Spiel mit dem Feuer – wie Eiszeitjäger das Landschaftsbild Europas prägten
Bereits vor 20.000 Jahren haben Jäger und Sammler möglicherweise gezielt Feuer eingesetzt und damit zur Entstehung des lichten Charakters der eiszeitlichen europäischen Landschaft beigetragen. Das legt eine kürzlich im Fachjournal "PLOS ONE" veröffentlichte Studie nahe, zu deren Autoren auch eine Senckenberg-Wissenschaftlerin gehört. Es wäre einer der frühesten Hinweise auf einen großflächigen Eingriff des Menschen in die natürliche Vegetation seiner Umgebung. Der Befund erklärt, warum Analysen von Sedimenten belegen, dass in der Eiszeit in Europa eine offene Steppenlandschaft vorherrschte, während Vegetationsmodelle ergeben, dass Teile Europas damals dichter bewaldet gewesen sein müssten.
Mit der Eiszeit verbindet man vor allem ein Bild: Eine Landschaft aus klirrender Kälte und glitzerndem Schnee durch die Mammuts, Bisons und Wollnashörner streifen. Eine neue Studie legt nahe, dass es bisweilen aber recht hitzig zugegangen sein dürfte. „Wahrscheinlich haben Jäger und Sammler in der Eiszeit vorsätzlich Feuer gelegt und so dazu beigetragen, den offenen Charakter eiszeitlicher Steppenlandschaften in Europa zu schaffen und zu erhalten. Wo das Klima dichte Wälder zugelassen hätte, wurden durch den Einfluss der eiszeitlichen Menschen Steppenlandschaften und lichte, park-ähnliche Wälder geschaffen“, so Dr. Mirjam Pfeiffer, eine Ko-Autorin der Studie vom Senckenberg Biodiversiät und Klima Forschungszentrum.
Publikation:
Kaplan JO, Pfeiffer M, Kolen JCA, Davis BAS
Large Scale Anthropogenic Reduction of Forest Cover in Last Glacial Maximum Europe
PLOS ONE 11(11): e0166726
DOI: 10.1371/journal.pone.0166726
Zu diesem Ergebnis kamen die Wissenschaftler, indem sie archäologische Funde zu menschlichen Aktivitäten und dem Einsatz von Feuer sowie eiszeitliche Sedimente und Aschereste, die im Boden überdauert haben, auswerteten und mit Vegetationssimulationen verglichen. Eine Erklärung, warum die Jäger mit dem Feuer spielten, hat das Team auch: Einerseits hätten lichtere Landschaften die Jagd erleichtert und es wäre einfacher gewesen, Nahrung in vergleichsweise offenen Landschaften zu sammeln. Andererseits hätten sich die Jäger durch lichtere Vegetation besser fortbewegen können.
„Einer der entscheidenden Faktoren menschlicher Evolution ist seine Fähigkeit, die Umgebung zu verändern, um darin besser zu überleben. Eiszeitjäger haben vermutlich genau das getan. Sie waren quer durch Europa - von Spanien bis nach Russland - in der Lage, Landschaft und Vegetation entscheidend zu ihren Gunsten zu verändern“, erklärt Pfeiffer und fährt fort „Der erste große Eingriff des Menschen in seine natürliche Umgebung hätte damit mehr als 20.000 Jahre vor der Industriellen Revolution stattgefunden.“
Der Einfluss der Eiszeitjäger erklärt, warum es bisher bei der Rekonstruktion der letzten Kaltzeit, die ihren Höhepunkt zwischen 24.500 bis 18.000 v. Chr erreichte, Widersprüche gibt. Analysiert man Sedimente aus Seen und Mooren, zeigt sich, dass Europa während der Eiszeit eher wenig bewaldet war. Vegetationssimulationen auf Basis acht möglicher Klimaszenarien hingegen ergaben, dass zu dieser Zeit Europa unter natürlichen Bedingungen dichter bewaldet gewesen sein müsste. Wenn aber vom Menschen verursachtes Feuer in den Vegetationssimulationen berücksichtigt wird, ergibt sich plötzlich ein Vegetationsmuster, das deutlich besser mit den Vegetationsrekonstruktionen aus Umweltdaten übereinstimmt. „Wir gehen daher davon aus, dass der eiszeitliche Mensch verantwortlich für diesen Unterschied gewesen sein könnte", resümiert Pfeiffer.
Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt