Ein Neandertaler aus der Tschagyrskaja-Höhle

Presseldung vom 17.06.2020

Bisher hatten Forschende die Genome von zwei Neandertalern in einer hohen Qualität sequenziert. Einer dieser beiden Neandertaler stammte aus der Vindjia-Höhle im heutigen Kroatien, der andere aus der Denisova-Höhle im sibirischen Altai-Gebirge.


Ein Forschungsteam unter der Leitung von Svante Pääbo vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig hat nun das Genom eines dritten Neandertalers in einer hohen Qualität sequenziert, dessen Überreste in der etwa 106 Kilometer von der Denisova-Höhle entfernten Tschagyrskaja-Höhle gefunden worden waren.

Die Forschenden extrahierten DNA aus Knochenpulver und sequenzierten diese in einer hohen Qualität. Sie zeigen, dass die Knochen von einer Neandertaler-Frau stammen, die vor 60.000 bis 80.000 Jahren lebte, und dass sie und andere sibirische Neandertaler in kleinen Gruppen von weniger als 60 Individuen zusammenlebten.


Publikation:


Fabrizio Mafessoni et al.
A high-coverage Neandertal genome from Chagyrskaya Cave
PNAS, 16 June 2020

DOI: 10.1073/pnas.2004944117



Der Vergleich mit anderen Neandertalergenomen ergab, dass die Neandertaler-Frau aus der Tschagyrskaja-Höhle enger mit dem kroatischen als mit dem sibirischen Neandertaler, der etwa 40,000 Jahre vor ihr lebte, verwandt war. Die Neandertaler-Populationen aus Westeuropa scheinen also irgendwann diejenigen aus Sibirien ersetzt zu haben.

„Außerdem fanden wir heraus, dass die Gene, die während der Adoleszenz im Striatum exprimiert wurden, mehr Veränderungen unterlegen waren, die eine Änderung der resultierenden Aminosäure zur Folge hatten, als das in anderen Bereichen des Gehirns der Fall war“, sagt Fabrizio Mafessoni, Erstautor der Studie. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Striatum – ein Teil des Gehirns, der verschiedene Aspekte der Kognition wie Planung, Entscheidungsfindung, Motivation und Belohnungswahrnehmung koordiniert – bei Neandertalern eine einzigartige Rolle gespielt haben könnte.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt


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