Dracostandarte

Relief des Ludovisischen Schlachtsarkophags mit der Darstellung einer Dracostandarte (rechts oben; 3. Jahrhundert)
Trophäenrelief mit Drachendarstellung (Hadrianeum, Rom)
Karolingische Panzerreiterei mit einer Dracostandarte (9. Jahrhundert, Goldener Psalter von St. Gallen, Illustration zu Psalm 60: Feldzug des Joab)

Die Dracostandarte (lateinisch draco „Drache“, altfränkisch standort „Aufstellungsort“) war ein antikes und mittelalterliches militärisches Feldzeichen (Standarte) in Form einer Schlange mit einem nachempfundenen Drachenkopf, das ursprünglich auf die zentralasiatischen Reitervölker zurückgeht.

Ursprung

Der Drache spielte auch in der Mythologie asiatischer Steppenvölker eine Rolle, speziell der Sarmaten, in der er (auch als geflügelte Schlange) eine herausragende Stellung einnahm. Die schweren sarmatischen gepanzerten Lanzenreiter wurden von antiken Autoren in ihren Schriften auch oft mit Drachen verglichen. Das Feldzeichen war auch bei den Indern, Persern, Parthern, Skythen und Dakern verbreitet.[1] Im Frühmittelalter war die Standarte unter anderem auch bei den fränkischen Panzerreitern in Gebrauch.

Funktion

Es wird vermutet, dass sie ursprünglich für die zahlreichen berittenen Bogenschützen der Reitervölker in den asiatischen Steppen zur Windstärke- und Windrichtungsbestimmung verwendet wurden. Ansonsten waren Standarten ein optisches Hilfsmittel zur Kennzeichnung von Truppenverbänden und Einzelkämpfern bei militärischen Operationen (insbesondere zur Orientierung auf dem Schlachtfeld).

Verwendung

In der Spätantike übernahm das Römische Heer zusammen mit asiatischen Söldnern bzw. Hilfstruppen u. a. das Konzept für den Einsatz von Kataphrakten, den Spangenhelm, die Contus-Lanze und auch die Dracostandarte, wahrscheinlich von den Dakern oder Skythen.[2] Der Kavallerist, der die Dracostandarte mit sich führte, wurde als Draconarius bezeichnet. Im 4. Jahrhundert n. Chr. wurde sie auch bei der römischen Infanterie eingeführt. Die bei den Römern gebräuchliche Form der Dracostandarte besteht aus einem langen röhrenförmigen Windsack aus rotem oder mehrfarbigem Tuch, die an einem metallenen Drachenkopf mit offenem Maul befestigt ist. Ein sehr gut erhaltener Drachenkopf wurde im Kastell Niederbieber gefunden. Er besteht aus versilbertem und zum Teil auch vergoldetem Kupferblech. Er konnte auf einem einfachen Holzstab angebracht sein, wurde aber meist auf einer Lanze befestigt. Auch Ammianus Marcellinus beschreibt eine Szene, in der Constantius II. von mit Purpurfäden durchwirkten Drachenstandarten umgeben ist, die auf vergoldeten und mit Edelsteinen (wahrscheinlich aber nur Steine aus Glas) dekorierten Lanzenspitzen stecken. Wurden die Drachenmäuler direkt in den Wind gehalten, sollen sie ein zischendes Geräusch von sich gegeben haben. Dieses könnte durch im Inneren angebrachte Metalllamellen oder Drähte erzeugt worden sein und sollte den Feind einschüchtern.

Neben Römern und Byzantinern verwendeten die Dracostandarte auch:

In Britannien wurde nach Abzug des römischen Heeres die Dracostandarte sowie das Drachenkopf-Symbol von Kelten und Angelsachsen weiterverwendet. Dies lässt sich vielleicht durch die Anwesenheit von als Kataphrakten eingesetzten sarmatischen Söldnern am Hadrianswall erklären (siehe Sarmaten und Artus-Legende). Manche Historiker vermuten, dass die Drachen in den Wappen von Wessex, Wales und auch in denen von anderen britannischen Herrscherhäusern von solchen Dracostandarten abgeleitet wurden.

Literatur

  • Otto Fiebiger: Draco 2. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band V,2, Stuttgart 1905, Sp. 1633 f.

Weblinks

Commons: Dakische Dracostandarte – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Lutz Röhrich: Drache, Drachenkampf, Drachentöter. In: Enzyklopädie des Märchens. Handwörterbuch zur historischen und vergleichenden Erzählforschung. Band: 3: Chronikliteratur – Engel und Eremit. Walter de Gruyter, Berlin u. a. 1981, ISBN 3-11-008201-2, S. 810.
  2. Markus Jöckel: Woher kommt das Wort Drache? In: Bernd Schmelz, Rüdiger Vossen (Hrsg.): Auf Drachenspuren. Ein Buch zum Drachenprojekt des Hamburgischen Museums für Völkerkunde. Holos, Bonn 1995, ISBN 3-86097-453-X, S. 25–31, hier S. 27 f.

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