Caesarea Mauretaniae

Forum des römischen Caesarea Mauretaniae
Aquädukt von Caesarea Mauretaniae

Caesarea Mauretaniae (ursprünglich Iol oder Jol, in der Neuzeit Cherchell) war eine antike Stadt an der Mittelmeerküste des heutigen Algerien nahe der heutigen Stadt Cherchell.

Übersicht

Caesarea Mauretaniae wurde ursprünglich unter dem Namen Iol von den Phöniziern oder von Karthago aus im 5. Jahrhundert v. Chr. als Handelsplatz gegründet, da sich hier eine vorgelagerte Insel und ein günstiger natürlicher Hafen befanden.[1] Im Laufe des 3. Jahrhunderts v. Chr. wurden aufgrund seiner strategischen Lage neue Verteidigungsanlagen gebaut, und im Jahr 33 v. Chr. annektierte Rom das Gebiet und legte es in die Hände des numidischen Prinzen Juba II., der die Stadt zu einem Zentrum des Hellenismus in Nordafrika machte. Seit 44 n. Chr. war sie Hauptstadt der römischen Provinz Mauretania Caesariensis; unter Claudius erhielt sie das Recht einer Colonia. Seit dem 2. Jahrhundert war auch das Christentum in Caesarea vertreten. In der Spätantike war die Stadt ein Zentrum des Donatismus. Caesarea Mauretaniae war auch seit Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr. Hauptstützpunkt der mauretanischen Flotte (Classis Mauretanica).

Könige Juba I. und Juba II.

Mausoleum für Juba II. und Kleopatra Selene zwischen Cherchell und Algier

Im römischen Bürgerkrieg zwischen Caesar und Pompeius hatte sich der Numidierkönig Juba I. auf die Seite des Pompeius gestellt, und als dieser 46 v. Chr. bei Thapsus gegen Caesar verlor, beging Juba I. Selbstmord. Kaiser Augustus vereinigte den westlichen Teil Numidiens mit Mauretanien und setzte dessen Sohn Juba II. im Jahr 25 v. Chr. dort als Klientelkönig ein. Als Residenzstadt wurde die kleine, bis dahin wohl eher unbedeutende Handelsniederlassung Iol gewählt und zu Ehren des Augustus in Caesarea Mauretaniae umbenannt.

In schneller Folge entstand die Infrastruktur der Stadt – zunächst die Straßen. Juba machte die Stadt zu einer typischen griechisch-römischen Stadt, komplett mit Straßenraster, einem Theater, einer Kunstsammlung und einem Leuchtturm ähnlich dem Pharos von Alexandria. Die Stadt liegt an der Kreuzung der Küstenstraße (von Algier, dem antiken Icosium, nach Westen) und der Handelsroute vom Hafen direkt ins Landesinnere nach Süden/Südosten. Mit einer 7 km langen Stadtmauer ließ Juba II. die Stadt vor äußeren Feinden schützen. Die Mauer lässt sich in spärlichen Resten auch zur Seeseite hin nachweisen und schließt im Süden eine Hügelkette mit ein.

Römisches Theater von Caesarea Mauretaniae

Zur Wasserversorgung führte ein 45 km langer Aquädukt vom Innern des Landes in die Stadt, mehrere große Zisternen sicherten die ganzjährige Versorgung der Stadt sowie mehrerer Thermenanlagen. Für Unterhaltung und Bildung dienten ein Theater, ein Amphitheater[2] und ein Hippodrom/Circus.

Vom Palast ist nichts mehr erhalten, Funde von Skulpturen und Architekturteilen erlesener Qualität deuten jedoch auf eine Lage im Zentrum des heutigen Orts nahe dem zentralen Hauptplatz der Stadt, direkt oberhalb des Hafens. Nach und nach wurden auch mehrere Heiligtümer gegründet – neben den üblichen antiken Göttern sind ein Kybele-Kult und ein Isis-Heiligtum nachweisbar inklusive Kanopus mit Krokodilen und ägyptischen Statuen. Doch auch der übliche Kult für die römischen Herrscher wurde gepflegt und u. a. Tempel anderer Gottheiten errichtet. Einige dieser Bauten sind bis heute im Stadtbild, jedenfalls aus der Luft gut sichtbar, andere wurden stark überbaut, viele liegen heute im unzugänglichen Militärgebiet und man ist auf frühere Aufnahmen angewiesen.

Die Stadt unter Ptolemaeus

Juba II. regierte fast 50 Jahre und sein Sohn Ptolemaeus weitere 15 Jahre. In dieser Zeit florierte die Stadt. Der gute und sichere Hafen blieb über Jahrhunderte von großer Bedeutung. Von hier aus wurden Getreide und wilde Tiere für die Amphitheater des römischen Reichs exportiert und importierte Waren erreichten über den Hafen das Landesinnere. Caesarea wurde so eine der größten und bedeutendsten Städte Nordafrikas (neben Alexandria und Leptis Magna), mit über 20.000 Einwohnern die bedeutendste Stadt Afrikas nach Karthago.

Nach dem Mord an Ptolemaeus durch Caligula wurde 44 n. Chr. das einstige Königreich in zwei Provinzen aufgeteilt, Mauretania Tingitana im Westen und Mauretania Caesariensis im Osten, und Caesarea Mauretaniae wurde zur Hauptstadt letzterer und zum Amtssitz des Präsidialkurators der Provinz. Die Stadt wurde zum caput provinciae und zur privilegierten colonia und erhielt noch unter Claudius eine Veteranenansiedlung.

Spätantike bis Neuzeit

Moschee der hundert Säulen, in das Innere eines römischen Tempels gebaut

Bis in die Spätantike blieb die Stadt ein wichtiger und florierender, reicher Hafenort im südwestlichen Mittelmeergebiet. Dann aber wurde sie 371 n. Chr. bei religiösen kriegerischen Auseinandersetzungen (Donatisten) nach dem Angriff des Firmus geplündert und niedergebrannt. Ca. 60 Jahre später übernahmen die Vandalen für etwa 100 Jahre die gesamte Region, ehe sie 533/4 wieder von byzantinischen Truppen rückerobert, wobei Caesarea zur Hauptstadt der Provinz Mauretania secunda erhoben wurde. Unter den Osmanen wurde der Ort wenig später wohl nach und nach entvölkert und zu einem eher unbedeutenden kleinen Fischerort, der aber aufgrund des Hafens auf Landkarten (als Sargel, Serseli, Cercelli und Shershel) verzeichnet wurde.

Cherchell ab 1840

Die Ruinen der historischen Stadt liegen außerhalb der heutigen Stadt Cherchell. Im Jahr 1840 eroberten die Franzosen Cherchell von den herrschenden ottomanischen Piraten und hielten die Stadt bis zur algerischen Unabhängigkeit 1966.[3] Im Zweiten Weltkrieg diente sie als Stützpunkt für US-amerikanische Truppen, 1942 ist hier wohl eine geheime Konferenz der Alliierten abgehalten worden.[4]

Cherchell liegt in der Provinz Tipasa ca. 80 km westlich der Hauptstadt Algier. Sie hat etwa 48.056 Einwohner.[5] Der dortige Küstenstreifen ist überaus fruchtbar, da der im Süden ansteigende Ausläufer des Atlasgebirges ausreichend Wasser bietet.[6]

Koordinaten: 36° 36′ N, 2° 12′ O

Söhne der Stadt

  • Macrinus (164–218), römischer Kaiser
  • Arcadius († 302), Märtyrer und Heiliger
  • Assia Djebar (1936–2015), Schriftstellerin, Regisseurin und Historikerin
  • Lucien Guiguet (* 1942), Pentathlet

Literatur

  • Jean Lassus: Iol, later Caesarea (Cherchel) Algeria. In: Richard Stillwell u. a. (Hrsg.): The Princeton Encyclopedia of Classical Sites. Princeton University Press, Princeton NJ 1976, ISBN 0-691-03542-3.
  • Philippe Leveau, Jean-Louis Paillet: L’alimentation en eau de Caesarea de Maurétanie et l’aqueduc de Cherchel. Ed. L'Harmattan, Paris 1976.
  • Philippe Leveau: Caesarea de Maurétanie. Une ville romaine et ses campagnes. École française de Rome, Rom 1984 (online).
  • Christa Landwehr: Die römischen Skulpturen von Caesarea Mauretaniae. Denkmäler aus Stein und Bronze. 4 Bände. Mann, Berlin / Zabern, Mainz 1993–2008
  • Christa Landwehr, Römische Skulpturen von Caesarea Mauretaniae I–IV, Berlin und Mainz, 1993–2008
  • Ortwin Dally: Archäologie weltweit, 6, 2, S. 18–21. 55 f., 2018
  • Ortwin Dally, Ulla Kreilinger; Algerien. Nationalmuseum Cherchell, in: Auswärtiges Amt (Hg.), Kulturwelten. Außenpolitik für das kulturelle Erbe (o. J., 2018) S. 24–31
  • Ulla Kreilinger, N. Atif Hamza: Le Musée Public National de Cherchell (Das Nationalmuseum von Cherchell), erscheint 2019

Weblinks

Commons: Cherchell – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Caesarea (North Africa). Abgerufen am 4. September 2019.
  2. Jean-Claude Golvin, Philippe Leveau: L'amphithéâtre et le théâtre-amphithéâtre de Cherchel : Monuments à spectacles et histoire urbaine à Caesarea de Maurétanie. In: Mélanges de l'école française de Rome. Band 91, Nr. 2, 1979, S. 817–843, doi:10.3406/mefr.1979.1213 (persee.fr [abgerufen am 4. September 2019]).
  3. CATHOLIC ENCYCLOPEDIA: Caesarea Mauretaniae. Abgerufen am 4. September 2019.
  4. World War II Plus 55 - November 8, 1942. 5. Juni 2009, abgerufen am 4. September 2019.
  5. Cherchell, Cherchell, Tipaza, Algerien - Städte und Dörfer der Welt. Abgerufen am 4. September 2019.
  6. Birgit Agada, Adolf Schuster: Algerien: Kultur und Natur zwischen Mittelmeer und Sahara. Trescher Verlag, 2010, ISBN 978-3-89794-155-7 (google.de [abgerufen am 4. September 2019]).

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