Benrather Linie

Benrather Linie oder auch maken-machen-Linie bezeichnet in der Germanistik eine Isoglosse innerhalb des kontinentalwestgermanischen Dialektkontinuums. Sie trennt das Hochdeutsche und die mitteldeutschen Mundarten vom Niederdeutschen und Niederfränkischen.

Die Benrather Linie markiert den nördlichen Bereich der zweiten Lautverschiebung und wird mit der Tenuis­verschiebung kch in Verbindung gebracht. Die Isoglosse bezeichnet den Verlauf des nördlichen Verbes maken gegenüber dem südlicheren machen. Die Benennung der Benrather Linie erfolgte 1877 durch den Sprachwissenschaftler Georg Wenker nach dem Ort Benrath, in dessen Nähe sie den Rhein überschreitet.[1] Mit der Uerdinger Linie besitzt diese Isoglosse eine jüngere nordwestliche Nebenlinie.

Isoglosse oder Isoglossenbündel?

Die Benrather Linie ist eigentlich nicht nur eine einzelne Isoglosse, sondern vielmehr ein ganzes Isoglossen-Bündel, da sie überwiegend auch mit dem Verlauf mit der ik-ich-Linie, der dat-das-Linie, der Dorp-Dorf-Linie und der hebben-haben-Linie übereinstimmt und von diesen Isoglossen nur wenig abweicht. Am stärksten sind die Abweichungen im Westen, im Bereich des Rheinischen Fächers, während in östlicher Richtung nur noch minimale Abweichungen bestehen. Aus diesem Grunde wird sie auch als Trenngrenze zwischen dem Niederdeutschen, Niederfränkischen und dem Hochdeutschen herangezogen.

Verlauf

Die Benrather Linie

Die Benrather Linie beginnt südöstlich der belgischen Stadt Eupen und verläuft dann einen Halbbogen schlagend in Richtung der niederländischen Grenze, die sie bei Broekhuizen überschreitet. Die Isoglosse stößt nördlich bei Kerkrade – das auf der südlichen Seite und damit im Geltungsbereich des Wortes „machen“ liegen bleibt – auf die deutsche Staatsgrenze. Danach folgt sie der Linie Aachen – Hünshoven – Linnich – Odenkirchen – Neuss – Düsseldorf-Benrath – Merscheid – Burg an der Wupper – Wipperfürth – Gummersbach.

Von dort aus folgt die Benrather Linie der Route Gummersbach – Freudenberg – Hilchenbach – Schmallenberg – Sachsenberg – Sachsenhausen – Zierenberg – Immenhausen – Hedemünden – Worbis. Von dort aus verläuft die Isoglosse in nördlicher Richtung, bis sie bei Bad Sachsa wieder in östlicher Richtung verläuft. Sie folgt nun der Linie Bad Sachsa – Benneckenstein – Ballenstedt – Aschersleben – Calbe – Barby, wo die Benrather Linie auf die Elbe trifft. Diesem Fluss folgt die Isoglosse bis zur Stadt Aken und schlägt ihren Weg nun in Richtung Roßlau ein, wo sie den Verlauf der Elbe wieder verlässt und nun der Linie Roßlau – Zahna – Seyda – Dahme – Märkisch Buchholz – Königs Wusterhausen folgt. Von dort aus schlägt die Isoglosse einen weitläufigen Bogen um die Stadt Berlin mit den Stadtteilen Köpenick – Charlottenburg – Spandau als westliche Grenzorte. Östlich von Berlin folgt die Benrather Linie der Route Berlin – Fürstenwalde – Frankfurt. Bis zum 16. Jahrhundert verlief die Benrather Linie in folgendem Bereich weiter südlich, sodass das Land Anhalt mit Dessau, Bernburg, Köthen sowie Wittenberg und Berlin, aber auch Halle, Merseburg, Mansfeld niederdeutsch sprachen.

Bis 1945 bzw. bis zur Vertreibung der ortsansässigen deutschsprachigen Bevölkerung verlief die Benrather Linie östlich der Oder, auf dem Gebiet des heutigen Polen, über Küstrin, wo sie in dessen Nähe auf die Warthe stieß. Dieser folgte sie in Richtung Landsberg und südlich von Obersitzko schlug die Isoglosse ihren Weg in südliche Richtung ein. Östlich der Stadt Posen endete die Benrather Linie.

In Ostpreußen stellte ihre Fortsetzung die Dialektgrenze zwischen Niederpreußisch und Hochpreußisch dar. Die Benrather Linie setzte südlich von Deutsch Eylau wieder ein und verlief Richtung Nordwesten bis kurz vor Marienwerder. Von dort bog sie nach Nordosten über Christburg nach Elbing um und verlief dann Richtung Osten über Mühlhausen bis Mehlsack. Von dort folgte die Isoglosse ungefähr der historischen Nordgrenze des Fürstbistums Ermland, um südöstlich von Rößel auszulaufen.[2]

Der hier beschriebene Verlauf ist seit spätestens 1945 überwiegend als historisch zu betrachten. Das deutsche Sprachgebiet der einstigen deutschen Ostgebiete und die zahlreichen Sprachinseln in Polen existieren bis auf geringe Reste der deutschen Minderheit in Polen nicht mehr.

Die Benrather Linie ist vielerorts im Begriff, sich nach Norden hin zu verschieben. Die einstigen Sprecher im nördlichen und mittleren Sachsen-Anhalt und Brandenburg sprechen inzwischen eine hochdeutsche Umgangssprache, die vom Sprachgebrauch der Städte Magdeburg, Halle an der Saale und Berlin stark beeinflusst ist. Daher sind diese Regionen heute oft ostmittel- und nicht mehr ostniederdeutsch geprägt. Hier verändert sich der Verlauf der Isoglosse, weil die Sprecher der einstigen niederdeutschen Dialekte langsam aussterben.

Siehe auch

  • Einheitsplurallinie (davon gibt es mehrere im deutschen Sprachraum, u. a. die Eiderlinie)
  • Eiderlinie (Eine weitere germanische Sprachgrenze in Schleswig-Holstein. Sie trennt das Schleswigsche vom Holsteinischen.)
  • Speyerer Linie (Isoglosse) (Südgrenze des mitteldeutschen Sprachgebiets)
  • Bad Hönninger Linie

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Georg Wenker: Das rheinische Platt, den Lehrern des Rheinlandes gewidmet. Düsseldorf 1877.
  2. Vereinfachte Darstellung der oap-/aff-(Affe)-Isoglosse aus dem Digitalen Wenker-Atlas.

Die News der letzten Tage