Umgangstempel von Nattenheim
- Römisches Bauwerk in Rheinland-Pfalz
- Römischer Tempel in Deutschland
- Gallorömischer Umgangstempel
- Erbaut im 1. Jahrhundert
- Zerstört im 4. Jahrhundert
- Sakralbau im Eifelkreis Bitburg-Prüm
- Eifel in der Römerzeit
- Tempel in Europa
- Nattenheim
- Archäologischer Fundplatz in Europa
- Archäologischer Fundplatz im Eifelkreis Bitburg-Prüm
Der Gallo-Römische Umgangstempel Nattenheim ist ein römischer Umgangstempel in der Ortsgemeinde Nattenheim im Eifelkreis Bitburg-Prüm in Rheinland-Pfalz.
Geographische Lage
Der Tempel liegt bei Nattenheim, rund sechs Kilometer nördlich von Bitburg entfernt, gleich westlich der Via Agrippa (römische Fernstraße von Trier über Bitburg nach Köln), auf der Anhöhe Nattenheimer Kopf in der Flur Hetterbüsch.
Ausgrabung
Das Heiligtum wurde 1875 archäologisch erforscht, der Grabungsbericht ein Jahr später von Ernst aus’m Weerth publiziert.[1] Anlass zur Ausgrabung gab ein zufällig beim Pflügen entdecktes Bruchstück einer lateinischen Inschrift (s. u.).
Beschreibung und Einordnung
Der gallo-römische Umgangstempel weist die Gesamtmaße von 11,85 m × 10,25 m auf, wovon 6,67 m × 6,15 m auf die Cella entfallen. Die Breite des Umgangs schwankt zwischen 1,40 m und 1,50 m. Der Umgang ruhte auf Säulen toskanischer Ordnung aus rotem Sandstein, von denen sich mehrere Bruchstücke erhalten haben.[2]
Von besonderer Bedeutung für den Tempel ist die hier gefundene, dabei aber sehr fragmentierte Weihinschrift aus Kalkstein.[3] Aus dem verstümmelten Wortlaut kann nur noch geschlossen werden, dass ursprünglich wahrscheinlich (auch?) eine weibliche Gottheit genannt war und dass ein Tempel von Grund auf wieder in Stand gesetzt wurde, und zwar auf eigene Kosten des Stifters oder der Stifter.[4] Die Inschrifttafel in Form einer tabula ansata wird in das Tempelgebäude eingelassen gewesen sein. Ernst aus’m Weerth hat die Weihung Iuno zusprechen wollen wegen des Fundes einer noch 27 cm hohen thronenden Göttin aus Kalkstein in der Cella.[5] Diese ist aber eindeutig als Fortuna anzusprechen.[6] Die Statuette ist zwar schwer beschädigt – es fehlen der Kopf und die Unterschenkel sowie Füße –, an der rechten Seite ist aber das für Fortuna typische Steuerruder deutlich sichtbar. Unter Umständen ist in der Inschrift also Fortuna zu ergänzen, dies bleibt allerdings unsicher.[7]
Ebenfalls entdeckt wurden 299 Münzen aus der Zeit von Augustus bis Marc Aurel und von Gallienus bis Arcadius. Auffällig ist somit, dass Prägungen aus der Zeit zwischen Marc Aurel und Gallienus fehlen.[8] Hinzu kommt, dass es sich mit Ausnahme einer Silbermünze sämtlich um Kupferprägungen handelt. Vielleicht sind sie als Votivgeschenke anzusehen, denn der Wortlaut von Eernst aus’m Weerth spricht gegen einen an einem Punkt niedergelegten Münzschatz.[9] Die erwähnte chronologische Lücke ist trotzdem auffällig. Ernst aus’m Weerth hat deshalb vermutet, dass während dieser Zeit der Tempel verfallen war, dann wieder in Stand gesetzt wurde (was die Inschrift dokumentiere), woraufhin erneut Münzen als Opfer dargebracht worden seien.[10] Tatsächlich datiert die Inschrift aber keinesfalls so spät, sondern füllt sogar die zeitliche Lücke, da sie in die Zeit von der Mitte des 2. bis zur Mitte des 3. Jahrhunderts n. Chr. datieren dürfte.[11] Marcello Ghetta weist ferner darauf hin, dass im Tempelbezirk von Niedaltdorf/Ihn ebenfalls Münzen aus demselben Zeitraum wie in Nattenheim fehlen, was aber durch die dortigen Steindenkmäler und die Keramik ausgeglichen werde.[12] Man kann somit davon ausgehen, dass der Tempel von Nattenheim vom 1. bis zum Ende des 4. Jahrhunderts n. Chr. besucht wurde. Da sich das Heiligtum direkt an der römischen Fernstraße befindet, wird es vor allem von Reisenden aufgesucht worden sein.[13]
Literatur
- Ernst aus’m Weerth: Der Juno-Tempel bei Nattenheim. In: Bonner Jahrbücher. Band 57, 1876, S. 56–65 (Digitalisat).
- Peter D. Horne, Anthony C. King: Romano-Celtic Temples in Continental Europe: A Gazetteer of those with Known Plans. In: Warwick Rodwell (Hrsg.): Temples, Churches and Religion: Recent Research in Roman Britain with a Gazetteer of Romano-Celtic Temples in Continental Europe. Part 1 (= BAR British Series. Band 77/1). BAR, Oxford 1980, ISBN 0-86054-085-5, S. 439 f.
- Marcello Ghetta: Spätantikes Heidentum. Trier und das Trevererland (= Geschichte und Kultur des Trierer Landes. Band 10). Kliomedia, Trier 2008, ISBN 978-3-89890-119-2, S. 324 f.
- Sascha Weiler, Patrick Reinard: Inschriften aus Bitburg und der südlichen Eifel aus der Römerzeit (I.BiER) – Katalog und Auswertung. Geschichtlicher Arbeitskreis Bitburger Land, Bitburg 2018, ISBN 978-3-00-061532-0, S. 195 f.
Weblinks
Anmerkungen
- ↑ Siehe Ernst aus’m Weerth: Der Juno-Tempel bei Nattenheim. In: Bonner Jahrbücher. Band 57, 1876, S. 56–65.
- ↑ Siehe Ernst aus’m Weerth: Der Juno-Tempel bei Nattenheim. In: Bonner Jahrbücher. Band 57, 1876, S. 64 f.; ferner Peter D. Horne, Anthony C. King: Romano-Celtic Temples in Continental Europe: A Gazetteer of those with Known Plans. In: Warwick Rodwell (Hrsg.): Temples, Churches and Religion: Recent Research in Roman Britain with a Gazetteer of Romano-Celtic Temples in Continental Europe. Part 1 (= BAR British Series. Band 77/1). BAR, Oxford 1980, ISBN 0-86054-085-5, S. 439.
- ↑ CIL XIII 4134; zuletzt zu der Inschrift aus Kalkstein Sascha Weiler, Patrick Reinard: Inschriften aus Bitburg und der südlichen Eifel aus der Römerzeit (I.BiER) – Katalog und Auswertung. Geschichtlicher Arbeitskreis Bitburger Land, Bitburg 2018, ISBN 978-3-00-061532-0, S. 200–213, Nr. 91.
- ↑ Wahrscheinlich ist der Tempel mit der Zeit baufällig geworden; siehe Ernst aus’m Weerth: Der Juno-Tempel bei Nattenheim. In: Bonner Jahrbücher. Band 57, 1876, S. 61, der [vetustate collaps]um ergänzt, worin ihm die späteren Bearbeiter der Inschrift gefolgt sind.
- ↑ Siehe Ernst aus’m Weerth: Der Juno-Tempel bei Nattenheim. In: Bonner Jahrbücher. Band 57, 1876, S. 61 mit Abb. auf Taf. 2.
- ↑ Siehe Felix Hettner: Nachtrag zu dem Werke: „Drei Tempelbezirke im Trevererlande“. In: Trierer Jahresberichte. Neue Folge Band 3, 1910 (1911), S. 52 (Digitalisat); Wolfgang Binsfeld, Karin Goethert-Polaschek, Lothar Schwinden: Katalog der römischen Steindenkmäler des Rheinischen Landesmuseums Trier 1: Götter- und Weihedenkmäler (= Trierer Grabungen und Forschungen. Band XII 1 / Corpus Signorum Imperii Romani Deutschland. Band IV 3: Trier und Trierer Land). Von Zabern, Mainz 1988, ISBN 3-8053-0286-X, S. 46 Nr. 76 mit Abb. 76 auf Taf. 22.
- ↑ Siehe Felix Hettner: Nachtrag zu dem Werke: „Drei Tempelbezirke im Trevererlande“. In: Trierer Jahresberichte. Neue Folge Band 3, 1910 (1911), S. 52 (Digitalisat); Wolfgang Binsfeld, Karin Goethert-Polaschek, Lothar Schwinden: Katalog der römischen Steindenkmäler des Rheinischen Landesmuseums Trier 1: Götter- und Weihedenkmäler (= Trierer Grabungen und Forschungen. Band XII 1 / Corpus Signorum Imperii Romani Deutschland. Band IV 3: Trier und Trierer Land). Von Zabern, Mainz 1988, ISBN 3-8053-0286-X, S. 219 Nr. 440.
- ↑ Marcello Ghetta: Spätantikes Heidentum. Trier und das Trevererland (= Geschichte und Kultur des Trierer Landes. Band 10). Kliomedia, Trier 2008, ISBN 978-3-89890-119-2, S. 325.
- ↑ Siehe Ernst aus’m Weerth: Der Juno-Tempel bei Nattenheim. In: Bonner Jahrbücher. Band 57, 1876, S. 62 f.: „Die meisten wurden in der Nähe der Thürschwelle gefunden, als habe man dort Spenden für die Erhaltung des Tempels dargebracht.“
- ↑ Siehe Ernst aus’m Weerth: Der Juno-Tempel bei Nattenheim. In: Bonner Jahrbücher. Band 57, 1876, S. 63.
- ↑ Sascha Weiler, Patrick Reinard: Inschriften aus Bitburg und der südlichen Eifel aus der Römerzeit (I.BiER) – Katalog und Auswertung. Geschichtlicher Arbeitskreis Bitburger Land, Bitburg 2018, ISBN 978-3-00-061532-0, S. 200 datieren die Inschrift ins 2./3. Jahrhundert n. Chr.
- ↑ Marcello Ghetta: Spätantikes Heidentum. Trier und das Trevererland (= Geschichte und Kultur des Trierer Landes. Band 10). Kliomedia, Trier 2008, ISBN 978-3-89890-119-2, S. 325.
- ↑ Sascha Weiler, Patrick Reinard: Inschriften aus Bitburg und der südlichen Eifel aus der Römerzeit (I.BiER) – Katalog und Auswertung. Geschichtlicher Arbeitskreis Bitburger Land, Bitburg 2018, ISBN 978-3-00-061532-0, S. 195.
Koordinaten: 50° 2′ 7,86″ N, 6° 31′ 35,09″ O