Zurvan
Zurvan (auch Zervan) ist der Schöpfergott in der zurvanistischen Sonderform des Zoroastrismus. Als Personifikation von Zeit und Ewigkeit galt er dort als Vater des Ahura Mazda und seines Widersachers Angra Mainyu.
Der Name entspricht dem mittelpersischen zurwān (Zeit) und leitet sich vom avestischen zruvā (Stamm zruvan-) (Zeit) ab. Aufgrund von Inschriften mit den Konsonanten zrw(n) und zraovo wird vermutet, dass Zurvan auch bei den Sogden und Baktrern als Hochgott verehrt wurde.
Im 3. Jahrhundert wurde der Name ebenfalls von den Manichäern verwendet, bei denen Zurvan aber nur als mittelpersischer Name des Abbā dəRabbūṯā (aramäisch „Vater des Lichts“) fungierte.
Die in römischen Mithrasheiligtümern gefundenen Darstellungen eines Mannes mit Löwenkopf und Flügeln (manchmal auch als bärtiger Mann), um dessen Füße sich eine Schlange windet, wurden von Franz Cumont, dem bedeutenden Erforscher der Mithrasreligion, als Bildnisse des Zurvan gedeutet. Da die von Cumont vertretene Deutung durch weitgehende Entsprechungen mit altiranisch-zoroastrischen Mythen heute in Zweifel gezogen wird, bleibt unklar, ob es sich um Darstellungen Zurvans, des mit ihm synkretistisch vermengten Aion oder um es etwas völlig anderes handelt.
Literatur
- L. Brisson: La figure de Chronos dans la théogonie orphique. In: D. Tiffeneau (Hrsg.): Mythes et représentations de temps. 1985, S. 37–55.
- Richard L. Gordon: Zurvan. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 12/2, Metzler, Stuttgart 2002, ISBN 3-476-01487-8, Sp. 849–850.
- S. Shaked: The Myth of Zurvan. In: I. Gruenewald u. a. (Hrsg.): Messiah and Christos. 1992, S. 219–240.
- David Ulansey: Die Ursprünge des Mithraskultes. Theiss, Stuttgart 1998.
- Geo Widengren: Der Zervanismus. In: Iranische Geisteswelt von den Anfängen bis zum Islam. Holle, Baden-Baden 1961, (Lizenzausgabe für den Bertelsmann Lesering) S. 77–108, insbesondere S. 83 f. (Der Zeitgott und sein Mythos).
- Robert C. Zaehner: Zurvan : a Zoroastrian dilemma. Clarendon Press, Oxford 1955.