Über 25.000 Jahre Einfluss der Umwelt auf die Tierwelt


Schon bevor Menschen sich auf Madagaskar ansiedelten, beeinflussten Umweltveränderungen die dort lebenden Lemurenpopulationen. In einem interdisziplinären Projekt untersuchte ein Forschungsteam den Einfluss von Umweltveränderungen über die letzten 25.000 Jahre auf die Tierwelt von Madagaskar.


Auf Madagaskar leben viele Tier- und Pflanzenarten, die nur dort vorkommen. Darum eignet sich die Insel besonders gut, um in einem regional begrenzten Gebiet zu untersuchen, welche Einflüsse wie auf Tierarten und Populationen wirken. So gehen Forschende beispielsweise davon aus, dass in der Vergangenheit vor allem Klimaveränderungen dafür verantwortlich waren, dass sich Lemuren in den Wäldern auf unterschiedliche Lebensräume verteilten und sich zu getrennten Arten entwickelten. Lemuren gehören zu den Primaten. Sie kommen ausschließlich auf Madagaskar vor. Über die Klima- und Umweltveränderungen, die vor über 10.000 Jahren in Madagaskar stattgefunden haben, war bisher sehr wenig bekannt. Das Forschungsteam hat auf der Insel darum in einem definierten Untersuchungsgebiet zwei unterschiedliche Aspekte beleuchtet und kombiniert: Die Umweltveränderungen auf Madagaskar innerhalb der letzten 25.000 Jahre und die Entwicklung einer im Wald lebenden Lemurenart im selben Zeitraum.


Dieser Arnhold-Mausmaki (Microcebus arnholdi) war das erste Tier, das die Forschenden in der Nähe des Mahasarika-Sees beprobten.

Publikation:


Helena Teixeira, Vincent Montade, Jordi Salmona, Julia Metzger, Laurent Bremond, Thomas Kasper, Gerhard Daut, Sylvie Rouland, Sandratrinirainy Ranarilalatiana, Romule Rakotondravony, Lounès Chikhi, Hermann Behling, Ute Radespiel
Past environmental changes affected lemur population dynamics prior to human impact in Madagascar
Commun Biol 4, 1084 (2021)

DOI: 10.1038/s42003-021-02620-1



TiHo-Doktorandin Helena Teixeira untersuchte in den immergrünen Feuchtwäldern des Montagne d'Ambre Nationalparks (NP) im Norden Madagaskars stellvertretend für andere Tierarten die Mausmakiart Microcebus arnholdi. Sie nahm Gewebeproben, extrahierte die DNA, und modellierte die demographischen Schwankungen der Lemuren über die Zeit mit Hilfe genomischer Daten. Im selben Jahr bohrte Dr. Vincent Montade aus der Arbeitsgruppe von Hermann Behling im selben Gebiet Sedimentkerne aus mehreren vulkanischen Seen (Maarseen). Sie liefern natürliche Aufzeichnungen über die lokale und regionale Umwelt- und Klimadynamik bis ins späte Pleistozän, das vor über 2,5 Millionen Jahren begann und vor etwa 11.700 Jahren endete. Anschließend analysierten, interpretierten und kombinierten sie die genomischen und paläoökologischen Daten.

Dr. Vincent Montade, Sandratrinirainy Ranarilalatiana und Dr. Laurent Bremond bei der Bohrung eines Sedimentkerns am Lac Maudit im Zentrum des Nationalpark Montagne d'Ambre.

Die paläoökologischen Daten setzen sich aus Analysen von Pollen und der Gesteinskörnung sowie anorganisch-geochemischen Untersuchungen zusammen. Sie zeigten, dass es in den vergangenen 25.000 Jahren im nördlichen Madagaskar fünf Hauptperioden mit Umweltveränderungen gab. So endete laut der Analysen vor etwa 5.500 Jahren eine auch von Kontinental-Afrika bekannte Feuchtperiode. Die Niederschläge wurden weniger und die Vegetation rund um den Nationalpark entwickelte sich in eine offene Graslandschaft, in der es insbesondere seit 900 Jahren auch häufig zu Bränden kam. Menschen besiedelten Madagaskar erst vor 1.000 bis 2.000 Jahren. Die Forscherinnen und Forscher gehen in ihrer Veröffentlichung deshalb davon aus, dass sie die Lebensräume vorher nicht nennenswert beeinflussten und die von ihnen beschrieben Veränderungen auf natürliche klimatische Einflüsse zurückzuführen sind.


Der Mahasarika-See im Norden des Montagne d'Ambre-Nationalparks ist einer der Standorte, den die Forscherinnen und Forscher auswählten, um Mausmaki-Proben zu sammeln.

Die Forscherinnen und Forscher nutzen die Unterschiede und Gemeinsamkeiten im genetischen Code der Tiere in Kombination mit geschätzten Mutationsraten und Generationsdauern, um die zurückliegende Entwicklung der Populationen zu modellieren. Die verschiedenen genomischen Untersuchungen des Arnhold-Mausmakis zeigten, dass sich die Populationsgrößen in den vergangenen 25.000 Jahren mehrfach stark veränderten. Auf einen Populationsrückgang während der letzten kühl-trockenen Eiszeit folgte eine deutliche Zunahme während der afrikanischen Feuchtperiode. Ein starker Populationsrückgang begann laut dem Forschungsteam in den letzten 5.000 Jahren, als es zunehmend trockener wurde. Im letzten Jahrtausend, also mit verstärktem Eingreifen des Menschen, hat sich der Rückgang noch verstärkt.


Diese Newsmeldung wurde mit Material Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover via Informationsdienst Wissenschaft erstellt


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