Dea Dia

Dea Dia galt im römischen Reich als Göttin des Wachstums und wurde von den Fratres Arvales („Arvalbrüder“) verehrt.

Vor allem im 19. Jahrhundert wurde Dea Dia mit Ceres (manchmal auch Tellus, Ops oder Acca Larentia, manchmal sogar Diana und Hebe) gleichgesetzt. Diese Gleichsetzungen werden heute abgelehnt und die Dea Dia als eine Lokalgottheit betrachtet.

Fest

Das dreitägige Fest der Dea Dia war ein zeitlich bewegliches Fest. Es fand meistens im Mai, selten auch Anfang Juni statt. Der Kult reicht bis in die römische Frühzeit zurück und wurde unter Augustus grundlegend reformiert. Ihr Tempel, der lucus, lag außerhalb Roms in einem Wäldchen an der Via Campana am rechtsseitigen Tiberufer zwischen dem fünften und sechsten Meilenstein. Die Verwendung von Eisen war bei den Kulthandlungen verboten. Bei diesen wurden Togen mit Purpursaum getragen.

Der erste Tag des dreitägigen Festes galt der Vorbereitung, erst am zweiten Tag wurden die eigentlichen Kulthandlungen durchgeführt. Der Vorstand der Arvalbrüder opferte, ohne die anderen Mitglieder, zwei Ferkel und eine weiße Kuh. Im Anschluss kam das mit allen Mitgliedern durchgeführte Hauptopfer eines fetten Schafes. Darauf folgten Zeremonien mit Weihrauch- und Weinopfern, das Berühren von geweihten Ähren, das Verteilen von lorbeerbekränztem Brot und das Hinabwerfen von Töpfen aus dem Tempeleingang. Danach folgte ein Tanz zu einem uralten Lied, dessen Sinn und Inhalt schon in republikanischer Zeit unverständlich waren. Im Anschluss folgten eine Mahlzeit, Wagen- und Pferderennen im haineigenen Circus, die Bewirtung der Mitglieder im Haus des Vorstandes sowie ein Opfermahl beim Vorstand und eine Wunschformel für den Kaiser am dritten Tag.

Überlieferung

Interessant an Dea Dia ist, dass sie in der antiken römischen Literatur bis auf eine einzige Ausnahme nie erwähnt wird. Nur bei Varro werden öffentliche Opfer der Arvalbrüder erwähnt.[1]

Dennoch sind über den Kultus der Dea Dia mehr Einzelheiten als über den einer anderen Gottheit bekannt. Diese Informationen stammen aus dem Archiv der Priesterschaft der Arvalbrüder, aufgezeichnet auf Tafeln, die man ab 1570 im Stylobates des Tempels der Dea Dia fand. Weitere Funde folgten 1699, 1866 und bei planmäßigen Ausgrabungen 1871. Hinzu kamen Streufunde aus dem römischen Stadtgebiet (Esquilin, Aventin, Vatikan). Die Resultate wurden in chronologischer Form von Wilhelm Henzen 1874 publiziert.

Literatur

  • Theodor Birt: Dea Dia. In: Wilhelm Heinrich Roscher (Hrsg.): Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Band 1,1, Leipzig 1886, Sp. 964–975 (Digitalisat).
  • Wilhelm Henzen: Acta Fratrum Arvalium quae supersunt. Reimer, Berlin 1874. Neuausgabe: de Gruyter, Berlin 1967
  • John Scheid: Dea Dia. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 3, Metzler, Stuttgart 1997, ISBN 3-476-01473-8, Sp. 340.
  • Robert Schilling: Rites, cultes, dieux de Rome. Klincksieck, Paris 1979, ISBN 2-252-01976-X, S. 366–370
  • Georg Wissowa: Dea Dia. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band IV,2, Stuttgart 1901, Sp. 2236.

Einzelnachweise

  1. Varro De lingua latina 5,85

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