Court Tomb

Britische Megalithik
Verschiedene Formen von Court Tombs
Creevykeel
Court Tomb Rekonstruktion
im Ulster History Park
Dual Court Tomb von Boho
Dual Court Tomb von Cohaw
Dual Court Tomb von Boho

Das Court Tomb oder Court Cairn (deutsch „Hofgrab“) lokal auch Horned Cairn genannt (von schottisch-gälisch Cairn für Steinmal), gehört zu den megalithischen Kammergräbern (englisch Chambered Tombs) auf den Inseln Irland und Großbritannien.[1] Es wird mit etwa 620 Exemplaren überwiegend in der Provinz Ulster, also im Norden von Irland beziehungsweise in Nordirland gefunden. Seit 1957 als die Erfassung irischen Court Tomb erfolgte, wurden 64 Anlagen hinzugefügt.

Verbreitung

Ihre Verteilung auf die irischen Countys ist wie folgt: Mayo 36, Sligo 8, Galway 6, Donegal und Cavan 3, Tyrone, Derry und Fermanagh 2, Antrim, Tipperary und Kilkenny 1. Neolithische Monumente sind Ausdruck der Kultur und Ideologie neolithischer Gesellschaften. Ihre Entstehung und Funktion gelten als Kennzeichen der sozialen Entwicklung.[2]

Der Name Court Tomb wurde 1960 von dem irischen Archäologen Ruaidhrí de Valera eingeführt. Die bis zu 60 m langen Anlagen (Creevykeel im County Sligo und Farranmacbride im County Donegal) werden auch als gehörnte (englisch horned) Cairns bzw. Hummer- (englisch Lobster) Cairns bezeichnet. Einige sind kürzer als 20 m; eine Länge von etwa 30 m ist der Durchschnitt. Die maximale Breite beträgt ungefähr die Hälfte der Länge. Die meisten scheinen in der frühen Jungsteinzeit, ab 3500 v. Chr. errichtet worden zu sein, viele blieben bis in das Endneolithikum (2200 v. Chr.) in Gebrauch. Etwa 50 Anlagen wurden untersucht.

Die Typen

Es gibt fünf primäre Untertypen (englisch open, central, full, dual and transeptal). Sie haben entweder außen gelegene oder zentral gelegene Höfe (englisch courts). In der Mehrheit der Fälle liegt ein einzelner Hof vor. Die Höfe können halbrund rund oder oval sein.

  • a) zur Umgebung offen ist und auch als "Half-Court" bezeichnet wird z. B. Browndod, Keel East oder Clady Halliday.
  • b) bis auf einen schmalen Zugang geschlossen ist; (Fullcourt z. B. Ballyglass, Cloghanmore und Creevykeel und im breiteren, gewöhnlich dem östlichen Teil des trapezoiden Steinhügels liegt, obwohl die Untersuchung eine Änderung des Hofes anzeigt, der in einer zweiten Phase umgebaut worden sein könnte.
  • c) Steinhügel mit Galerien und Höfen an beiden Enden werden "Dual-Court" Cairns genannt (Boho, Cohaw, Gartnanoul). Gelegentlich sind die Steinhügel dieses Typs rechteckig, mehrheitlich jedoch trapezoid (Audleystown). Aghanaglack ist eine mit leicht schräg zueinander ausgerichtete Galerien versehene Anlage mit je zwei Kammern pro Seite (bei Cohaw sind es insgesamt fünf).
  • d) Die vierte, seltenere Variante, betrifft einige ungewöhnliche Anlagen. Bei den "Central-Court" Cairns, z. B. Magheraghanrush, liegt der Hof mittig im Steinhügel, die Galerien liegen axial zu beiden Seiten des Hofes. Der Steinhügel ist bei diesem Typ in der Mitte am breitesten und verjüngt sich zu beiden Enden hin. Der lateral Zugang liegt in der Mitte, an der breitesten Stelle des ovalen Hofes.
  • e) noch seltener ist die transeptale Form (Court Tomb von Behy).

Im Norden der Provinz Munster gibt es mindestens vier atypische Court Tombs, die gleichzeitig mit anderen in Irland zwischen 3700 und 3570 v. Chr. genutzt worden zu sein scheinen. Diese Anlagen werden zum Typ North-Munster gezählt.[3] Sie sind sehr schmal, mit geraden Hofseiten an den "Courts" und kurzen absatzförmigen Cairns. Interessanterweise zeigt eine der Anlagen, Parknabinnia, dass kurz nach 3000 v. Chr. die hintere Kammer blockiert wurde und nur die vordere weitergenutzt wurde. Die Höfe erschließen die Galerie(n) mit ihren Kammern. Auf zwei Höfen außerhalb des Hauptverbreitungsgebietes der Court Tombs, fanden sich kleine U-förmige Steinhügel (Ballynamona Lower und Shanballyedmond). Der Steinhügel von Shanballyedmond wurde bei der Ausgrabung völlig abgetragen und erbrachte interessante Ergebnisse. Ein trichterförmiger Vorbereich zur Galerie und die Galerie selbst waren gepflastert. Der Steinhügel war mit Orthostaten und Trockenmauerwerk gefasst. Etwa 2,3 m vom Steinhügel entfernt wurde eine U-förmige Anordnung von 34 Postlöchern gefunden.

Hügel

Ein meist langer, oft trapezförmiger Hügel aus Bruchstein wurde über mehreren, zumeist (2 in West-, 4 in Ostirland – Creggandevesky hat 3) hintereinander liegenden Kammern (Galerien) errichtet. Eine Einfassung umgibt die Cairns und die innenliegenden Höfe. Der Hof wird auf der Seite der Galerie(n) durch eine gestaltete Exedra begrenzt, die zumeist aus Orthostaten besteht. Die Orthostaten sind häufig in der Nähe des Zugangs zu den Galerien besonders hoch. Ausgrabungen haben gezeigt, dass die Räume zwischen ihnen mit Zwischenmauerwerk gefüllt waren, so dass die Steine wie Tafeln in einer geschlossenen Wand aussahen. Andere Höfe, wie der von Behy, im County Mayo, waren mit Trockenmauerwerk umgrenzt.

Galerie

Die Galerie besteht aus bis zu vier Kammern, die mehr symbolisch voneinander getrennt sind. Manchmal liegt ein Schwellenstein zwischen zwei seitlichen Pfosten. Statt einer Schwelle, die den Zugang zum Raum erlaubt, schließen mitunter auch höhere Platten, Septal-Steine genannt, den Raum zwischen den Pfosten. Die Kammern sind Teil einer durch einen Trilithenzugang markierten axialen Galerie, die vom Hof (oder den Höfen) aus zugänglich ist. Galerien werden oben durch horizontal aufgelegte Platten, durch Kraggewölbe oder eine Kombination der Deckenarten geschlossen. In den meisten Fällen fehlt dieses Dach heute vollständig, aber bei Carrowbeagh, im County Mayo ist es erhalten. Einige Anlagen haben in der Galerie Seitenkammern (Behy, County Mayo). Cloghanmore hat zwei koaxial parallel liegende Galerien. In Deerpark, County Sligo, liegen zwei parallele Galerien am einen Ende des Hofes und eine einzelne am anderen Ende. Eine ungewöhnlich lange Galerie überlebte in Moytura, Highwood im County Sligo. Bei Cloghanmore in Malin More County Donegal befinden sich auf zwei Orthostaten der Hofeinfassung Petroglyphen, die aber stilistisch in die Eisenzeit gehören.

Manche Anlagen haben an den Langseiten der Cairns separate, vermutlich nachträglich eingebaute, Seitenkammern mit eigenen Zugängen (z. B. Annaghmare, Creevekeel, Cregganconroe und Tullyskeherny). Einige liegen am Außenrand des Cairns, aber viele liegen weiter Innen und haben einen kurzen Gang. Einige Anlagen haben diese nachträglichen Seitenkammern im Hofbereich.

Knochenmaterial

Laut L. Flanaghan wurden (Stand 1998) 36 Court Tombs ausgegraben oder untersucht. In 13 von ihnen fanden sich aufgrund der Bodenverhältnisse keine Knochen. In den übrigen 23 wurden nur teilweise identifizbare Knochen gefunden. Lediglich fünf (alle in Ulster) bargen unverbrannte Knochen. Die Anlagen, die Informationen lieferten, wie Clontygora, enthielten verbrannte Knochen von einem Erwachsenen, während in Carrick East der Knochen eines Erwachsenen gefunden wurde. In Ballyreagh, County Fermanagh, wurde eine Frau im Alter zwischen 25 und 35 erkannt, während in Aghnaskeagh, County Louth, die verbrannten Knochen als die einer Frau und eines Mädchens identifiziert wurden.

Siehe auch

Schottland

Die schottischen Clyde Tombs[4] (z. B. Cairnholy I und II, bei Newton Stewart) sind ungefähre Entsprechungen der irischen Court Tombs. Die Form hat indes in England Vorläufer in der Holzkammer von Haddenham in Cambridgeshire, wo das Moor eine hölzerne Kammer mit fünf intakten Skeletten konservierte, aber auch mit der Pfahlkonstruktion des Langhügels von Street House in Yorkshire. Clyde Tombs haben gegenüber Court Tombs eine wesentlich höhere Exedra. Die schottischen Nutzer bevorzugten im Allgemeinen die Körperbestattung, während in Irland die Einäscherung üblich war.

Literatur

  • Rodney Castleden: The Stonehenge people. An exploration of life in Neolithic Britain 4700–2000 BC. Routledge, London u. a. 1987, ISBN 0-7102-0968-1.
  • Oliver Davis, Emyr E. Evans: The Horned Cairns of Ulster. In: Ulster Journal of Archaeology. 3rd Series, Band 6, 1943, S. 7–23, JSTOR 20566422.
  • Muiris O’Sullivan, Liam Downey: Court Tombs In: Archaeology Ireland Band 33, Nr. 1 Wordwell Ltd. (2019) S. 35–38
  • Elizabeth Shee Twohig: Irish Megalithic tombs (= Shire Archaeology. 63). Shire, Princes Risborough 1990, ISBN 0-7478-0094-4.
  • Rick J. Schulting, Eileen Murphy, Carleton Jones, Graeme Warren: New dates from the north and a proposed chronology for Irish court tombs In: Proceedings of the Royal Irish Academy: Archaeology, Culture, History, Literature Band 112C (2012), S. 1–60
  • Jürgen E. Walkowitz: Das Megalithsyndrom. Europäische Kultplätze der Steinzeit (= Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas. Band 36). Beier & Beran, Langenweißbach 2003, ISBN 3-930036-70-3.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. An Inventory of the Ancient Monuments in Caernarvonshire. Band 3: West. The Cantref of Lleyn. Together with the General Survey. Her Majesty's Stationery Office, London u. a. 1964.
  2. Johannes Müller: Neolithische Monumente und neolithische Gesellschaften. In: Hans J. Beier, Erich Claßen, Thomas Doppler, Britta Ramminger (Hrsg.): Neolithische Monumente und neolithische Gesellschaften. Beiträge der Sitzung der Arbeitsgemeinschaft Neolithikum während der Jahrestagung des Nordwestdeutschen Verbandes für Altertumsforschung e.V. in Schleswig, 9.–10. Oktober 2007 (= Varia neolithica. 6 = Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas. 56). Beier & Beran, Langenweissbach 2009, ISBN 978-3-941171-28-2, S. 7–16, hier S. 15.
  3. Carlton Jones: The north Munster atypical court tombs of western Ireland – Social dynamics, regional trajectories and responses to distant events over the course of the Neolithic. In: Johannes Müller, Martin Hinz, Maria Wunderlich (Hrsg.): Megaliths – Societies – Landscapes. Early Monumentality and Social Differentiation in Neolithic Europe. Proceedings of the international conference in Kiel, 16-20 June 2015. Habelt, Bonn 2019, S. 983–1004.
  4. Der ältere Begriff Clyde-Carlingford beruht auf der irrigen Annahme von Vere Gordon Childe und Stuart Pigott die nordirische Court Tombs mit den schottischen Clyde Tombs gleichsetzen. Untersuchungen von J. Scott und Ruaidhri de Valera in Irland stellten jedoch klar, dass von einer Carlingford-Variante nicht gesprochen werden kann.

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