Kelpie (Wassergeist)
Ein Kelpie (auch Kelpy; Scots, möglicherweise zu schottisch-gälisch colpach, „Färse“[1]) ist ein Wassergeist, der im britischen, insbesondere im schottischen Volksglauben auftaucht. Es ist nicht zu verwechseln mit dem Each Uisge (Wasserpferd), das an den schottischen Meeresküsten und in den binnenländischen Lochs leben soll. Das Kelpie bewohnt die fließenden Gewässer des Hochlandes und tritt in Gestalt eines großen Pferdes, manchmal mit Fischschwanz, auf. Es findet sich an tiefen Flüssen und verspricht Wanderern, die den Fluss überqueren wollen, sie hinüberzutragen. Ist der Wanderer aber erst einmal auf dem Rücken des Kelpie, zieht dieses ihn in die Tiefe und verspeist ihn.[2] Wirft man einem Kelpie einen Schleier über den Kopf oder gelingt es jemandem, es aufzutrensen, so muss es diesem zu Diensten sein.
Mythologischer Hintergrund
In der keltischen Mythologie wird das Kelpie als starkes und mächtiges Pferd beschrieben. Es dient dem Hofe des Meeresgottes als Reit-, Zug- und Lasttier. Sein Fell ist ursprünglich schwarz, in manchen Geschichten auch weiß, und es erscheint meist als verirrtes Pony, kann aber oft an seiner triefenden Mähne oder anhand des blauen Schimmers neben der eigentlichen Farbe des Felles erkannt werden. Die Haut ähnelt der einer Robbe, weich und kalt wie der Tod, wenn man sie berührt. Es wird berichtet, dass Kelpies sich in schöne Frauen verwandeln, um Männer in ihre Falle zu locken. Sie schaffen Illusionen als Gestaltwandler, um sich versteckt zu halten. Man kann nur ihre Augen oberhalb der Wasseroberfläche sehen.
Wasserpferde (Each Uisge)
Kelpies gehören zu den mythologischen Wesen der Wasserpferde (Each Uisge). Es gibt viele solcher Wesen, die dem Kelpie ähneln, zum Beispiel das nuggle von den Orkneyinseln und das shoopiltee oder njogel bzw. tangi von den Shetlandinseln. Auf Man ist das Kelpie bekannt als Cabyll-ushtey (Manx-gälisch für Wasserpferd oder glashtin). In Wales gibt es ein ähnliches Wesen namens Ceffyl dŵr. Im skandinavischen Volksglauben gibt es ein Wasserpferd, das Bäckahästen (dt.: Bachpferd). In Norwegen bezeichnet man es als nøkken, welcher oftmals die Form eines Pferdes annimmt und so seine wahre Gestalt verbirgt. Auf den Färöer heißt das Wesen Nykur wie auf Island, wo auch die Bezeichnung Nennir vorkommt. Das irische und schottische each uisge, each uisce tritt auch hin und wieder in der Gestalt eines schönen Mannes auf und lebt an den Küsten. In der griechischen Mythologie herrscht Poseidon, der Gott der Meere, über die Wasserpferde und nimmt die Form eines Pferdes an, um Demeter zu verführen. Allen Wasserpferden ist eigen, dass sie Menschen anlocken, besonders Kinder, um sie im Wasser zu ertränken und zu fressen. Das Wasserpferd ermuntert Kinder, auf seinen Rücken zu steigen, und wenn diese einmal aufgestiegen sind, können sie nicht mehr absteigen, da ein klebriger Film auf dem Rücken des Untiers sie daran hindert. Das Each Uisge zieht die Kinder auf den Grund des Meeres oder Sees und verspeist sie dort bis auf die Leber, die an der Oberfläche treibend zurückbleibt.
Sagen
In vielen Sagen stellt ein Kelpie den Antagonisten. So wird in einer Sage erzählt, dass ein Mann zu seiner kranken Frau möchte, die jedoch auf der anderen Flussseite des Flusses Don in Schottland ist. Ein hochgewachsener Mann bietet sich an, den Ehemann durch den Fluss zu tragen, da die Holzbrücke fortgespült war. Der Ehemann willigt ein, und als der hochgewachsene Mann in der Flussmitte ist, offenbart sich, dass er ein Kelpie ist und versucht, den Ehemann unter Wasser zu ziehen. Der Ehemann jedoch kann sich befreien, gelangt aus eigener Kraft auf die andere Flussseite und flieht. Der zornige Kelpie, um sein Mahl betrogen, wirft dem Ehemann einen Felsbrocken hinterher, welcher heute noch in Corgarff, einer Ortschaft in Aberdeenshire zu sehen ist.
In einer weiteren Sage stiehlt in Braemar ein Kelpie einen Sack Mehl, wird aber vom Müller mit einer magischen Rute beworfen. Daraufhin bricht sich der Kelpie ein Bein und fällt in den Mühlgraben, in dem er ertrinkt. Dies sei der letzte Kelpie gewesen, der je dort gesichtet wurde.
Der Mythos dieser Sagengestalt wird in dem Song Kelpie von Jethro Tull aus dem Album Stormwatch (1979) aufgegriffen.
In einer weiteren Sage bestieg ein Waisenjunge einen Berg und wollte in einem See baden, als er ein wunderschönes Pferd sah, welches ihn magisch anzog. Also stieg er auf, aber das vermeintliche Pferd wurde zum Kelpie und zog den Jungen in den Bergsee.
Literatur
- Leander Petzoldt: Kleines Lexikon der Dämonen und Elementargeister, C.H. Beck, 3. Auflage 2003, ISBN 3-406-49451-X, S. 108.
- James M. Macinlay: Folklore of scottish Locks and Springs. Kessinger Publishing, 2004, ISBN 0-7661-8333-5.