Norðri, Suðri, Austri und Vestri

Norðri, Suðri, Austri und Vestri sind die vier Zwerge in der nordischen Mythologie, die den Himmel stützen.

Sie werden in der Völuspá im Dvergatal als Erdzwerge genannt.[1] Ihre Namen stammen aus dem Altnordischen und werden von den Bezeichnungen für die Himmelsrichtungen abgeleitet: Norðri von norðr ‚Norden‘, Suðri von suðr ‚Süden‘, Austri von austr ‚Osten‘ und Vestri von vestr ‚Westen‘. Die Zwerge stellen offenbar Personifikationen der vier Himmelsrichtungen dar.[2]

Ein jeder von ihnen stützt den Himmel, der aus Ymirs Schädel besteht, und zwar in der Himmelsrichtung, die seinem Namen entspricht, also Norðri den Norden, und so fort. Das schließt man aus Snorri Sturlusons Gylfaginning:

„Tóku þeir ok haus hans ok gerðu þar af
himin ok settu hann upp yfir jörðina með
fjórum skautum, ok undir hvert horn settu
þeir dverg. Þeir heita svá: Austri, Vestri, Norðri, Suðri.“[3]

„Sie [die Götter] nahmen auch seinen [Ymirs] Schädel,
machten daraus den Himmel und setzten ihn an
vier Ecken auf die Erde. Und in jede dieser Ecken stellten
sie einen Zwerg; sie heißen so: Austri, Westri, Nordri und Sudri.“[4]

– SNORRI STURLUSON: Prosa-Edda: Gylfaginning 8

Auch wenn diese sprechenden Namen angesichts der kosmischen Aufgabe konstruiert wirken: die Vorstellung von vier Zwergen, die den Himmel stützen, ist keine literarische Erfindung von Snorri Sturluson. Sie wird bereits im 10. Jahrhundert in einem Lied von Hallfreðr Óttarsson vandræðaskáld erwähnt.[5]

Die Zwergennamen wurden dementsprechend auch für Umschreibungen des Himmels verwendet. So schreibt Snorri Sturluson im Skáldskaparmál:

„Hvernig skal kenna himin?
Svá, at kalla hann […] erfiði eða byrði dverganna
eða hjálm Vestra ok Austra, Suðra, Norðra, […]
Svá kvað Arnórr jarlaskáld: […]
Björt verðr sól at svartri,
sökkr fold í mar dökkvan,
brestr erfiði Austra,
allr glymr sjár á fjöllum.“[6]

„Wie soll man den Himmel umschreiben? -
Indem man ihn […] Mühe oder Bürde der Zwerge
und Dach Westris, Austris, Sudris oder Nordris [nennt]. […]
So dichtete Arnor, der Skalde der Jarle[7]: […]
Die strahlende Sonne wird schwarz,
die Erde versinkt im dunklen Meer,
Austris Bürde birst,
das ganze Meer, tost über die Berge.“[8]

– SNORRI STURLUSON: Prosa-Edda: Skáldskaparmál 23

Ihre Namen werden auch in den Þulur als Zwergennamen genannt.[9]

Literatur

  • Rudolf Simek: Lexikon der germanischen Mythologie (= Kröners Taschenausgabe. Band 368). 3., völlig überarbeitete Auflage. Kröner, Stuttgart 2006, ISBN 3-520-36803-X.

Einzelnachweise

  1. Lieder-Edda: Völuspá 11; Prosa-Edda: Gylfaginning 14.
  2. Edgar C. Polomé: Notes on the dwarfs in Germanic tradition. In: Einar Ingvald Haugen, Einar Haugen, Stig Eliasson, Ernst Håkon Jahr: Language and Its Ecology: Essays in Memory of Einar Haugen. Verlag Walter de Gruyter, 1997, ISBN 978-3-11-014688-2, S. 443. Online Auszug.
  3. Prosa-Edda: Gylfaginning 8. Textausgabe nach CyberSamurai, URL: Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 28. Januar 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.cybersamurai.net, aufgerufen am 30. November 2009.
  4. Übersetzung nach Arnulf Krause: Die Edda des Snorri Sturluson. Philipp Reclam jun. Verlag, Stuttgart 1997, ISBN 978-3-15-000782-2
  5. Hallfreðr Óttarsson vandræðaskáld: Ólafsdrápa. Strophe 26.
  6. Prosa-Edda: Skáldskaparmál 31. Textausgabe nach CyberSamurai, URL: Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 28. Januar 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.cybersamurai.net, aufgerufen am 30. November 2009.
  7. Arnor Jarleskalds, isländisch: Arnórr jarlaskáld, lebte im 11. Jahrhundert.
  8. Übersetzung nach Arnulf Krause: Die Edda des Snorri Sturluson. Philipp Reclam jun. Verlag, Stuttgart 1997, ISBN 978-3-15-000782-2, Skáldskaparmál, Kapitel 23.
  9. Þulur III 40 dverga heiti

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