Cherusker
Die Cherusker ([çeˈʁʊskɐ] oder [keˈʁʊskɐ], lateinisch Cherusci, {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:ISO15924:97: attempt to index field 'wikibase' (a nil value) oder {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value)) waren ein Stammesverband im antiken Germanien, der im Gebiet beidseitig des oberen Flussgebietes der Weser im heutigen Ostwestfalen und in Niedersachsen bis zur Elbe lebte. Über seine Geschichte sind nur wenige Informationen überliefert.
Name
Spätestens im 16. Jahrhundert wurde darüber spekuliert, bis hin zu gewagten Mutmaßungen, Cherusker sei mit „Härzer“ (von Harz) zu übersetzen.[1] Dies glaubte bereits Martin Luther, der in seinen Tischgesprächen von Arminius meinte, er sei „ein Hartzer oder Hartzlender nomine Hermannus“ gewesen.[2]
In der Forschung des 19. und 20. Jahrhunderts gab es mehrere Theorien zur Herkunft des Wortes. Jacob Grimm sah eine Verbindung zum gotischen Wort hairus bzw. dem altenglischen heoru für Schwert.[3] Auch das altnordische horskr für „die Klugen“ bildet eine mögliche Verbindung. Andere, wie Rudolf Much, Edward Schröder und Otto Höfler, leiteten das Wort eher totemistisch vom gemeingermanischen herut (Hirsch) ab und begründeten dies mit der großen Rolle, die der Hirsch in der germanischen Symbolik spielte. Diese Einschätzung gilt heute als die wahrscheinlichste und das Ethnonym als germanisch.[4] Demzufolge führt der ehemalige Landkreis Alfeld (Leine) einen Hirschen im Wappen. Hans Kuhn wies alternativ darauf hin, dass das Suffix sk nicht germanisch sei, beziehungsweise als solches unüblich. Er sieht ein Kompositum vorliegen, das weder rein römisch noch germanisch und daher an indoeuropäisches Sprachgut aus dem Nordwestblock anzubinden sei.[5]
Siedlungsgebiet
Erstmalige Erwähnung fand das Volk der Cherusker in der Schrift {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value) des römischen Feldherrn Gaius Iulius Caesar. Er berichtete, dass die Cherusker und Sueben durch den großen Wald {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value) voneinander getrennt seien.[6] Es liegen nur wenige andere Hinweise auf ihr geographisches Siedlungsgebiet vor. Strabon erwähnte sie nur als eines der kleineren germanischen Völker,[7] während Plinius der Ältere sie neben den Sueben, Chatten und Hermunduren zu den Herminonen zählte.[8] Tacitus betrachtete sie als Nachbarn der Chatten und Chauken.[9] Die genauesten Angaben hinterließ Claudius Ptolemäus, der schrieb, dass die Cherusker südlich der an der Elbe lebenden Kalukonen wohnten und sich ihr Gebiet bis zum Harz erstreckte.[10] Man geht deshalb davon aus, dass sich das Siedlungsgebiet der Cherusker zwischen Weser, Elbe und Harz befand. Allerdings weisen andere Berichte darauf hin, dass sich dieses Gebiet auch westlich der Weser erstreckte.[11] Im Norden trennte der Angrivarierwall die Cherusker von den Angrivariern.[12]
Geschichte
In den Jahren zwischen 12 v. Chr. und 16 n. Chr. führten die Römer unter Drusus, Tiberius, Varus und Germanicus Kriege gegen die Cherusker (Augusteische Germanenkriege). Im Jahr 11 v. Chr. drang Drusus im Rahmen der Drusus-Feldzüge (12 bis 8 v. Chr.) bis zu den Cheruskern vor, was diese jedoch nicht davon abhielt, im Verbund mit andern Stämmen das römische Heer auf dem Rückmarsch bei Arbalo zu stellen und beinahe vernichtend zu schlagen. Im Jahr 9 v. Chr. fand ein erneuter Feldzug des Drusus statt. Möglicherweise wurden die Cherusker dabei bis zur Elbe verfolgt; ein Elbeübergang des Stammes fand jedoch nicht statt.[13] Der tödliche Unfall des Drusus im Jahr 9 v. Chr. trug sich vermutlich auf cheruskischem Gebiet zu.[13] Im Jahr 8 v. Chr. erreichte Tiberius die Unterwerfung der Cherusker vermutlich auf diplomatischem Wege (cheruskische Gesandtschaft nach Gallien zu Augustus).[13]
Zwischen 7 v. Chr. und 1 n. Chr. galten die Cherusker als Freunde Roms. Allerdings scheinen um die Zeitenwende Spannungen aufgetreten zu sein, die sich 1 n. Chr. in einem allgemeinen Aufstand germanischer Stämme, dem {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value) (1–5 n. Chr.), entluden. 4 n. Chr. konnte Tiberius die Cherusker wieder in das römische Herrschaftssystem integrieren. In der Folge galten die Cherusker als Bundesgenossen ({{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value)). Zunehmende Eingriffe in die internen Angelegenheiten der Cherusker, wohl auch Verstöße der Römer gegen vertragliche Abmachungen, verstärkten den antirömischen Widerstand.[14]
Den Höhepunkt dieser Auseinandersetzungen bildete die Varusschlacht (9 n. Chr.), in deren Verlauf drei römische Legionen aufgerieben wurden. In diesen Kämpfen standen die Cherusker unter ihrem Anführer Arminius an der Spitze eines Stämmebundes aus Brukterern und Marsern, vielleicht auch Chatten und Angrivariern. Die Teilnahme weiterer Stämme wie der Usipeter, Chattuarier, Tubanten, Mattiaker oder Landern[15] zumindest an den Kämpfen im Anschluss an die Schlacht ist möglich, aber nicht erwiesen. In den Jahren darauf folgte der am Ende erfolgreiche Widerstand der Arminius-Koalition gegen die Versuche des Tiberius und insbesondere des Germanicus (ab 13 n. Chr.), die Stämme erneut zu unterwerfen. Nach schweren Kämpfen und hohen römischen Verlusten in den Germanicus-Feldzügen (14 bis 16 n. Chr.) untersagte Tiberius die weitere Kriegführung in Germanien. Für Tacitus war der Cheruskerfürst Arminius „ohne Zweifel der Befreier Germaniens“.[16]
Im Jahre 17 n. Chr. besiegte das um Semnonen und Langobarden erweiterte Bündnis auch das Heer des markomannischen Königs Marbod.[17]
Den inneren Fehden nach dem Tod des Arminius (21 n. Chr.) fiel fast die gesamte Fürstenschicht der Cherusker zum Opfer, sodass sie im Jahre 47 n. Chr. in Rom darum baten, Italicus, den letzten aus dem Geschlecht des Arminius, zum König ernennen zu dürfen. Doch auch dessen Erfolg bei der Befriedung des Stammes war begrenzt.[18] Einer seiner Nachfolger, König Chariomerus, wurde um das Jahr 88 n. Chr. von den Chatten vertrieben und rief Kaiser Domitian vergeblich um Hilfe an.[19]
Tacitus berichtet, dass die Chatten die Cherusker unterwarfen. Danach sind sie nicht mehr zu greifen. Später vertritt der Name als Reminiszenz an einen einst bedrohlichen Barbarenstamm zeitgenössische Namen in der Poesie.[20]
Die ältere Forschung hielt das für Belege eines Fortbestehens der Ethnie.[21] Erst im 4. Jahrhundert sollte ihr Stamm demnach im Volk der Sachsen aufgegangen sein.[22] Eine weitere Existenz der Cherusker wird auch an Merkmalen der Mundart und an Ortsnamen festgemacht. Doch gilt dies als nicht überzeugend. Der Ortsname Harxbüttel z. B. leitet sich nicht von dem Namen „Cherusker“ ab, sondern über die bezeugte Form Herikesgibutle vom Personennamen Herike.[23]
Es wird davon ausgegangen, dass sich die überlebenden Cherusker anderen Ethnien, in deren politische Gemeinwesen sie sich integrieren mussten, assimiliert haben.[24]
Anmerkungen
- ↑ Wilhelm Raabe, Karl Hoppe, Jost Schillemeit, Eberhard Rohse (Hrsg.): Sämtliche Werke, Das Odfeld. Der Lar, Bd. 17, Göttingen 1966, 2. Auflage 1981, S. 405.
- ↑ Rainer Kipper: Der Germanenmythos im Deutschen Kaiserreich: Formen und Funktionen, Göttingen 2002, S. 43.
- ↑ Jacob Grimm: Geschichte der Deutschen Sprache, Bd. 2, 2. Auflage, Leipzig 1853, S. 426. So auch bei Friedrich Schmitthenner: Kurzes Deutsches Wörterbuch für Etymologie, Synonymik und Orthographie, Darmstadt 1834, S. 244.
- ↑ Günter Neumann: Cherusker, § 1 Namenkundliches, in: Reallexikon der germanischen Altertumskunde 4, 1981, S. 430f. Rudolf Much: Die Germania des Tacitus, 3. Auflage, Winter, Heidelberg 1967. S. 411f.
- ↑ Hans Kuhn: Arminius. In: RGA, 1, 1973 S. 420–21. Ders. In: Westfälische Forschungen 12, 1959, S. 36
- ↑ Caesar: De bello Gallico 6,10.
- ↑ Strabon 7,291.
- ↑ Plinius: Naturalis historia 4,100.
- ↑ Tacitus: Germania 36.
- ↑ Ptolemäus 2,11,10.
- ↑ So etwa Velleius Paterculus 2,105 und Cassius Dio 54,33.
- ↑ Tacitus: Annales 2,19.
- ↑ 13,0 13,1 13,2 Kehne 2008, S. 18
- ↑ Kehne 2008, S. 21
- ↑ Dazu Ralf Günter Jahn, Der Römisch-Germanische Krieg (9–16 n. Chr.), Bonn 2001, S. 117f.
- ↑ Tacitus, Annales 2,88,2
- ↑ Tacitus, Annales 2,44–46.
- ↑ Tacitus, Annales 11,16–17.
- ↑ Cassius Dio, epitome 67,5.
- ↑ Reinhard Wenskus: Cherusker, in: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Bd. 4 (1981), S. 431–435; Reinhard Wolters: Die Schlacht im Teutoburger Wald. Arminius, Varus und das römische Germanien. 1., durchgesehene, aktualisierte und erweiterte Auflage. München 2017, ISBN 978-3-406-69995-5, S. 174 f.
- ↑ 3 Beispiele bei Max Ihm, s. v. Cheruski, in: RE III,2, 1899, Sp. 2272.
- ↑ Oberst Streccius, s. v. Cherusker, in: Bernhard von Poten (Hrsg.), Handwörterbuch der gesamten Militärwissenschaften. Band 2, Bielefeld und Leipzig 1877, S. 235.
- ↑ Reinhard Wenskus, Cherusker, Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Bd. 4 1981, 434.
- ↑ Reinhard Wenskus: Cherusker, in: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Bd. 4 (1981), hier S. 434; Reinhard Wolters: Die Schlacht im Teutoburger Wald. Arminius, Varus und das römische Germanien. 1., durchgesehene, aktualisierte und erweiterte Auflage. München 2017, S. 174 f.
Quellen
- Gaius Iulius Caesar: De bello Gallico 6,10.
- Plinius: Naturalis historia 4,100.
- Claudius Ptolemäus: Geographike Hyphegesis 2,10.
- Strabon: Geographie 7,291.
- Tacitus: Annales 2,19,44–46.
- Tacitus: Germania 36.
Literatur
- Max Ihm: Cherusci. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band III,2, Stuttgart 1899, Sp. 2270–2272.
- Ralf G. Jahn: Der Römisch-Germanische Krieg (9–16 n. Chr.). Diss., Bonn 2001.
- Peter Kehne: Zur Lokalisierung, Organisation und Geschichte des Cheruskerstammes. In: Michael Zelle (Hrsg.): Terra incognita? Die nördlichen Mittelgebirge im Spannungsfeld römischer und germanischer Politik um Christi Geburt. Akten des Kolloquiums im Lippischen Landesmuseum Detmold vom 17. bis 19. Juni 2004. Philipp von Zabern Verlag, Mainz 2008, ISBN 978-3-8053-3632-2, S. 9–29.
- Günter Neumann, Reinhard Wenskus, Rafael von Uslar: Cherusker. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 4, Walter de Gruyter, Berlin/New York 1981, ISBN 3-11-006513-4, S. 430–435.