Savannenkorridor in der Eiszeit förderte die Ausbreitung großer Säugetiere in Südostasien


Tübinger Forschungsteam findet Hinweise auf eine früher offene Landschaft auf der Malaiischen Halbinsel, die Mensch und Tier den Weg auf die heutigen Inseln Indonesiens öffnete.


Die Malaiische Halbinsel, deren Gebiete heute zu Myanmar, Thailand und Malaysia gehören, muss in der Eiszeit zumindest teilweise von einer offenen Savannenlandschaft geprägt gewesen sein. Sie gehörte damals zu einem sehr viel größeren Landstück, dem Sundaland. Über die offene Landschaft konnten große Säugetiere vermutlich erstmals vor 120.000 bis 70.000 Jahren wie durch einen Korridor vom südostasiatischen Festland auf die heutigen Inseln Sumatra, Borneo und Java gelangen.


Heute ausgestorbene Art der Tüpfelhyänen auf der Malaiischen Halbinsel in einer Umwelt wie vor 100.000 Jahren. Illustration:

Publikation:


Kantapon Suraprasit, Sutee Jongautchariyakul, Chotima Yamee, Cherdchan Pothichaiya, and Hervé Bocherens
New fossil and isotope evidence for the Pleistocene zoogeographic transition and hypothesized savanna corridor in Peninsular Thailand
Quaternary Science Reviews

DOI: 10.1016/j.quascirev.2019.105861



Zu diesem Schluss kommen der Alexander von Humboldt-Stipendiat an der Universität Tübingen Dr. Kantapon Suraprasit, der als Wissenschaftler an der Chulalongkorn University (Thailand) arbeitet, und Professor Hervé Bocherens vom Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment an der Universität Tübingen im Team mit weiteren thailändischen Forscherinnen und Forschern. Das Team führte Isotopenanalysen an Säugetierzähnen aus der Eiszeit durch, die bei Ausgrabungen auf der Malaiischen Halbinsel geborgen wurden.

Wie die Wanderungsbewegungen von Tieren und frühen Menschen zwischen dem Festland und den Inseln Südostasiens verliefen, ist in der Wissenschaft stark umstritten. Die neuen Ergebnisse stärken die Hypothese von einem Savannenkorridor in der Eiszeit, über den Mensch und Tier relativ leicht vom südostasiatischen Festland weiter Richtung Süden und Osten gelangen konnten. Die Studie ist in den Quaternary Science Reviews erschienen.

Unterkiefer eines Java-Nashorns (Rhinoceros sondaicus) am Fundort in der Höhle Yai Ruak in Thailand.

Die Höhle Yai Ruak, die auf der Malaiischen Halbinsel in der Provinz Krabi liegt, wurde 2017 von einem thailändischen Paläontologenteam der Chulalongkorn University und dem Department of Mineral Resources (Bangkok) mit Unterstützung der Bevölkerung vor Ort ausgegraben. Aus den Höhlensedimenten bargen die Ausgräberinnen und Ausgräber einige weitgehend vollständige Unterkieferknochen, einzelne Zähne und Knochen.

Die Fossilien konnte das Forschungsteam dem Malaiischen Stachelschwein, dem Java-Nashorn, dem Sambarhirsch und ausgestorbenen Verwandten der Tüpfelhyäne zuordnen. „Für diese Art der Tüpfelhyäne ist das der am weitesten südlich gefundene Nachweis in Südostasien“, sagt Hervé Bocherens. Dies stütze die Hypothese, dass sich im Pleistozän die Säugetiere weiter nach Süden ausbreiten konnten. Die heutigen Inseln Sumatra, Borneo und Java auf der Sundaplatte waren in der Eiszeit aufgrund des deutlich niedrigeren Meeresspiegels über Landbrücken zugänglich. Menschliche Fossilien seien in den Höhlensedimenten aus der Eiszeit nicht gefunden worden, wahrscheinlich habe es jedoch zu dieser Zeit anatomisch moderne Menschen in dem Gebiet gegeben, sagen die Wissenschaftler.

Vielfältige Ökosysteme

Kantapon Suraprasit führte im Biogeologielabor der Universität Tübingen am Zahnschmelz der fossilen Zähne aller Tierarten aus der Höhle Yai Ruak Kohlenstoff- und Sauerstoffisotopenanalysen durch. Als Isotope werden Atome des gleichen chemischen Elements mit unterschiedlichem Gewicht bezeichnet. Aus ihrer Häufigkeitsverteilung, auch Isotopensignatur genannt, können die Wissenschaftler Rückschlüsse auf die Art der Nahrung und die Umweltbedingungen zur Lebenszeit des Tieres ziehen. „Die Region des Fundorts der Fossilien ist heute von Regenwald bedeckt. Wir waren daher überrascht, dass die Isotopensignaturen der Zähne von Tüpfelhyänen und Sambarhirschen auf eine offene Graslandschaft hindeuten“, sagt Suraprasit.

Hingegen hätten die Zähne von Java-Nashorn und Stachelschweinen Isotopensignaturen ergeben, die zu Wäldern passen. Daher sei insgesamt von einer großen Vielfalt der Ökosysteme auszugehen, darunter auch einem offenen Gelände. „Diese Ergebnisse bestätigen, dass damals ein Savannenkorridor entlang der tropischen Monsunregionen existierte, der sich bis in den Süden des heutigen Thailands erstreckte bis zum Breitengrad des früher freiliegenden Sundalands“, sagt Bocherens.

Wälder als Barrieren

Von allen Tieren, die während des niedrigeren Meeresspiegels Richtung Süden wanderten, waren die Grasland bewohnenden Hyänen unter den wenigen Arten, die sich von dem Regenwaldgürtel aufhalten ließen. Dieser verlief vom nördlichen Sundaland über das heutige Borneo und Sumatra und durchschnitt den Savannenkorridor. Bis heute wurden keine Fossilien der Tüpfelhyänen südlich der Höhle Yai Ruak gefunden. „Wahrscheinlich bildeten dichte Regenwälder eine Barriere.

In dieser Zeit konnten die Hyänen nicht weiter südlich in das Land vordringen, das heute aus Inseln besteht. Anderen Säugetierarten, die aus Yai Ruak bekannt sind, war das hingegen möglich wie wahrscheinlich auch Menschen“, erklärt Bocherens. Pollenanalysen deuteten für diese Zeit auf eine geschlossene Waldvegetation von Sumatra bis Borneo und in Teilen der Malaiischen Halbinsel hin. Von den noch andauernden Ausgrabungen in der Höhle Yai Ruak erhofft sich das Forschungsteam weiteren Aufschluss darüber, welchen Einfluss die vielfältigen Ökosysteme auf die Faunen des südostasiatischen Festlands und der Inseln hatten.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt


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