Menhir von Benzingerode

Menhir von Benzingerode Hünenstein, Hunnenstein, Hünengrab
Der Menhir von Benzingerode (2014)

Der Menhir von Benzingerode (2014)

Menhir von Benzingerode (Sachsen-Anhalt)
Koordinaten 51° 50′ 35,7″ N, 10° 52′ 45,7″ OKoordinaten: 51° 50′ 35,7″ N, 10° 52′ 45,7″ O
Ort Wernigerode, OT Benzingerode, Sachsen-Anhalt, Deutschland

Der Menhir von Benzingerode (auch als Hünenstein, Hunnenstein oder Hünengrab bezeichnet) ist ein Menhir bei Benzingerode, einem Ortsteil von Wernigerode im Landkreis Harz in Sachsen-Anhalt. Mit 3,85 Meter Höhe gilt er als höchster vorgeschichtliche Langstein (Menhir) in Norddeutschland.[1]

Lage und Beschreibung

Der Menhir befindet sich nordöstlich von Benzingerode kurz unterhalb des höchsten Punktes einer als „Steinfeld“ bezeichneten Anhöhe. Er besteht aus senonischem Quarzit; das nächste Vorkommen befindet sich 1,5 km entfernt bei Heimburg. Er hat eine Höhe von 450 cm (davon 385 cm oberirdisch), eine Breite von 160 cm und eine Tiefe von 60 cm. Er ist stark zerklüftet und verjüngt sich nach oben.[2]

Ansicht von Südwest (Winter 2017)

Das Umfeld des Menhirs ist sehr reich an vorgeschichtlichen Befunden. So gab es in seinem Umfeld ursprünglich mindestens vier weitere Menhire, von denen heute noch zwei existieren: der Menhir von Heimburg und der Menhir von Derenburg; zu letzterem besteht eine Sichtachse. Zwischen 1975 und 1983 wurden bei Feldbegehungen über 600 Keramikscherben gefunden, die von der Linienbandkeramik über die Spätbronze- und Eisenzeit bis ins Mittelalter reichten. 2001 wurde bei einer Notgrabung die Totenhütte von Benzingerode, ein Kollektivgrab der Bernburger Kultur, entdeckt.[3]

1939 führte Alfred Tode unmittelbar am Menhir eine Grabung durch. Auf der quadratischen Grabungsfläche mit einer Seitenlänge von 8 m fand er ein west-östlich orientiertes Steinpackungsgrab, das aber keinerlei Funde enthielt. Entweder hatten sich hier die Skelettreste lediglich nicht erhalten oder das Grab war von vornherein als Kenotaph konzipiert worden. Weitere Befunde waren eine Grube mit Brandresten, ein Steinpflaster unmittelbar am Fuß des Steins und ein spätrömisches Urnengrab, in dem Harz, geschmolzene Glasperlen und Reste eines knöchernen Kamms gefunden wurden.[2][4] Gerhard Bosinski stellte später fest, dass das Befund-Ensemble eine große Ähnlichkeit mit dem Menhir von Einselthum in Rheinland-Pfalz aufweist, um den ebenfalls eine Brandgrube, ein Steinpflaster und ein fundleeres Steinpackungsgrab angeordnet sind.[5]

Der Menhir in regionalen Sagen

Gemäß einer Sage soll es sich bei dem Menhir um ein Denkmal auf dem Grab eines in der Schlacht gestorbenen heidnischen Helden handeln.[6]

Eine andere Sage dreht sich um diesen und zwei weitere Menhire in der Umgebung. Demnach waren einst drei Riesen in ein Bauernmädchen verliebt, und um zu entscheiden, wer sie bekommen solle, wollten sie Steine von der Struvenburg werfen. Der älteste Riese warf den größten Stein, der aufrecht im Feld stehen blieb und bei dem es sich um den Menhir von Benzingerode handeln soll. Der zweite Stein flog ein Stück weiter, blieb aber schräg im weichen Grund stecken. Der jüngste Riese warf den kleinsten Stein und warf ihn am weitesten. Als den Riesen aber klar wurde, dass sie einen ungleichen Wettkampf abgehalten hatten, gingen sie im Streit auseinander und das Bauernmädchen wartete vergeblich auf ihren Freier.[7]

Literatur

  • Hans-Jürgen Beier: Die megalithischen, submegalithischen und pseudomegalithischen Bauten sowie die Menhire zwischen Ostsee und Thüringer Wald. Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas 1. Wilkau-Haßlau 1991.
  • Birgitt Berthold u. a.: Archäologie in Sachsen-Anhalt / Die Totenhütte von Benzingerode: Archäologie und Anthropologie: Sonderband 7. Landesamt f. Denkmalpflege u. Archäologie Sachsen-Anhalt, 1. Auflage, Halle (Saale) 2008, ISBN 978-3-939414-12-4, S. 20–22.
  • Gerhard Bosinski: Der Lange Stein bei Einselthum (Pfalz). Ein Menhir der Rössener Kultur? In: Germania. Band 39, 1961, S. 181–185.
  • Gisela Graichen: Das Kultplatzbuch. Ein Führer zu alten Opferplätzen, Heiligtümern und Kultstätten in Deutschland. Hamburg 1990, S. 344–347.
  • Johannes Groht: Menhire in Deutschland. Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Halle (Saale) 2013, ISBN 978-3-943904-18-5, S. 25, 390–391, 445–446.
  • Horst Kirchner: Die Menhire in Mitteleuropa und der Menhirgedanke (= Akademie der Wissenschaften und der Literatur. Abhandlungen der Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Klasse. Jahrgang 1955, Nr. 9). Wiesbaden 1955, S. 184.
  • Johannes Pätzold: Untersuchungen am Menhir von Benzingerode. In: Klaus Schwarz (Hrsg.): Strena Praehistorica. Festgabe um 60. Geburtstag von Martin Jahn. Halle (Saale) 1948, S. 78–89.
  • Michael Schmidt: Die alten Steine. Reisen zur Megalithkultur in Mitteleuropa. Rostock 1998, S. 93–94.
  • Johannes Schneider: Bodendenkmale des Bezirkes Magdeburg. In: Jahresschrift für Mitteldeutsche Vorgeschichte. Band 69, 1986, S. 103–131.
  • Johannes Schneider: Benzingerode. In: Joachim Hermann (Hrsg.): Archäologie in der Deutschen Demokratischen Republik. Denkmale und Funde. Band 2, Urania, Leipzig/Jena/Berlin 1989, ISBN 3-332-00308-9, S. 408.
  • Waldtraut Schrickel: Westeuropäische Elemente im Neolithikum und in der frühen Bronzezeit Mitteldeutschlands. Teil I. Katalog. Veröffentlichungen des Landesmuseums für Vorgeschichte Dresden, Band 5, VEB Bibliographisches Institut, Leipzig 1957, S. 18.
  • Britta Schulze-Thulin: Großsteingräber und Menhire. Sachsen-Anhalt • Thüringen • Sachsen. 2. Auflage. Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale) 2011, ISBN 978-3-89812-799-8, S. 76.

Weblinks

Commons: Menhir von Benzingerode – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Chris Bergmann: Harz. Wandern kompakt. Bruckman, 2004, ISBN 3-7654-3569-4, S. 22.
  2. 2,0 2,1 Johannes Groht: Menhire in Deutschland. S. 445.
  3. Birgitt Berthold u. a.: Die Totenhütte von Benzingerode. S. 20–21.
  4. Johannes Schneider: Benzingerode. S. 408.
  5. Gerhard Bosinski: Der Lange Stein bei Einselthum (Pfalz). Ein Menhir der Rössener Kultur? S. 183ff.
  6. Waldtraut Schrickel: Westeuropäische Elemente im Neolithikum und in der frühen Bronzezeit Mitteldeutschlands. Teil I. Katalog. S. 18.
  7. Johannes Groht: Menhire in Deutschland. S. 445–446.

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