Sibylle von Cumae
Die Sibylle von Cumae oder Cumäische Sibylle ist eine der zehn von Varro genannten Sibyllen. Sie war der Überlieferung nach eine aus Babylon stammende Priesterin, die im 6. Jahrhundert v. Chr. dem Orakel von Cumae in der Nähe von Neapel vorsaß.
Für die Zeit um das Jahr 520 v. Chr. wird folgendes berichtet:
Die Priesterin besaß neun Bücher mit Prophezeiungen, die sog. Sibyllinischen Bücher, die sie dem römischen König Tarquinius Superbus zum Kauf anbot. Als der König dies wegen des geforderten horrenden Preises ablehnte, verbrannte sie drei der Bücher und bot den Rest zum gleichen Preis erneut an. Tarquinius lehnte abermals ab, sie verbrannte drei weitere Bücher und wiederholte ihr Angebot. Jetzt lenkte Tarquinius ein, erwarb die letzten drei Bücher zum vollen Preis und brachte sie anschließend in einem Gewölbe des Jupitertempels auf dem Kapitol unter. Die Geschichte wird erwähnt in Varros verlorenen Büchern, aus denen Lactantius in den {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value) (I: 6) und Origenes zitieren.
In der antiken Mythologie existiert eine Reihe von Sibyllen, aber die Bedeutung, die die Sibylle von Cumae in römischen Legenden spielt, machten sie zur bekanntesten, so dass im Allgemeinen die Sibylle von Cumae gemeint ist, wenn von der Sibylle gesprochen wird.
Unter anderem wird die Sibylle von Cumae erwähnt in den Werken Vergils (Eklogen und Aeneis) und Petrons (Satyricon), bei Maurus Servius Honoratius als Deiphobe; in nachantiker Literatur erscheint sie beispielsweise in Christine de Pizans {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value).
Ovid überliefert in seinen Metamorphosen[1] auch einen Verwandlungsmythos über die Sibylle von Cumae. Als Aeneas sie einst in ihrer Höhle aufsuchte, erzählte sie ihm, dass sie sich dem Gott Apollo verweigert, dieser ihr aber einen Wunsch freigestellt habe. Sie wünschte sich so viele Lebensjahre, wie Staubkörner in einem Häufchen Sand waren, vergaß aber, sich dazu ebensolange dauernde Jugendlichkeit zu wünschen. Damit hatte der Gott aber wohl gerechnet; denn er bot ihr an, auch dafür zu sorgen, wenn sie ihm zu Willen sei. Sie weigerte sich aber wieder, wurde nun immer älter und klagte, vom Alter gezeichnet, sie lebe schon siebenhundert Jahre, habe noch dreihundert vor sich und werde, allen unkenntlich geworden, nur noch als Stimme vorhanden sein.
Auf diese Geschichte spielt Trimalchio in Petrons Roman Satyricon an.[2] Er erzählt, dass er in seiner Jugend in Cumae[3] Jungen gesehen hat, welche die in einer Glasflasche hängende Sibylla fragten: „Σίβυλλα, τί θέλεις;“ (griechisch, „Sibylle, was willst du?“) – so wie damals Apollo gefragt hatte –, und sie antwortete: „ἀποθανεῖν θέλω“ („Sterben will ich“).
In der Kunst erscheint die Sibylle von Cumae auf dem Deckengemälde der Sixtinischen Kapelle von Michelangelo, im Chorgestühl des Ulmer Münsters, in der Capella Nuova im Dom von Orvieto, auf dem Genter Altar und in einem Mosaik des Doms von Siena mit dem Hinweis, Piso habe sie in seinen Annalen erwähnt. Der beigefügte lateinische Text lautet:
“Et mortis fatum finiet, trium dierum somno suscepto, tunc a mortuis regressus in lucem veniet primum resurrectionis initium ostendens”
„Des Todes Schicksal wird er beenden, einen Schlaf von drei Tagen nimmt er auf sich, dann wird er von den Toten zurückkehren und an das Licht kommen und so den Beginn der Auferstehung anzeigen.“
Quellen
- Vergil, Aeneis vi.268 ff
- Isidor von Sevilla, Etymologiae viii.8.5
- Servius, In Aeneida vi.72, 321
- Lactantius, Divinae institutiones i.6.10–11
- Ovid, Metamorphosen 14,130-153
- Solinus, Collectanea rerum memorabilium ii.16, 17, 18
- Titus Petronius Arbiter, Satyricon
Einzelnachweise
- ↑ Ovid, Metamorphosen 14,130-153
- ↑ Petron, Satyricon 48
- ↑ Es handelt sich hierbei möglicherweise nicht um das unteritalische Cumae, sondern um eine gleichnamige Stadt in Kleinasien, woher Trimalchio stammte; vergleiche: Petronio Arbitro, Satyricon, introduzione, traduzione e note di Andrea Aragosti, S. 242 f., Anmerkung 132. ISBN 88-17-17019-4.