Þáttr

Der Þáttr (pl. þættir; wortwörtlich Taustrang) bedeutet im übertragenen Sinn eine „kurze Erzählung“ und ist ein Begriff für eine literarische Gattung in der altwestnordischen Literatur, die eine Form der Kurzprosa bezeichnet, in der meistens die Geschichte eines Isländers erzählt wird. Eine weitere Form der Þáttr ist die Bezeichnung eines Abschnittes in den Sagas, der vom Inhalt her einen größeren Textumfang aufweist und in dem dieser ein nebenhandelndes Element des Plots darstellt.

Die þættir erscheinen, neben den großen Isländersagas, in weiteren Gattungen der Sagaliteratur wie in den Königssagas oder beispielsweise in den Bischoffssagas („Biskupasögur“). Anders als in den þættir der Isländersagas, in denen die handelnden Personen meist aus vornehmen Familien stammen, stammen die Protagonisten in den þættir der sagaunabhängig überlieferten Kurzprosa aus breiteren Gesellschaftsschichten. Die Übergänge, beziehungsweise die gattungskonforme Abgrenzung zwischen Þáttr und Saga sind oft fließend, erkennbares Merkmal ist gegenüber den Sagas der einfachere Aufbau. Þáttr werden des Weiteren markant bestimmt durch ein Motiv der Reise. Dieses Motiv zeichnet sich dergestalt aus, dass ein Isländer meistens nach Norwegen reist, dort unterschiedliche Situationen durchsteht oder sich in Herausforderungen bewährt und nach Island zurückkehrt.

Literatur

  • Else Mundal: Sagaliteratur. In: Odd Einar Haugen (Hrsg.): Altnordische Philologie. Island und Norwegen. Übersetzt aus dem Norwegischen von Astrid van Nahl, de Gruyter, Berlin/New York 2007, ISBN 978-3-11-089895-8.
  • Rudolf Simek, Hermann Pálsson: Lexikon der altnordischen Literatur (= Kröners Taschenausgabe. Band 490). Kröner, Stuttgart 1987, ISBN 3-520-49001-3.

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