Lomekwi ist ein Fundgebiet am Westufer des Turkanasees in Kenia. Unter anderem stammt aus diesem Fundgebiet der Kenyanthropus platyops.
Im Juli 2011 war ein Team von Archäologen, angeführt von Sonia Harmand von der Stony Brook University, auf dem Weg zu einer bereits bekannten Fundstelle in der Gegend, um nach Fossilien von Kenyanthropus platyops zu suchen. Die Gruppe bog auf ihrem Weg falsch ab und landete in einem bisher unerforschten Gebiet. Sie beschlossen, sich einen schnellen Überblick zu verschaffen und fanden schnell ein paar Steinartefakte an einer Stelle , die sie Lomekwi 3 nannten. Ein Jahr später kehrten sie zurück, um die Stelle genau zu untersuchen.
Schließlich konnte man rund 20 gut erhaltene Artefakte einschließlich Ambosse, Kerne und Abschläge ausgraben. Zusätzliche 130 Artefakte wurden auf der Oberfläche gefunden. In einem Fall war das Team sogar in der Lage, einen Abschlag dem zugehörigen Kern zuzuordnen, was darauf hindeutet, dass ein Hominine die Arbeit zwar begonnen, aber dann nicht fortgeführt hat. Die Werkzeuge waren in der Regel sehr groß - größer als die bisher ältesten bekannte Steinwerkzeuge, die im Jahr 1992 in der Nähe von Gona in der Afar-Region von Äthiopien gefunden wurden. Laut Teamleiterin Harmand schien es, dass die Werkzeugmacher absichtlich große, schwere Blöcke ausgewählt haben und kleinere Blöcke aus dem gleichen Material in der Umgebung ignoriert haben. Harmand schloß die Möglichkeit aus, dass es sich bei den Werkzeugen nur um natürliche Felsbrocken handelt und sagte: "Die Artefakte wurden deutlich bearbeitet und sind nicht das Ergebnis eines zufälligen Bruchs der Steine". Die Analyse deutet darauf hin, dass von den Kernen, während während sie gedreht wurden, Splitter abgeschlagen wurden. Der Zweck der Werkzeuge bei Lomekwi 3 ist unklar, da fossile Tierknochen, die ebenfalls an der Stelle gefunden wurden, keine Anzeichen von Bearbeitung durch Homininen tragen.
WER WAR DER WERKZEUGMACHER?
Die Forscher wissen nicht, wer diese ältesten Werkzeuge hergestellt hat. Aber andere Funde deuten auf einen möglichen Kanditaten hin: Kenyanthropus platytops, dessen 3,3 Millionen Jahre alter Schädel im Jahr 1999 etwa einen Kilometer von der Fundstelle der Werkzeuge entfernt gefunden wurde (Lomekwi, Lokalität LO-6N). Ein Zahn, ebenfalls von K. platyops, und ein Schädelknochen wurden ein paar hundert Meter entfernt entdeckt, sowie ein bis jetzt noch nicht identifizierter Zahn etwa 100 Meter entfernt.
Das Alter der Werkzeuge
Basierend auf der stratigraphischen Position der eingebetteten Artefakte (in ungestörten Sedimenten) relativ zu zwei Schichten aus Vulkanasche und bekannten paläomagnetischen Gegebenheiten, datiert Harmand die Werkzeuge auf ein Alter von 3,3 Millionen Jahre. Wenn die Datierung stimmt, wären dies die ältesten Steinwerkzeuge, die jemals entdeckt wurden - 700.000 Jahre älter als die Funde von Gona und 500.000 Jahre älter als die ältesten bekannten Fossilien der Gattung Homo. Dies würde bedeuten, dass die Fähigkeit Werkzeuge herzustellen bereits Australopithecus oder Kenyantropus hatte, dessen Überreste in der Nähe von Lomekwi 3 gefunden wurden. Bisherige Beweise für den Steinwerkzeuggebrauch von Australopithecus beschränken sich auf Tierknochen, die mit Schnittspuren versehen sind und die heftig diskutiert wurden, ohne einen wissenschaftlichen Konsens zu finden.
Harmand sagte, dass die Artefakte von der Stelle Lomekwi 3 nicht in die Oldowan-Tradition passen und schlug vor, dass sie einer neuen Werkzeugkultur zugeordnet werden sollten, die sie als "Lomekwian" bezeichnete. Es wurde vermutet, dass u.a. der Werkzeuggebrauch zur Entstehung der Gattung Homo geführt hat. Es ist jedoch unklar, ob die Werkzeuge aus Lomekwi mit von Homo hergestellten Werkzeugen technologisch in Verbindung stehen - es ist möglich, dass die Technologie vergessen und später wiederentdeckt wurde.
Unabhängige Forscher, die die Werkzeuge gesehen haben, sind mit Harmands Schlussfolgerungen generell einverstanden. Die Antropologien Alison Brooks von der George Washington University sagte, die Werkzeuge "können nicht durch natürliche Kräfte entstanden sein ... die Dating ist ebenfalls recht solide." Rick Potts, Leiter des Human Origins Program am Smithsonian Institut, sagte, die Werkzeuge repräsentierten einen primitiveren Stil als von Menschen hergestellte Werkzeuge, seien aber etwas anspruchsvoller als das, was moderne Schimpansen tun. "Es gibt keinen Zweifel, es handelt sich um zielgerichtete Werkzeugherstellung", bemerkte er. Der Paläoanthropologe Zeresenay Alemseged, der eindeutige, etwa 3,4 Millionen Jahre alte Schnitt- und Schlagspuren auf Tierknochen aus Dikika, Äthiopien, untersuchte, schlägt vor, dass Australopithecus die Werkzeuge herstellte und unterstützt damit ebenfalls Harmands Schlußfolgerungen.
Literatur
- Sonia Harmand, Jason E. Lewis, Craig S. Feibel, Christopher J. Lepre, Sandrine Prat, Arnaud Lenoble, Xavier Boës, Rhonda L. Quinn, Michel Brenet, Adrian Arroyo, Nicholas Taylor, Sophie Clément, Guillaume Daver, Jean-Philip Brugal, Louise Leakey, Richard A. Mortlock, James D. Wright, Sammy Lokorodi, Christopher Kirwa, Dennis V. Kent, Hélène Roche. 2015. 3.3-million-year-old stone tools from Lomekwi 3, West Turkana, Kenya. Nature, 2015; 521 (7552): 310 DOI: 10.1038/nature14464
- Shannon P. McPherron, Zeresenay Alemseged, Curtis W. Marean, Jonathan G. Wynn, Denné Reed, Denis Geraads, René Bobe & Hamdallah A. Béarat. 2010. Evidence for stone-tool-assisted consumption of animal tissues before 3.39 million years ago at Dikika, Ethiopia. Nature 466, 857-860 DOI: 10.1038/nature09248
- Michael Balter (April 14, 2015). "World’s oldest stone tools discovered in Kenya". Science.
- Die Evolution des Menschen: Bislang älteste Steinwerkzeuge gefunden, News vom 22.05.2015
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