Archäologen erforschen Antike mit Laserscanning - Projekt zur antiken Stadt Gerasa
Mit "Airborne Laserscanning" (ALS) in die Antike: Dank dieses Verfahrens zur Erfassung und Kartierung lassen sich Stätten des Altertums zerstörungsfrei untersuchen. In einem Artikel für das Fachblatt PNAS berichten Archäologe Prof. Dr. Achim Lichtenberger und Kollegen über ALS in Jordanien.
Das Verfahren "Airborne Laserscanning (ALS)", das ein Gelände präzise und berührungsfrei zur Kartierung erfasst und in einem 3-D-Modell darstellt, liefert Archäologen völlig neue Erkenntnisse zu antiken Stätten. Über den Einsatz der neuen "Fernerkundungsmethode" in der antiken Stadt Gerasa (Jordanien), berichten in der Fachzeitschrift PNAS Archäologe Prof. Dr. Achim Lichtenberger von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) und seine dänische Fachkollegin Prof. Dr. Rubina Raja von der Universität Aarhus. Das in der Archäologie Erfolg versprechende ALS-Verfahren ermöglicht vor allem neue Erkenntnisse zur Rekonstruktion antiker Gegebenheiten in dicht besiedelten urbanen Räumen, die sich zugleich rasant entwickeln.
Publikation:
David Stott, Søren Munch Kristiansen, Achim Lichtenberger, and Rubina Raja
One hundred years of remote sensing and urban sprawl: Multi-temporal, multi-sensor mapping of a historic city in the Middle East
PNAS June 12, 2018. 115 (24) E5450-E5458; published ahead of print May 29, 2018
Für die Forschungen legten die Altertumswissenschaftler gemeinsam mit David Stott und Søren Munch Kristiansen, Geowissenschaftler der Universität Aarhus, die aus der Luft aufgenommenen Laserscan-Bilder der jordanischen Grabungsstätte über historische Luftbilder, die ältesten von 1917. So konnten sie topografische Besonderheiten und Veränderungen vergleichen und den Altbestand auf ein präzises Geländemodell projizieren. "Das ist ein bisschen, als drehte man die Zeit zurück. Wir haben zum Beispiel Wasserleitungen auf den Bildern entdeckt, von denen man bislang nichts wusste. Dank ALS können wir heute etwa sagen, wo und wie in der Antike die Wasserversorgung gemanagt wurde."
Den WWU-Professor für Klassische Archäologie Achim Lichtenberger faszinieren diese neuen "Scans", weil man im Sinne der Archäologie nicht-invasiv, also zerstörungsfrei "graben" könne. Achim Lichtenberger und Rubina Raja fanden aktuell zahlreiche Hinweise auf antike Strukturen in Gerasa wie die Position der Stadtmauern, die noch nie zuvor in dieser Präzision kartiert worden waren.
Die Neuigkeit des Ansatzes besteht in der Verbindung mehrerer Quellen und deren Daten: einerseits Luftbilder aus dem Ersten Weltkrieg, zum zweiten das moderne millimetergenaue 3-D-Laserscanning und darüber hinaus Daten aus verstreuten archäologischen Ausgrabungen. "Damit lässt sich eine sehr genaue Karte einer ganzen antiken Stadt erstellen", betont der Archäologe.
Gerasa galt als besonders geeignet für ALS, weil es sich um einen stark und schnell wachsenden Wirtschafts- und Sozialraum handelt. "Hinzu kommt, dass das Areal viele Jahrhunderte zwischen Spätantike und Moderne gar nicht oder äußerst dünn besiedelt war." Dies hatte zur Folge, dass große Teile der antiken Stadt zunächst vor Zerstörung und Überbauung bewahrt wurden. Gleichzeitig drohten aber durch die urbane Expansion der letzten Jahrzehnte auch dort archäologische Merkmale, die Zeugnis der Antike ablegen, verloren zu gehen.
Das neue Kartierungsverfahren ist Teil des 2011 gestarteten dänisch-deutschen Grabungsprojektes "Jerash Northwest Quarter Project", das der Erforschung des Nordwestviertels der Stadt Gerasa dient. Es wird maßgeblich gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der dänischen Carlsberg-Stiftung.
Für Grabungsplanungen der Zukunft und den Umgang mit dem weltweiten Kulturerbe erhoffen sich Achim Lichtenberger und seine Kollegen neuen Impulse von der ALS-Methode, denn in vielen Teilen der Welt stellen Bevölkerungswachstum und Klimawandel ein akutes Risiko dar für Kulturerbe-Stätten: "Vielfach ist es ein Wettlauf gegen die Uhr, um das Leben früherer Gesellschaften zu dokumentieren und zu verstehen, bevor die historischen Überreste irreversibel zerstört werden."
Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt