Ithier von Saint-Martin

Ithier († zwischen Februar 791 und Mai/Juli 796 wohl in Tours, lat. Itherius, auch Hitier, oder Hithier, lat. Hitherius) war der letzte Kanzler Pippins des Jüngeren und der erste Kanzler Karls des Großen, sowie ab 775 Abt von Saint-Martin de Tours.

Leben

Ithier stammt aus Aquitanien, vermutlich mit westgotischen Vorfahren.[1]

Er war Kanzleibeamter bei Pippin zumindest seit Juni 760. Er folgte Badilon als Leiter der Kanzlei[2], als dieser 766 Abt von Saint-Savin wurde.[3] Nach Pippins Tod 768 wurde er von Karl dem Großen im Amt bestätigt und behielt es zumindest bis zum 9. Juni 776 (Datum der letzten gesicherten Urkunde), sicher aber bis zum Januar 777. Er wurde von Radon abgelöst.[4]

770 wurde er gemeinsam mit Beornrad, dem späteren Abt von Echternach und Erzbischof von Sens, zu Papst Stephan III. gesandt,[5] 774 begleitete er Karl den Großen nach Rom.[6] Auch 781 – also nach seinem Amt als Kanzler – begleitete er Karl den Großen nach Rom und nahm hier mit Maginarius, dem königlichen Kaplan und seit 784 Nachfolger Fulrads als Abt von Saint-Denis, an den Verhandlungen teil, die dem Kirchenstaat die Annexion der Sabina ermöglichten.[7] Im Jahr 785 waren Ithier und Maginarius wieder in Rom, um mit Papst Hadrian I. abzustimmen, wie mit den gerade besiegten Sachsen umgegangen werden solle.

Als Abt von Saint-Martin in Tours wird er erstmals in einer Urkunde Karls vom 10. Mai 775 erwähnt; er war der Nachfolger von Abt Vulfard. Am 7. Februar 791 gründete er in Cormery eine Niederlassung seiner Abtei, die Celle Saint-Paul,[8] die er Saint-Martin auch unterstellte.[9] Sein Nachfolger Alkuin erhob die Gründung zu einem Benediktinerkloster unter dem Namen Saint-Paul de Cormery.

Ithiers Sterbedatum ist nicht bekannt, lediglich dass Karl der Große zwischen Mai und Juli 796 Alkuin die Leitung der Abtei Saint-Martin in Tours übertrug.

Literatur

  • Annick Chupin: Ithier, abbé de Saint-Martin et fondateur du monastère Saint-Paul de Cormery. In: Bulletin de la société des amis du pays lochois, 1993, S. 2219.

Anmerkungen

  1. Chupin, 1993, S. 221 und S. 225 Fußnote
  2. Die Begriffe waren damals noch nicht üblich, die Funktionen entsprechen aber einander.
  3. Chupin, 1993, S. 221
  4. Robert-Henri Bautier: La chancellerie et les actes royaux dans les royaumes carolingiens. Bibliothèque de l’École des chartes 142, 1984, S 5–80, v. a. S. 10
  5. In einem Brief an Bertrada die Jüngere und ihren Sohn Karl drückt Stephan III. seine volle Zufriedenheit mit Ithiers Handeln aus, nennt ihn „vir religiosus“ und „sollertissimus“, nachdem er dem Papst zugestanden hatte, seine Herrschaft über Benevent auszudehnen (Étienne Delaruelle: Charlemagne, Carloman, Didier et la politique du mariage franco-lombard. In: Revue historique Nr. 170, 1932, S. 213–224, v. a. S. 217)
  6. In derVita Hadriani wird er dazu als königlicher Kaplan und Notar bezeichnet (Louis Duchesne: Vie du pape Adrien Ier. Paris 1886, § 41)
  7. Louis Duchesne: Le premiers temps de l’État pontifical (754–1073) Paris 1911, S. 158
  8. Jean-Louis Chalmel: Tablettes chronologique de l’histoire civile ecclésiastique de Touraine suivi de mélanges historique relatifs à la même province. Tours 1818, S. 39–40
  9. Chupin, 1993, S. 223

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