßen (über einen Meter) kopflosen Götterstatuen aus rotem Sandstein. Sie befinden sich heute mit der Originalinschrift im Römermuseum Osterburken, Kopien sind seit 2009 auch vor Ort aufgestellt. Dargestellt sind Victoria, Mars und Salus in recht guter Qualität einer einheimischen Werkstatt. Die Zusammenstellung der Gottheiten (Siegesgöttin, Kriegsgott und Göttin der Gesundheit und des Wohlbefindens) lassen zusammen mit der Zweckentfremdung des Turms an ein kriegerisches Ereignis denken, doch dürften die Götter bei Soldaten auch insgesamt sehr beliebt gewesen sein. Keilförmige Steinfunde legen nahe, dass die Statuengruppe in einer bogenförmigen Nische aufgestellt war. Am Turm fanden sich ebenfalls die einzigen Belege für eine Ziegelbedachung einer Turmstelle am Odenwaldlimes. Einen Hinweis auf die Datierung liefert ein Bruchstück des Schildes der Victoria, das im Kastell Oberscheidental gefunden wurde. Zusammen mit der Bauinschrift bestätigt das eine Datierung des Heiligtums vor dem Abzug der cohors I Sequanorum et Rauracorum nach Miltenberg um 159 n. Chr. Eine neue Bearbeitung geht davon aus, dass das Schwert der Mars-Statue und der dazugehörige Schwertriemenhalter an das Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr. datieren, weil es Kastellfunden aus dieser Zeit entspricht. Deshalb kommen auch kriegerische Ereignisse im Zusammenhang mit dem Alamannenfeldzug des Kaisers Caracalla (213 n. Chr.) als Anlass für die Errichtung des Heiligtums in Frage.[3] Der heutige konservierte und teilrekonstruierte Zustand des Heiligtums entstand im Zuge der ersten Vermessung vom März 1893. Dabei wurde auch eine Ecke über den eigentlichen Erhaltungszustand hinaus wiedererrichtet. Original erhalten war der abgeschrägte Sockelgurt. Da sich im Schutt noch weitere überzählige schräg zurückspringende Gurtsteine fanden, wurde aus ihnen nach mehreren Steinlagen eine zweite Stufung des Turmes rekonstruiert.[4]
Unklar ist trotzdem weiterhin die zeitliche Stellung der Steintürme zueinander. Es gibt auch Überlegungen, ob der östliche Turm gar nicht als Limesturm in Betrieb war oder von der Kohorte als Baumuster für die numeri brittonum am Odenwaldlimes diente. | ||||||
Wp 10/38 | „Am Rotkreuz“ | Von der Turmstelle in der Nähe des östlichen Waldrandes ist außer wenigen herumliegenden Sandsteinen nichts mehr zu erkennen. Schon die Reichs-Limeskommission fand vom ursprünglichen Fundament- und Mauerwerk nur noch die Ausbruchspuren vor.[5] | ||||||
ORL 51 | Kastell Schloßau | siehe Hauptartikel Kastell Schloßau |
Denkmalschutz
Das Kleinkastell Seitzenbuche und die erwähnten Bodendenkmale sind geschützt als Kulturdenkmale nach dem Denkmalschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg (DSchG). Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind genehmigungspflichtig, Zufallsfunde an die Denkmalbehörden zu melden.
Siehe auch
- Liste der Kastelle am Obergermanisch-Raetischen Limes
Literatur
- Dietwulf Baatz: Zum Heiligtum am Wachtposten 10/37 Schneidershecke. In Ders.: Kastell Hesselbach und andere Forschungen am Odenwaldlimes. Gebr. Mann, Berlin 1973, ISBN 3-7861-1059-X, (Limesforschungen, Band 12), S. 135–142.
- Dietwulf Baatz: Der Römische Limes. Archäologische Ausflüge zwischen Rhein und Donau. Gebr. Mann, Berlin 2000, ISBN 3-7861-2347-0
- Ernst Fabricius, Felix Hettner, Oscar von Sarwey: Der obergermanisch-raetische Limes des Roemerreiches: Abteilung A, Band 5, (1926, 1935)
- Christian Fleer: Typisierung und Funktion der Kleinbauten am Limes. In: Egon Schallmayer (Hrsg.): Limes Imperii Romani. Beiträge zum Fachkolloquium „Weltkulturerbe Limes“ November 2001 in Lich-Arnsburg. Bad Homburg v. d. H. 2004, ISBN 3-931267-05-9, S. 75–92 (Saalburg-Schriften 6).
- Gerhard Hoffmann: Odenwaldlimes im Neckar-Odenwaldkreis. In: Philipp Filtzinger (Hrsg.): Die Römer in Baden-Württemberg. 3. Aufl., Theiss, Stuttgart 1986, S. 363–365
- Dieter Planck (Hrsg.): Die Römer in Baden-Württemberg : Römerstätten und Museen von Aalen bis Zwiefalten. Theiss, Stuttgart 2005, ISBN 3-8062-1555-3, S. 187f.
- Egon Schallmayer: Der Odenwaldlimes. Entlang der römischen Grenze zwischen Main und Neckar. Theiss, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-8062-2309-5, S. 112–115.
- Egon Schallmayer: Der Odenwaldlimes. Neueste Forschungsergebnisse. Beiträge zum wissenschaftlichen Kolloquium am 19. März 2010 in Michelstadt. Saalburgmuseum, Bad Homburg 2012, ISBN 978-3-931267-07-0 (Saalburg-Schriften, 8)
- Jörg Scheuerbrandt: Wp 10/37 „In der Schneidershecke“. Wachturm und Tempel. In: Ders. et al.: Die Römer auf dem Gebiet des Neckar-Odenwald-Kreises. Grenzzone des Imperium Romanum. Herausgegeben vom Kreisarchiv des Neckar-Odenwald-Kreises. verlag regionalkultur, Ubstadt-Weiher 2009, ISBN 978-3-89735-524-8, (Beiträge zur Geschichte des Neckar-Odenwald-Kreises, 3), S. 77ff.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Schallmayer 1984 S. 103.
- ↑ CIL 13, 6509 ([1]).
- ↑ Egon Schallmayer: Der Odenwaldlimes. Entlang der römischen Grenze zwischen Main und Neckar. Theiss, Stuttgart 2010, S. 114.
- ↑ Ernst Fabricius, Felix Hettner, Oscar von Sarwey (Hrsg.): Der obergermanisch-raetische Limes des Roemerreiches, Abteilung A, Band 5: Strecke 10 (Der Odenwaldlimes von Wörth am Main bis Wimpfen am Neckar), 1926, S. 81.
- ↑ ORL A 5, S. 93.
Anmerkungen
- ↑ ORL = Nummerierung der Limesbauwerke gemäß der Publikation der Reichs-Limeskommission zum Obergermanisch-Rätischen-Limes
- ↑ KK = nicht nummeriertes Klein-Kastell
- ↑ Wp = Wachposten, Wachturm. Die Ziffer vor dem Schrägstrich bezeichnet den Limesabschnitt, die Ziffer hinter dem Schrägstrich in fortlaufender Nummerierung den jeweiligen Wachturm.