Europäer sind als Erste auf den Hund gekommen


Internationales Forscherteam untersucht die Domestikationsgeschichte des Hundes.


Wann und wo fand die Domestizierung des Hundes statt? Genetische Analysen durch ein internationales Forscherteam um Olaf Thalmann von der Turku Universität in Finnland belegen, dass der Beginn der Domestizierung des Hundes vor 18.000 bis 32.000 Jahren in Europa stattfand. Bei der Untersuchung spielten auch Hundeknochen aus dem berühmten „Doppelgrab von Oberkassel“, das von Wissenschaftlern des LVR-LandesMuseums Bonn und der Universität Bonn neu bearbeitet wird, eine wichtige Rolle. Die Wissenschaftler berichten im renommierten Fachjournal „Science“ über ihre Ergebnisse.


Erbgutanalysen ergaben, dass es sich bei dem Tierskelett im Doppelgrab von Bonn-Oberkassel um einen direkten Vorfahren heutiger Hunde handelte.

Publikation:


Thalmann et al.
Complete mitochondrial genomes of ancient canids suggest a European origin of domestic dogs
Science

DOI: 10.1126.1243650



Der Hund gilt als der beste Freund des Menschen, der ihm seit Jahrtausenden zum Beispiel auf der Jagd sowie als Hütehund treue Dienste erwiesen und sich auch als Wächter bewährt hat. Die bisherige Kontroverse hinsichtlich Unstimmigkeiten zwischen genetischen und paläontologischen Analysen, in denen genetische Untersuchungen von einer Domestizierung des Hundes vor rund 15.000 Jahren in Ostasien ausgehen, aber die ersten hundeartigen Fossilien aus Europa und Sibirien über 30.000 Jahre alt sind, konnte nun durch die neuen Ergebnisse eines internationalen Forscherteams beigelegt werden.

Demnach begann die Domestizierung bereits vor 18.000 bis 32.000 Jahren in Europa. „Das passt sehr gut zu den Funden prähistorischer Hunde“, sagt Liane Giemsch vom Institut für Archäologie und Kulturanthropologie der Universität Bonn. Im Nahen Osten und Ostasien hätten zwar viele Haustiere ihren Ursprung, etwa Rinder, Schafe und Ziegen. Doch wiesen die aktuellen genetischen Daten deutlich auf Europa als Ursprung der Domestizierung des Hundes.

Proben von 18 prähistorischen hundeartigen Tieren wurden untersucht

Die Wissenschaftler aus Finnland, Belgien, Russland, Spanien, Argentinien, USA und Deutschland untersuchten das Erbgut in Knochen und Zähnen von insgesamt 18 prähistorischen Hunden und Wölfen und verglichen es mit dem von 126 modernen Wölfen und Hunden, darunter auch ursprüngliche Rassen wie Dingos und Basenji. Die untersuchten Tiere waren eurasischen und amerikanischen Ursprungs. Anhand der Sequenzierung der DNA der Mitochondrien konnten die Forscher bestimmen, wann sich der Hund von den wildlebenden Vorfahren abgespalten hat und wo diese Abspaltung stattfand.

Das Oberkasseler Tier ist direkter Vorfahr heutiger Hunde

Für die groß angelegte Untersuchung wurden auch zwei Fossilien aus der Sammlung des LVR-LandesMuseums in Bonn herangezogen. Zum einen handelt es sich dabei um rund 12.500 Jahre alte Tierknochen von einem Siedlungsplatz in der Kartsteinhöhle bei Mechernich in der Eifel. Der bedeutendere Fund stammt jedoch aus Bonn. Es handelt sich um ein hundeartiges Tier, das vor rund 14.700 Jahren zusammen mit einer etwa 20 Jahre alten Frau und einem zirka 40-jährigen Mann bestattet wurde. Im Jahr 1914 entdeckten Steinbrucharbeiter die Skelette an der Rabenlay in Bonn-Oberkassel. Nachweislich sind es die ältesten Belege des modernen Menschen (Homo sapiens) in Deutschland. Der Fund ging später als „Doppelgrab von Oberkassel“ als wissenschaftliche Sensation in die Geschichte ein.

„Die Erbgutanalysen ergaben, dass es sich bei den Tierskeletten im Doppelgrab von Oberkassel und von der Kartsteinhöhle um die direkten Vorfahren heutiger Hunde handelte“, berichtet Olaf Thalmann von der Universität Turku, der das Projekt wissenschaftlich koordiniert. Die genetischen Analysen der Bonner Funde wurden unter anderem von Johannes Krause und Verena Schünemann vom Institut für Naturwissenschaftliche Archäologie der Universität Tübingen durchgeführt. „Nur mit Hilfe der prähistorischen Wölfe- und Hunde-DNA war es möglich, deren Aufspaltung auf Europa einzugrenzen“, sagt Krause.

Inniges Verhältnis von Mensch und Tier

„Die gemeinsame Bestattung des Hundes und der Menschen im Doppelgrab von Oberkassel zeugt von einer sehr innigen Beziehung“, sagt Giemsch. Die nun erfolgte Datierung der Domestizierung zeige, dass der eiszeitliche Mensch schon seit Jahrtausenden den Hund als Begleiter nutzte, noch weit bevor andere Tiere wie Kuh, Schwein und Pferd domestiziert wurden. Auch von Israel und Skandinavien sei bekannt, dass es bei steinzeitlichen Jägern und Sammlern zu gemeinsamen Bestattungen von Hunden und Menschen gekommen sei. „Dies zeigt, wie wichtig und wertvoll diese Haustiere für die damalige Bevölkerung waren“, sagt Giemsch.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt


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