Erste Felsgravur von Neandertalern auf Gibraltar gefunden

Presseldung vom 06.09.2014

Auf Gibraltar haben Forscher den ersten Beleg für Felskunst des Neandertalers entdeckt. Die tiefen, in Stein eingeritzten Linien zeugen davon, dass auch er bereits abstrakt denken konnte


In der Gorham-Höhle in Gibraltar haben Forscher aus Frankreich, Großbritannien und Spanien die erste Felsgravur entdeckt, die offensichtlich dem Neandertaler zugeschrieben werden kann. Der mehr als 39.000 Jahre alte Fund besteht aus tiefen Schraffierungen, die gekreuzt in den Fels gehauen wurden. Die Analyse der Entdeckung stellt nun die herrschende Ansicht in Frage, dass die Darstellung von figürlichen und abstrakten Formen auf Höhlenwänden eine kulturelle Innovation des modernen Homo sapiens war, als dieser in Europa einwanderte.


Eingang zur Gorham-Höhle (oben), Foto der Gravur (Mitte) und eine Analyse der Gravur (unten).

Publikation:


J. Rodriguez-Vidal, F. d'Errico, F. Giles Pacheco, R. Blasco, J. Rosell, R. P. Jennings, A. Queffelec, G. Finlayson, D. A. Fa, J. M. Gutierrez Lopez, J. S. Carrion, J. J. Negro, S. Finlayson, L. M. Caceres, M. A. Bernal, S. Fernandez Jimenez, C. Finlayson
A rock engraving made by Neanderthals in Gibraltar
PNAS, 2014

DOI: 10.1073/pnas.1411529111



Die Untersuchungsergebnisse, die Anfang September in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht wurden, unterstützen nun die Hypothese, dass das Gegenteil der Fall war: Neandertaler waren ebenfalls zu abstraktem Denken fähig und pflegten eine symbolisch materielle Kultur.

Die Darstellung von Figuren und abstrakten Gebilden auf Höhlenwänden wird von den meisten als wichtige Etappe in der Entwicklung der menschlichen Kulturen gesehen. Bis jetzt wurde diese kulturelle Innovation als ein charakteristisches Merkmal des modernen Menschen angesehen, der vor etwa 40.000 Jahren begann, Europa zu besiedeln. Dieses modern-menschliche Merkmal wurde auch oft angefüht, um die kognitiven Unterschiede zwischen modernen Menschen und Neandertalern, die ihnen vorausgegangen waren, zu unterstreichen. Man war der Meinung, dass sich Neandertaler nicht auf diese Weise ausdrücken konnten. Die neue Entdeckung in der Gorham-Höhle ändert nun das vorherrschende Bild.

Die Entdeckung am Ende der Höhle besteht aus einer abstrakten Gravur in Form einer tief in den Fels geritzten Kreuz-Schraffur. Die Schraffur war von einer Sedimentschicht bedeckt, deren Radiokarbon-Datierung ein Alter von 39.000 Jahren ergab. Da sich die Gravur unterhalb dieser Schicht befindet, ist sie wahrscheinlich noch älter. Die Datierung, zusammen mit den in den Sedimenten aufgefundenen Moustérien-Werkzeugen, die allgemein dem Neandertaler zugeschrieben werden, zeigt, dass die Gravur von Neandertalern hergestellt worden sein muß, die zu dieser Zeit noch immer den Süden der Iberischen Halbinsel bevölkerten.

Die Forscher von der Universität von Bordeaux analysierten die Gravur mittels Mikroskopie, fertigten eine 3-D Rekonstuktion an und führten experimentelle Studien durch, um nachzuweisen, dass die Gravur auch tatsächlich von Menschen stammt. Die Studen zeigten auch, dass die eingravierten Linien nicht das Ergebnis von alltäglichen Arbeiten sind, wie etwa dem Schneiden von Fleisch oder dem Bearbeiten von Fellen, sondern vielmehr von wiederholten und absichtlich ausgeführten Ritzungen mit einem robusten, spitzen Werkzeug aus Stein. Die Linien wurden geschickt eingraviert, und die Forscher haben berechnet, dass zwischen 188 und 317 Schläge mit dem Steinwerkzeug notwendig waren, um dieses Ergebnis zu erzielen.



Video der Gravur

Die Entdeckung stützt nun die Ansicht, dass grafische Ausdrucksformen nicht auf moderne Menschen beschränkt waren und dass einige Kulturen der Neandertaler ebenfalls abstrakte Kunstwerke hergestellt haben, mit denen sie ihren Lebensbereich ausschmückten.


Diese Newsmeldung wurde mit Material Science daily erstellt


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