Nablus

Nablus
نابلس
Nablus panorama.jpg
Verwaltung: Palastina Autonomiegebiete Palästinensische Autonomiegebiete
Gebiet: Westjordanland
Gouvernement: Nablus
Gegründet: 1995
Koordinaten: 32° 13′ N, 35° 16′ OKoordinaten: 32° 12′ 58″ N, 35° 15′ 58″ O
Fläche: 28,6 km²
 
Einwohner: 156.906 (2017)
Bevölkerungsdichte: 5.486 Einwohner je km²
 
Zeitzone: EET
 
Gemeindeart: Stadt
Bürgermeister: Adly Yaish
Webpräsenz:
Nablus (Palästinensische Autonomiegebiete)
Nablus

Nablus (arabisch نابلس, DMG {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value),[1] palästinensisch-arabisch Nāblis, Nāblus,[2] aus dem griechischen Neapolis ‚Neustadt‘, hebräisch שְׁכֶם Sch'chem, AHL Šĕḵem) ist eine Stadt in den palästinensischen Autonomiegebieten mit 156.906 Einwohnern[3] (Stand: 2017). Sie liegt zwischen zwei Bergen (arab.: Ibāl und Dschirzim, in der Bibel Ebal und Garizim). Das biblische Sichem (Dschabal an-Nār, ‚Feuerberg‘) und die römische Gründung Flavia Neapolis waren Vorgängersiedlungen an dieser Stelle.

Nablus ist Sitz der an-Najah-Nationaluniversität. Am Stadtrand von Nablus wird Josephs Grab von Juden, Muslimen und Christen verehrt.

Demographie

Im Distrikt Nablus einschließlich der Flüchtlingslager (Askar und Balata) und umliegenden Ortschaften leben 205.392 Einwohner. Im Distrikt Nablus befinden sich 14 israelische Siedlungen. 2014 wurde die Einwohnerzahl der Stadt Nablus vom Palästinensischen Zentralamt für Statistik mit 156.906 angegeben. Heute leben dort unter der muslimischen und christlichen Bevölkerung etwa 400 Angehörige des Volkes der Samaritaner.

Das Panorama der Stadt Nablus

Geschichte

Antike

Die Besiedlung des Tals zwischen den Bergen Garizim und Ebal (mit Nablus als heutigem Zentrum) begann im frühen 4. Jahrtausend v. Chr. Hier lag der aus dem Alten Testament bekannte Ort Sichem (bzw. Shechem). Er spielte eine bedeutende Rolle im Handelsverkehr zwischen dem Mittelmeer und dem Jordantal und fand in den Büchern des Alten Testaments mehrmals Erwähnung. Politisch lag Sichem zunächst auf ägyptischem Territorium, es hatte aber einen eigenen König. Als Folge einer Zerstörung Mitte des 12. Jahrhunderts v. Chr. blieb Sichem rund 100 Jahre lang verlassen. Nach der Befreiung von den Ägyptern machte Jerobeam I., von 926 bis 907 v. Chr. der erste König des Nordreichs Israel, Sichem zu seiner Hauptstadt. Unter der Herrschaft des israelitischen Königs Menachem (745–738 v. Chr.) wurde Sichem erneut zerstört, 724 v. Chr. fiel die Stadt den Assyrern in die Hände und blieb wiederum 150 Jahre lang unbewohnt.

In der Abfolge der sich ablösenden antiken Großmächte befand sich Nablus schließlich innerhalb der Grenzen des Babylonischen Reiches, danach im Reich der Perser. Nach dem Sieg Alexanders des Großen über Darius III. 333 v. Chr. bei Issos kam der gesamte Vordere Orient einschließlich Palästina unter griechische Herrschaft. Sichem war nun Teil einer Kolonie der Makedonier. Alexander unterstützte das Anliegen der Samaritaner, Sichem zu ihrem Zentrum auszubauen. 63 v. Chr. nahmen die Römer unter ihrem Feldherrn Pompejus Palästina ein und machten es zur römischen Provinz Judäa. Die förmliche Gründung des heutigen Nablus in der Nachbarschaft des alten Sichem geht auf den römischen Kaiser Vespasian im Jahre 72 zurück. Zu Ehren seines Vaters Flavius Vespanianus gab er der Stadt den Namen Flavia Neapolis. Römische Veteranen und andere Kolonisten ließen sich hier nieder. Im 2. Jahrhundert errichtete Kaiser Hadrian ein Amphitheater, dessen Reste noch heute zu sehen sind.

Mittelalter

Unter ʿUmar ibn al-Chattāb, dem zweiten Kalifen nach dem Ableben des Propheten Mohammeds, entstand in der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts im Nahen Osten eine neue muslimische Großmacht. Neapolis wurde zu Nablus – der arabischen Variante des bisherigen Namens.

Nablus entwickelte sich erneut zu einem blühenden Handelszentrum im Orient – eine Rolle, die die Stadt bis zum 20. Jahrhundert behauptete. Manche Historiker sprechen deshalb von Nablus als der „ungekrönten Königin Palästinas“. Unter den aufeinander folgenden Dynastien der Umayyaden, Abbasiden und Fatimiden lebten Muslime, Christen, Juden, Samaritaner und Perser in Nablus friedlich miteinander. Im 10. Jahrhundert bezeichnete der arabische Geograph al-Muqaddasī Nablus als „Klein-Damaskus“. 1099 unterstellte sich Nablus freiwillig den vorrückenden Heeren der Kreuzfahrer unter Tankred von Tarent. Die Stadt lag nun auf dem Territorium des christlichen Königreichs von Jerusalem und einige Kreuzfahrer ließen sich nieder. Im Verlauf der Intrigen um die Erbfolge des Königs Baldwin II. von Jerusalem verlegte die Königin Melisende, Baldwin II. Tochter, 1150 ihre Residenz nach Nablus. Die Herrschaft der christlichen Kreuzfahrer endete 1187 mit der Eroberung von Nablus durch den muslimischen Sultan Saladin.

Bei einem Erdbeben mit einer Stärke von womöglich 7,5 auf der Richterskala im Jahre 1202 wurde die Stadt zerstört, aber rasch wieder aufgebaut. 1260 übernahmen die Mamluken die Kontrolle über Nablus und stoppten den Vormarsch der Mongolen. 1517 gelangte Palästina als Teil der Provinz von Damaskus unter die Herrschaft des Osmanischen Reiches. Nablus war einer von sechs Distrikten Palästinas mit fünf Unterdistrikten. Die Grenzen entsprachen traditionellen Einzugsgebieten von jeweiligen Familien. Der Einfluss der fremden Staatsmacht in der Ferne blieb gering und die wirtschaftliche Bedeutung von Nablus blieb ungebrochen.

19. und 20. Jahrhundert

1856[4] gab es in Nablus einen Volksaufstand. Im 19 Jahrhundert führende Familien in Nablus waren die Tuqan[5] und die Abdel Hadi.[5] In Folge der Jungtürkischen Revolution 1908 gründeten lokale Postangestellte[6] eine örtliche Vertretung des Komitees für Einheit und Fortschritt.[6] In der zweiten osmanischen Verfassungsperiode wurde 1908 der islamische Geistliche Ahmad al-Khammash[6] ins osmanische Parlament gewählt. 1908 begannen Planungen für einen Anschluss von Nablus an die Hedschasbahn. Beim Eintritt des Osmanischen Reiches in den Ersten Weltkrieg waren die Schienen der Bahnstrecke Afula–Nablus schon bis kurz vor Nablus verlegt, die Bahn endeten dann 1915 im Bahnhof der Stadt. Der Sieg der Engländer am 19. September 1918 in der Schlacht bei Nablus führte zur baldigen Niederlage der Osmanen. Im Vertrag von Sèvres mit dem Osmanischen Reich vom 10. August 1920 wurde das britische Mandatsgebiet von „Palästina und Trans-Jordanien“ geschaffen, in dem nun auch Nablus lag.

Nablus war eine Hochburg[7] der von Raghib al-Naschaschibi angeführten Opposition gegen den Jerusalemer „Großmufti“ Mohammed Amin al-Husseini. In Nablus hatte auch die Ende 1935 von ʿAbd al-Latif Salah[7] gegründete gemäßigte Partei Nationaler Block[7] ihren Rückhalt. Von den zunehmenden Spannungen zwischen Arabern und Juden im Arabischen Aufstand 1936–1939 blieb Nablus nicht verschont. Der lokale Istiqlal[7] übernahm in dessen erster Phase die Streikführung, die jedoch bald von Husseinis Einheitsfront des Arabischen Hohen Komitees beansprucht wurde.[7] Mitte Juni[7] 1936 war Nablus wieder in der Hand der Briten. 1937 entging der Bürgermeister von Nablus knapp einem Attentat. Beim Überfall auf einen Militärkonvoi in der zweiter Aufstandsphase im Oktober 1938 kamen bei Nablus 19 Menschen ums Leben.

Als sich nach dem Zweiten Weltkrieg die britischen Truppen im Mai 1948 aus Palästina zurückzogen und David Ben-Gurion die Unabhängigkeit Israels erklärte, erhielt Nablus seinen heutigen Status. In der Stadt wurden die Flüchtlingslager Askar und Balata geschaffen, in denen nach Angaben der UN noch heute fast 40.000 Menschen leben.

Terroranschläge

Am 26. April 1978 wurde auf einen parkenden Bus auf einem Platz in Nablus, in dem sich 34 junge Deutsche, Freiwillige der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste, befanden, ein Terroranschlag verübt. Der Bus war nach einer viertägigen Exkursion in den Norden Israels und einem Zwischenstopp in Nablus auf der Rückfahrt nach Jerusalem, als ein junger Palästinenser seine selbstgebastelte Rohrbombe, gefüllt mit abgesägten Nägeln, durch ein offenes Fenster in den Bus warf. Dabei starben die beiden Freiwilligen Susanne Zahn und Christoph Gaede, fünf weitere Personen wurden schwer verletzt.[8]

Sehenswürdigkeiten

Die Altstadt von Nablus mit vielen Relikten historischer Bausubstanz und den Einkaufsmöglichkeiten in seinem Suq ist alleine schon eine touristische Attraktion. Ziel von Pilgern ist der sogenannte Jakobsbrunnen, der im Johannesevangelium erwähnt wird. An ihm soll einst Jesus eine Frau aus der Volksgruppe der Samaritaner getroffen haben, die ihm zu trinken anbot. Darüber steht heute eine griechisch-orthodoxe Kirche.

Zu nennen ist die Ausgrabungsstätte Balata mit den Spuren von Sichem. Aus römischer Zeit sind die Überreste eines Amphitheaters erhalten geblieben. Auch ein Besuch der verbliebenen Samaritaner-Gemeinde auf dem Berg Garizim ist möglich.

Wirtschaft

Die Wirtschaft in Nablus ist heute durch die politischen Rahmenbedingungen für die palästinensischen Autonomiegebiete und die praktische Abhängigkeit von israelischen Behörden stark eingeschränkt. Eine Spezialität ist die Herstellung von Speiseöl. Schon um 1300 berichtete der arabische Geograph Al-Dimashqi: „Die Stadt steht wie ein Palast in ihren Gärten und hat eine große Anzahl von Bäumen. Das Öl ihrer Oliven wird in alle Länder Ägyptens, Syrien, den Hedschas und die arabische Wüste gebracht“. Das Öl wird auch für die Seifenherstellung verwendet. Die Fertigung von Nabulsi-Seife lässt sich bis ins 10. Jahrhundert zurückverfolgen und trug wesentlich zum wirtschaftlichen Aufschwung bei.

Ein starkes Standbein ist außerdem die Textilindustrie, insbesondere die Jeans-Fertigung. Über die Grenzen von Nablus hinaus ist die Süßspeise Kunafah begehrt. Schließlich beherbergt Nablus seit 1995 die Börse Palästinas (PEX). An ihr sind 49 Unternehmen gelistet (Stand Oktober 2015).

Söhne und Töchter der Stadt

  • Abdel Wael Zwaiter (1934–1972), Übersetzer
  • Wadi Soudah (* 1948), Schriftsteller
  • Adel Salameh (1966–2019), Oudspieler

Partnerstädte

Nablus unterhält folgende Städtepartnerschaften:[9]

Stadt Land
Chassawjurt Russland Dagestan, Russland
Como Italien Lombardei, Italien
Dundee Vereinigtes Konigreich Schottland, Vereinigtes Königreich
Region Florenz Italien Toskana, Italien
Lille Frankreich Frankreich
Neapel Italien Kampanien, Italien
Posen Polen Polen
Rabat Marokko Marokko
Stavanger Norwegen Norwegen
Toskana Italien Italien
Nürnberg Deutschland Deutschland[10]

Siehe auch

  • Liste der Städte in den palästinensischen Autonomiegebieten
  • Nablus-mask-like-facial-Syndrom

Weblinks

Commons: Nablus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Zajel Youth Exchange (Website der freiwilligen Organisation Zajel aus Nablus, die zur Universität gehört. Neben aktuellen Nachrichten aus der Region sind auch viele Informationen zur Geschichte und Kultur der Stadt und anderen Städten aus dem Westjordanland zu finden.)

Einzelnachweise

  1. Hans Wehr, unter Mitwirkung von Lorenz Kropfitsch: Arabisches Wörterbuch für die Schriftsprache der Gegenwart. Arabisch - Deutsch. 5. Auflage. Otto Harrassowitz, Wiesbaden 1985, ISBN 3-447-01998-0, S. 1240.
  2. Leonhard Bauer, unter Mitwirkung von Anton Spitaler (Hrsg.): Deutsch-arabisches Wörterbuch der Umgangssprache in Palästina und im Libanon. Wörterbuch der arabischen Umgangssprache. Deutsch - Arabisch. 2., erweiterte und verbesserte Auflage. Otto Harrassowitz, Wiesbaden 1957, DNB 450262200, S. 212.
  3. Palästinensisches Zentralamt für Statistik
  4. Anne-Laure Dupont, Catherine Mayeur-Jaouen, Chantal Verdeil: Histoire du Moyen-Orient du XIXe à nos jours. In: Collection U Histoire. Éditions Armand Colin, Malakoff 2016, ISBN 978-2-200-25587-9, S. 106.
  5. 5,0 5,1 Ian Black: Nemici e vivini – Arabi ed ebrei in Palestina e Israele. In: Collana Biblioteca. Nr. 44. Einaudi, Torino 2017, ISBN 978-88-06-23851-3, S. 22 (Originaltitel: Enemies and Neighbours. Arabs and Jews in Palestine and Israel, 1917–2017).
  6. 6,0 6,1 6,2 Michelle U. Campos: Ottoman Brothers – Muslims, Christians, and Jews in Early Twentieth-Century Palestine. Stanford University Press, Stanford (California) 2011, ISBN 978-0-8047-7068-2, S. 97, 121.
  7. 7,0 7,1 7,2 7,3 7,4 7,5 Amnon Cohen, préface de Michel Abitbol et Abdou Filali-Ansary: Juifs et musulmans en Palestine et en Israël – Des origines à nos jours. In: Collection Texto. 2. Auflage. Éditions Tallandier, Paris 2021, ISBN 979-1-02104776-1, S. 117, 123, 127, 130.
  8. Die Bombe und die Frage nach dem „Warum?“ In: Israelnetz.de. 12. Dezember 2018, abgerufen am 6. Januar 2019.
  9. بلدية نابلس - Public Relations. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 16. September 2016; abgerufen am 28. September 2018.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/nablus.org
  10. Nürnberg International - Informationen zu den Auslandsbeziehungen der Stadt Nürnberg

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