Australopithecus (Paranthropus) robustus


Australopithecus robustus ist nach Australopithecus boisei der zweite südafrikanische "Affenmensch". Seine Überreste wurden in Ablagerungen der berühmten Höhlen von Swartkrans und Kromdraii entdeckt und sind schätzungsweise ein bis zwei Millionen Jahre alt. Es gibt paläontologische Hinweise aus der dortigen Tierwelt, dass Australopithecus robustus in einer trockeneren, offeneren Umwelt als der frühere Australopithecus africanus lebte. Australopithecus robustus war wahrscheinlich ähnlich groß und zeigte in Bezug auf die Körpergröße einen großen Geschlechtsdimorphismus.

Anatomie

Australopithecus robustus hatte einen ähnlichen Körperbau wie Australopithecus africanus, war aber mit einem größeren und robusteren Schädel, sowie robusteren Zähnen ausgestattet. Er lebte im Zeitraum vor 1,9 bis 1,0 Millionen Jahre. Das massive Gesicht war flach und hatte kaum eine Stirn, die aber war mit großen Überaugenwülsten versehen. Australopithecus robustus hatte relativ kleine Vorderzähne, aber massive Mahlzähne, die in einem großen Unterkiefer Platz fanden. Die meisten Exemplare haben sagittale Kämme auf der Oberseite des Schädels, an denen die kräftigen Kaumuskeln befestigt waren. Seine Kost könnte daher überwiegend aus grober, hart-faseriger Nahrung bestanden haben, die viel Kauen erforderte.

Die durchschnittliche Größe des Gehirns liegt bei ca. 530 cm³. Knochen, die zusammen mit Skeletten von A. robustus ausgegraben wurden, deuten darauf hin, dass sie vielleicht als Grabstöcke verwendet wurden.

Zähne

Australopithecus robustus hatte im Vergleich zu früheren Arten kleinere Schneide- und Eckzähne, sowie größere Backenzähne mit dickerem Zahnschmelz und einen dickeren Unterkiefer. Neben diesen Unterschieden in der Zahnmorphologie erkennt man unter dem Mikroskop Unterschiede in der Abnutzung der Zähne. Individuen von Australopithecus robustus hatten flachere Zähne, die hauptsächlich als "Mahlsteine" zur Zerkleinerung von grober Nahrung dienten und kaum eine Scherfunktion aufweisen. Ihre Zähne sind stärker verkratzt und narbiger als beim früheren Australopithecus africanus, was darauf hindeutet, dass ihre Pflanzenkost härter war und vielleicht aus kleineren Objekten bestand (Grine, 1981, 1986).

Der Schädel von Australopithecus robustus hat ein kürzeres, breiteres Gesicht mit tieferen Jochbögen und eine größere Schläfengrube als der von Australopithecus africanus. Die größeren Individuen, vermutlich Männer, haben Sagittal- und Nackenkämme. Wie die Unterschiede im Gebiss scheinen auch die Unterschiede in der Schädelanatomie im Vergleich zu A. africanus auf kraftvolleren Kaubewegungen zu beruhen.

Skelett

Die Unterschiede im Skelett zwischen Australopithecus robustus und A. africanus sind schwieriger zu beurteilen, weil das Skelett der großen Art wenig bekannt ist. Eine Studie deutet darauf hin, dass Hände und Füße von Australopithecus robustus menschenähnlicher waren, als beispielsweise die Hände und Füße von Australopithecus afarensis. Die Handknochen zeigen Hinweise auf gute manipulative Fähigkeiten, was bedeuten könnte, dass Australopithecus robustus in der Lage war, Werkzeuge herzustellen (Susman, 1988). Die Fußknochen zeigen, dass er aufrecht ging und sich möglicherweise weniger als Australopithecus afarensis in den Bäumen aufhielt.

Die morpologischen Unterschiede zwischen dem älteren A. africanus und dem zeitlich späteren Australopithecus robustus zeigen unterschiedliche Anpassungen an die Ernährung, und nicht einfach nur Unterschiede in der Körpergröße, wie man es sonst bei Primaten mit ähnlichen Gewohnheiten beobachtet. Mit Blick auf die Zähne und die Schädelknochen war die größere Art an eine härtere Kost angepasst, die in Zusammenhang mit einer trockeneren Umwelt steht. Australopithecus robustus starb vor etwa einer Million Jahre aus.

Historisches

Die Art Australopithecus robustus wurde erstmals von Dr. Robert Broom benannt, der die Angewohnheit hatte, von Zeit zu Zeit Versteinerungen von einem Arbeiter eines Kalksteinbruchs zu kaufen. An einem bestimmten Tag, es war der 8. Juni 1938, erwarb er ein Oberkieferfragment mit einem ersten Molar. Die Form und die Größe des Molaren überzeugten Broom, dass es sich dabei um eine andere Art als Australopithecus africanus handelten musste. Nach weiteren Recherchen fand er heraus, dass das Fundstück von einem Jungen namens Gert Terblanche geborgen wurde, der Sonntags als Touristenführer in den nahegelegenen Kalksteinhöhlen arbeitete. Broom machte sich auf die Suche nach dem Jungen und fand ihn beim Unterricht in seiner Schule. Broom zeigte ihm das Stück und daraufhin führte ihn Gert zu dem Fundort, einer Höhle namens Kroomdrai. Broom fand dort weitere Schädel- und Unterkieferfragmente, die mit dem Fundstück des Jungen verbunden werden konnten. Dieser Teilschädel mit der Inventarnummer TM 1517 wurde zum Typusexemplar für die Art Australopithecus robustus.

Broom verbrachte einige Zeit damit, eine Monographie über die Australopithecinen zu erarbeiten, die schließlich 1946 veröffentlicht wurde. Diese Monographie schloss die Beschreibung von TM 1517 ein und brachte eine Wende im Ansehen der Australopithecinen in den Augen der wissenschaftlichen Welt. Brooms Arbeit erhielt den U.S. National Academy of Sciences Award für das wichtigste Biologiebuch des Jahres. Broom erreichte es - nicht zuletzt durch die öffentliche Anerkennung des einflussreichen Wissenschaftlers Wilfrid Le Gros Clark der südafrikanischen Australopithecinen als Homininen - dass sie als menschliche Vorfahren akzeptiert wurden und nicht einfach als Affen abgetan wurden.

Eine andere wichtige Entdeckung Brooms war der Fund mit der Katalognummer SK 6, bei dem es sich um einen Teil eines Unterkiefers und einige Zähne handelt. Aufgrund dieses Fundes benannte er die neue Art Paranthropus crassidens. Heute ist das Fundstück allgemein als A. robustus anerkannt, obwohl SK6 auch als Typusexemplar wegen dieser unterschiedlichen Artkennzeichnung gilt. Eins der kompletteren Fundstücke eines A. robustus ist SK 48, ein ziemlich vollständiges Cranium, das vermutlich einem weiblichen Individuum gehörte. SK48 gab - wegen seiner Vollständigkeit - viele Informationen über die Schädeleigenschaften der robusten Australopithecinen preis.

Literatur

Grine, F. 1981. Trophic differences between "gracile" and "robust" australopithecines: a scanning electron microscope analysis of occlusal events. South African Journal of Science 77:203-230

Grine, F. 1986. Dental evidence for dietary differences in Australopithecus: A quantitative analysis of permanen molar microwear. Jounal of Human Evolution 15:783-822

Susman, R. 1988. Hand of Paranthropus robustus from Member 1, Swartkrans: fossil evidence for tool behavior. Science, 240, 781-784

Tattersall, Ian, Schwartz, Jeffery (2000). Extinct Humans. Westview Press, Boulder CO.

Johanson, D., und B. Edgar. 2000, Lucy und ihre Kinder. Spektrum akad. Verlag ISBN: 3-8274-1049-5



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