Geschichtskritik

Geschichtskritik ist die kritische Auseinandersetzung mit der Geschichtsschreibung in der Gesamtschau oder einzelner Elemente (z. B. Epochen, Kulturen, Akteure) der Geschichte. Sie ist Teil der wissenschaftlich-kritischen Methode der Geschichtswissenschaft.

Sie geht auf Pyrrhon von Elis zurück, der postulierte, man könne aus der Geschichte nichts lernen und drückt sich in Theodor Lessings berühmter Formel von der Geschichte als Sinngebung des Sinnlosen aus.

Klassische Geschichtskritik

Fachfragen der Geschichtskritik sind beispielsweise:

  • Die Klärung von Fälschungen und Falschdatierungen, soweit sie in der Geschichtsforschung relevant ist: Ein Beispiel sind Zuschreibungen von Werken zu Meistern, deren Lebensdaten nicht genau bekannt sind.
  • Untersuchungen über die Sekundärverwendung von Materialien, die die absolute Datierung beurteilen, z. B. mit Hilfe der Dendrochronologie.
  • Die Überprüfung überlieferter Herrscherfolgen und ihrer Eckdaten durch Vergleich mit zeitgenössischen Aufzeichnungen anderer Provenienz: So konnten erst durch die Entzifferung von Keilschrifttexten manche Unklarheiten der ägyptischen Pharaonen-Folge geklärt werden.
  • Analyse von kontemporären Geschichtsfälschungen: Es war – und ist wohl noch – in manchen Kulturen politisch erwünscht, die Erinnerung etwa an besiegte Dynastien oder unliebsame Vorfahren zu tilgen, indem diese aus der offiziellen Geschichtsschreibung entfernt werden.
  • Vermeidung von Geschichtsklitterung durch Abgrenzung gegen Mythen, Legenden, und andere nichtwissenschaftliche Formen tradierten Kultur- und Gedankenguts.
Siehe auch: Historisch-kritische Methode der Textanalyse

Moderne Geschichtskritik

Die Absicht der Geschichtskritik des späten 20. Jahrhunderts war ursprünglich, die Methodik und das Instrumentarium der Geschichtswissenschaften einer ähnlich strengen Überprüfung zu unterziehen, wie das z. B. die Physik oder die Mathematik in den 1920er-1930er-Jahren vollzogen. Hierbei ging es um die Frage, ob die Axiomatik der Geschichtsschreibung nicht Kreisreferenzierungen enthält, oder letztendlich auf ungesicherter, aber nicht in Zweifel gezogener Quellenlage beruht.

Dieser Ansatz verlor sich aber bald in diversen hypothetischen Konstrukten, die die ursprünglichen Beweggründe überlagerten und sich in demselben Eklektizismus verloren, der eigentlich in Frage gestellt werden sollte. Die Folge ist, dass seitens der etablierten Geschichtswissenschaft diese Form der Geschichtskritik als Parawissenschaft betrachtet wird. Dieses Themenumfeld firmiert unter der Bezeichnung Chronologiekritik.

In den Werken von Edmund Husserl und Michel Foucault finden sich Ansätze von Geschichtskritik, die einen anderen Zugang darstellen.

Siehe auch

  • Chronik – geschichtliche Darstellung, die die Ereignisse in zeitlich genauer Reihenfolge darstellt
  • Chronologie – Zeitkunde bzw. Lehre von der Zeitmessung und Zeitrechnung
  • Chronografie
  • Geschichtsrevisionismus
  • Historische Hilfswissenschaften (kurz: GHW) – die Aufbereitung historischer Quellen
    • Altersbestimmung von Gesteinen, Fossilien oder archäologischen Funden
    • Chorologie – die Lehre von der geografischen Verbreitung der Organismen
    • Stratigraphie – die Untersuchung von Schichtungen und ihre zeitliche Zuordnung.
    • Quellenkritik – untersucht die Plausibilität einer geschichtsrelevanten Quelle

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