Großfriesisches Reich
Das Großfriesische Reich ist der Name eines friesischen Königreiches, das zwischen 650 und 734 seine größte Ausdehnung erreichte. Das Reich ist auch unter dem lateinischen Namen Magna Frisia bekannt.
Lage
Der Herrschaftsbereich der Friesen erstreckte sich über einen breiten Küstenstreifen an der Nordsee von Brügge, über das Rhein-Maas-Delta bis zur Weser. Das Kerngebiet befand sich zwischen dem heutigen IJsselmeer und der Ems. Residenzen waren wahrscheinlich Utrecht und Dorestad.
Geschichte
Während der Zeit des Großfriesischen Reiches kam es immer wieder zu Konflikten mit dem südlich gelegenen Frankenreich. Während das Großfriesische Reich unter König Aldgisl noch weitestgehend in Frieden mit den Franken lebte, kam es unter Aldgisls Nachfolger Radbod immer wieder zu Auseinandersetzungen mit den Franken. Die Kriege wurden vor allem wegen der Kontrolle des Rhein-Maas-Deltas geführt, das von den Friesen beherrscht wurde. In der Schlacht bei Wijk bij Duurstede, an den Ufern des Rheins, unterlag er dem Herrscher des Frankenreiches, Pippin dem Mittleren, und musste den westlichen Teil des Reiches an die Franken abtreten. In den fränkisch beherrschten Gebieten setzte ab 690 die Missionierung der heidnischen Friesen durch Willibrord ein.
Nach dem Tod von Pippin dem Mittleren sammelte Radbod seine Truppen und eroberte 716 die zuvor verlorenen Gebiete in einer Schlacht gegen den fränkischen Hausmeier Karl Martell zurück. Radbod starb 719 und sein Nachfolger wurde Poppo. Unter seiner Herrschaft setzten die Franken zur Rückeroberung des westlichen Frieslands an und bereits 720 waren alle vormals friesischen Landesteile westlich der Vlie wieder in fränkischer Hand.
Im Jahre 734 entsandte Karl Martell seine Truppen erneut nach Friesland, und es kam zur Schlacht an der Boorne, in der die Franken die friesischen Truppen vernichtend schlagen konnten. Poppo fand in der Schlacht den Tod und die Franken annektierten auch das friesische Gebiet zwischen der Vlie und der Lauwers.
Den Friesen verblieb damit nur noch ein wesentlich verkleinerter Herrschaftsbereich. Mit der Zeit ging er im immer größer werdenden Frankenreich auf.
Herrscher
Es ist nicht genau bekannt, welchen Titel die Herrscher des Großfriesischen Reiches trugen. In der französischsprachigen Literatur werden die frühen Herrscher der Friesen als Herzöge genannt, in der angelsächsischen Literatur werden sie in der Regel als Könige aufgeführt.
Name | Herrschaftszeit von | Anmerkungen |
---|---|---|
Finn von Friesland | 6. Jahrhundert | Nur durch Sagen nachgewiesen |
… | … | |
Audulf | ± 600 - ± 630 | |
… | ± 630 – 654 | |
Aldgisl | 654–680 | |
Radbod | 680–719 | |
Poppo | 719–734 |
Literatur
- Conrad Borchling und Rudolf Muuß: Die Friesen. Breslau 1931
- Stéphane Lebecq: Art. Friesenhandel, in: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. 2. Aufl., Bd. 10, Lieferung 1/2 (1996), Sp. 69–80
- Günter Neumann u. a.: Art. Friesen, in: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. 2. Aufl., Bd. 10, Lieferung 1/2 (1996), Sp. 2–69