Die Höhle von Moula-Guercy liegt 80 Meter über dem heutigen Flussbett der Rhône und wurde vor ungefähr 100.000 Jahren von Neandertalern bewohnt.
Ausgrabungen seit 1991 haben zahlreiche paläontologische, paläobotanische und archäologische Stücke ans Licht gebracht, darunter Knochen von sechs Neandertalern. Die Überreste stammen aus der gleichen stratigraphischen Schicht wie die Steinwerkzeuge und die Faunenreste.
Kannibalismus?
Der Schluß auf Kannibalismus bei der Fundstelle Moula-Guercy beruht auf vergleichenden Analysen der Menschen- und Huftierknochen, auf deren räumlicher Verteilung und nicht zuletzt auf den Bearbeitungsspuren durch Steinwerkzeuge (Defleur et al. 1999).
Die Schädel waren eingeschlagen und die Gliedmaßen vom Körper abgetrennt, vermutlich um an das nahrhafte Gehirn und das Knochenmark zu gelangen. Ohne Bearbeitungsspuren waren hingegen die Hand- und Fußknochen, die kein Mark enthalten. Die Schnitte deuten an, dass beim Entfernen der Gliedmaßen die Sehnen durchtrennt wurden. Auf den Knochen wurden keine Nagespuren gefunden, was die Möglichkeit ausschließt, dass die Neandertaler Opfer von wilden Tieren, etwa Raubkatzen, wurden. Verstreut unter den menschlichen Überresten fand man Knochen von Rotwild, die in der gleichen Weise bearbeitet wurden.
Literatur
- Wood, B. (Ed.) 2011. Wiley-Blackwell Encyclopedia of Human Evolution, 2 Volume Set: Wiley-Blackwell
- Alban Defleur, Tim White, Patricia Valensi, Ludovic Slimak, Évelyne Crégut-Bonnoure. 1999. Neanderthal Cannibalism at Moula-Guercy, Ardèche, France. Science 286:(5437), pp. 128-131
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